Historical Saison Band 15
Berührung verzehrte.
Wusste Bennett womöglich, dass Astley log, und ergriff er nur die Gelegenheit, um sich von einer Frau zu befreien, die eine so große Enttäuschung für ihn war? Sosehr dieser Gedanke sie schmerzte und zornig machte, war Caroline doch noch wütender auf sich, weil sie ihm den Vorwand geliefert hatte, sie loszuwerden.
Ihr Mann war in einer Hinsicht im Recht. Wenn er eine Scheidung wollte, konnte er sie sehr wahrscheinlich auch bekommen. Ihr einziger öffentlicher Fehltritt würde als Beweis dafür gelten, dass sie privat noch viel zügelloser sein musste. Und Astleys verlogene Prahlerei nähme man für bare Münze, selbst wenn er es später widerrufen sollte.
Danach würde es das Leben, wie sie es kannte, nicht mehr geben.
Für die feine Gesellschaft wäre sie so gut wie tot. Man würde sie in die entfernteste Ecke des Königreiches verdammen, und sie wäre gezwungen, mit den Almosen zu leben, die Bennett ihr zu geben bereit war. Keine anständige Dame würde sich mit einer skandalösen Außenseiterin wie ihr einlassen dürfen. Der bei Weitem schlimmste Verlust allerdings wäre, dass man ihr nicht erlauben würde, ihren kleinen Sohn wiederzusehen.
Die Aussicht darauf, Wyn zu verlieren, brach Caroline das Herz. Bennett hatte sie beschuldigt, sich nichts aus ihrem Sohn zu machen, aber er lag damit völlig falsch.
Kaum hatte die Kutsche vor Sterling House haltgemacht, eilte Caroline hinein und warf Bennetts Jacke von sich. Sein frischer, anregender Duft haftete noch daran und erweckte erneut das quälende Verlangen in ihr, gegen das sie seit Jahren ankämpfte.
In ihren Räumen angekommen, bat sie ihre Zofe, einen Koffer für die Reise zu packen, die sie am folgenden Morgen antreten würden.
„Zu den Scilly-Inseln, Mylady? Warum in aller Welt fahren wir denn dorthin?“
„Es war die Idee des Earls, Parker.“ Caroline hoffte, mit der vagen Erklärung weitere Fragen zu verhindern. „Wir müssen bei Tagesanbruch abreisen, und ich bin nicht sicher, wie lange wir fort sein werden. Also mach dich an die Arbeit.“
„Sehr wohl, Mylady“, fügte Parker sich missmutig.
Caroline eilte ins Kinderzimmer. Obwohl sie sehr früh zu Hause war, schlief ihr Sohn bereits. Leise trat sie an sein Bett, setzte sich behutsam neben ihn und lauschte seinem ruhigen Atem.
„Dein Papa glaubt, du bedeutest mir nichts“, flüsterte sie, um ihr Kind nicht zu wecken, wenn sie insgeheim auch hoffte, er könnte sie hören und vielleicht auch verstehen. „Aber ich liebe dich wirklich sehr und liebte dich schon lange, bevor du geboren warst.“
Zuerst hatte sie ein Baby gewollt, um ihrem Gatten zu gefallen und zu beweisen, dass sie ihre Pflicht als Frau zu erfüllen wusste. Als sie dann allerdings ihr erstes Kind erwartete und das winzige Leben in sich zu spüren begann, während es in ihr wuchs und sich regte, liebte sie es um seiner selbst willen und freute sich darauf, ihm all die Liebe zu schenken, die sie während ihrer eigenen Kindheit so vermisst hatte.
Doch nichts wurde so, wie sie es erhofft hatte. „Es war eine so schwierige Geburt für mich. Und danach warst du ein so winziges Ding, das nicht richtig trinken wollte.“
Caroline seufzte in Erinnerung an das schreiende Kind, die vorwurfsvollen Blicke der Ärzte, die miteinander geflüstert und die Köpfe geschüttelt hatten. Sie war sich wie eine fürchterliche Mutter vorgekommen – verschmäht von ihrem eigenen Nachwuchs …
Obwohl Bennett nichts gesagt hatte, spürte sie, wie enttäuscht er gewesen war über ihre Unfähigkeit, eine so einfache, natürliche Aufgabe zu bewältigen. Er stellte darauf Mrs McGregor und eine Amme für ihr Kind ein, das sofort danach zu gedeihen begann.
Die Fröhlichkeit und Bewunderung der feinen Gesellschaft hatten geholfen, Caroline den Schmerz ihres Versagens vergessen zu lassen. Und die vielen Abendgesellschaften dauerten oft bis spät in die Nacht, sodass sie am nächsten Tag meistens bis mittags schlief.
„Ich habe das Kinderzimmer so oft ich konnte besucht.“ Bei der Erinnerung daran schnürte es ihr die Kehle zu. „Aber ich hatte Angst, dich auf den Arm zu nehmen und dich womöglich fallen zu lassen oder zum Weinen zu bringen.“
Die Kinderfrau, eine brüske Schottin, die Caroline eine Heidenangst einjagte, hatte deutlich gemacht, dass sie es vorzog, die Herrin käme nicht zu oft ins Kinderzimmer, da sie die tägliche Routine des jungen Masters störte. Zu ihrer Schande musste Caroline zugeben, dass sie
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