Historical Saison Band 15
Abreise zupfte Wyn Maitland an der Pelisse seiner Mutter Caroline. „Wie lange noch, bis wir diese Scilly-Inseln erreichen, Mama?“
Wyn hatte dieselbe Frage mindestens einmal pro Meile gestellt während der dreihundert Meilen, bis sie Penzance erreichten, und noch öfter, seit sie an Bord des Schiffes gekommen waren, das sie zu den Inseln bringen würde. Je öfter er sie wiederholte, desto mehr fiel er Caroline damit auf die Nerven. Eine scharfe Antwort lag ihr oft auf der Zunge, und jedes Mal war sie kurz davor, sie auszusprechen. Aber vielleicht war es auch nur die Galle, die ihr in die Kehle stieg, jedes Mal wenn das Schiff in der stürmischen See zu schlingern begann.
Nur ein Gedanke hielt sie davor zurück, ihrem Kind zu sagen, es solle endlich den Mund halten. Wyn hatte sie nicht gebeten, sie auf dieser langen, ermüdenden, unbequemen Reise zu begleiten. Sie war es gewesen, die ihn aus seinem sicheren, behaglichen Kinderzimmer gerissen, durch die Wildheit Cornwalls gezerrt und aufs dieses Schiff verfrachtet hatte. Wenn einer von ihnen beiden Grund dazu hatte, böse auf den anderen zu sein, dann gewiss ihr Sohn und nicht sie.
„Sehr bald, mein Liebling.“
„Ich hoffe, Sie haben recht, Ma’am“, brummte ihre Zofe, die auf der Bank ihr gegenüber in der engen, schwach beleuchteten Kabine saß. „Als wir an Bord kamen, sagten sie, es wären nicht mehr als acht Stunden bei günstigem Wind. Wie lange ist das her?“
„Fast zwölf Stunden.“ Caroline stieß einen entmutigten Seufzer aus. „Man kann nur hoffen, dass die Dienerschaft noch wach ist, wenn wir das Haus erreichen.“
Dieser Gedanke war das Einzige, was sie in den letzten Tagen aufrechterhalten hatte, als ihr die Schwierigkeiten bewusst geworden waren, mit einem kleinen Kind zu reisen und für es sorgen zu müssen – die Vorstellung eines hübschen Landhauses und einer freundlichen Dienerschaft, die sie willkommen heißen würden. Als Erstes würde sie um eine warme Kanne Schokolade für sich und Wyn bitten, die sie vor einem knisternden Kaminfeuer genüsslich trinken könnten. Sobald ihr kleiner Junge dann im Bett lag, könnte sie sich mit einem wundervollen, heißen Bad die Kälte und Schmerzen aus ihren Knochen vertreiben.
„Es ist mir völlig egal, ob sie noch wach sind oder nicht“, meinte Albert, der junge Diener, der den vierten Reisegenossen abgab. „Einer von denen wird gefälligst einen Senfumschlag für meinen Knöchel zubereiten.“
Er hatte vor einigen Stunden einen Sturz erlitten, als das Schiff von kräftigen Wellen erfasst worden war.
„Ich bin sicher, dass sie es gern tun werden“, versuchte Caroline ihn aufzumuntern. Selbstverständlich waren er und Parker missmutig darüber, sie auf diese plötzliche Reise begleiten zu müssen. Sobald sie erfuhren, dass sie vielleicht sogar für eine ziemlich lange Zeit auf Tresco bleiben sollten, fürchtete Caroline, dass sie kündigen würden. „Wie geht es deinem Knöchel?“
„Wird von Stunde zu Stunde schlimmer, Mylady“, erwiderte Albert vorwurfsvoll, als würde er ihr die Schuld an seinem Unglück geben. „Ganz geschwollen und tut verteufelt weh.“
„Wie lange dauert es noch, bis wir ankommen?“, fragte Wyn schon wieder. „Ich vermisse Greggy. Warum konnte sie nicht mit uns auf diesen Urlaub kommen?“
Caroline hatte sich dieselbe Frage gestellt. Wie viel einfacher wäre diese Reise für beide geworden, wenn Wyns fähige Kinderfrau sich um ihn gekümmert und seine endlosen Fragen beantwortet hätte. Aber Mrs McGregors Anwesenheit wäre ein zweischneidiges Schwert für Caroline gewesen. Wie hätte sie ihren Schwur, eine bessere Mutter für ihren Sohn zu werden, halten können, wenn seine Kinderfrau sich ständig zwischen sie stellen und unterschwellig alles kritisieren würde, was Caroline zu tun versuchte?
„Mrs McGregor ist schon seit Langem reif für einen Urlaub.“ Das ist auch die Wahrheit, versuchte Caroline, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Die Frau verdiente eine Erholung, ob sie sich nun freiwillig dafür entschieden hätte oder nicht.
„Was ist mit Papa?“, fragte Wyn. „Warum ist er nicht mit uns gekommen?“
Seine Frage traf Caroline wie ein Schlag. Sie hätte gern gewusst, ob Wyn jemals nach ihr fragen würde, nachdem man sie aus seinem Leben gerissen hatte. Und wenn ja, was würde Bennett ihm antworten? Würde es ihn überhaupt kümmern?
„Ich bin sicher, dein Vater wäre gern bei uns“, antwortete sie mit all der Aufrichtigkeit,
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