Historical Saison Band 16 (German Edition)
unglaublich intensiv waren, sogar ein bisschen waghalsig und gefährlich. Und ihr war klar, dass sie dagegen ankämpfen musste.
3. KAPITEL
A ls ihre Kutsche endlich vor dem Portal von Carlton House eintraf, stieg Belle erleichtert ein. Sie war müde und konnte es nicht erwarten, zu Bett zu gehen. Sie war allein unter der Obhut der Reitknechte unterwegs, denn die Kopfschmerzen ihrer Großmutter waren noch schlimmer geworden. Sie hatte sich so schlecht gefühlt, dass Lady Canning, eine gute Freundin, sie eingeladen hatte, die Nacht in ihrem Stadthaus zu verbringen.
Hinten auf der Kutsche saßen zwei bewaffnete Diener, vorne auf dem Bock trieb der Kutscher die Pferde an. Die verwitwete Countess of Harworth ging kein Risiko ein, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs war.
Man musste sich nicht nur vor Straßenräubern in Acht nehmen, sondern auch vor unzufriedenen Soldaten. Im Krieg hatten sie für ihr Land gekämpft, doch nachdem sie von ihren Regimentern entlassen worden waren, fristeten sie ein elendes Dasein in den Slums, da sie keinen Sold mehr bekamen. Viele von ihnen ließen ihre Wut an den Adligen aus, wenn sie bei Dunkelheit auf den einsamen Straßen zu ihren eleganten Häusern fuhren. Sie raubten sie aus und kehrten dann in die finsteren Stadtteile zurück.
Plötzlich peitschte ein Gewehrknall durch die Nacht. „Da vorne sind Räuber“, schrie der Kutscher warnend.
Belle lehnte sich aus dem Fenster, konnte jedoch keinen Angreifer erspähen und befahl dem Kutscher in dringlichem Ton, die Pferde anzutreiben. Doch es war zu spät. Wie aus dem Nichts tauchte ein bedrohlich aussehender Reiter in Schwarz auf.
„Anhalten!“
Der Kutscher riss am Bremshebel und zerrte an den Zügeln, um das Gespann zum Stehen zu bringen.
Belle hörte eine dumpf klingende Stimme, die die Diener und den Kutscher aufforderte, vom Wagen zu steigen. Sie war aufs Höchste alarmiert. Nach einer Zeitspanne, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, aber höchstens eine Minute angedauert haben konnte, wurde die Tür aufgerissen, und die Mündung einer Pistole richtete sich auf sie. Ein Mann in einem langen Umhang, den Hut tief ins Gesicht gezogen, hielt eine Pistole in der Hand.
„Was wollen Sie?“, herrschte sie ihn an. „Falls Sie mich ausrauben wollen – ich habe kein Geld bei mir.“
„Steigen Sie bitte aus“, sagte der Mann durch einen Schal, der die untere Hälfte seines Gesichts verbarg, mit leiser, rauer Stimme. „Ich werde mich selbst überzeugen. Sobald Sie mir Ihre Wertgegenstände gegeben haben, bin ich wieder weg. Seien Sie so nett, und machen Sie mir keinen Ärger.“
Belle hatte große Mühe, einen kühlen Kopf zu bewahren und gegen die Angst anzukämpfen, die drohte, sie zu überwältigen. Dennoch gelang es ihr, mutig und voll Empörung hervorzustoßen: „Ich werde ganz sicher nicht tun, was Sie sagen. Sie bekommen nichts von mir, Sie Halunke.“
Die Pistole wurde wieder gehoben, und das schwarze Auge der Mündung richtete sich auf sie. Belle erstarrte.
Der Mann knurrte: „Dann werde ich es mir einfach nehmen. Kommen Sie aus der Kutsche heraus, wenn Sie so nett sein wollen, Mylady“, fügte er in spöttischem Ton hinzu.
Angesichts der Pistole war ihr klar, dass sie tun musste, was der Räuber von ihr verlangte. Er war seltsam ruhig und strahlte tödliche Entschlossenheit aus. Also stieg sie aus dem Wagen und schnappte erschrocken nach Luft, als sie sah, dass der Kutscher und die Diener zu einem hilflosen Bündel zusammengeschnürt waren. Ohne an ihre eigene Sicherheit zu denken, richtete sie ihren Zorn auf ihren Angreifer.
„Wie können Sie es wagen? Beten Sie zu Gott, dass Sie sie nicht verletzt haben. Was soll das hier?“, herrschte sie ihn an.
Der Räuber würdigte sie keiner Antwort. „Seien Sie still!“, forderte der hochgewachsene Mann sie stattdessen mit rauer Stimme auf.
Entschlossen, sich nicht den suchenden Händen dieses Straßenräubers zu überlassen, machte sie einen Schritt rückwärts und schaute sich um. Vielleicht konnte sie im Schatten der Bäume verschwinden.
Er schien ihre Gedanken zu erraten. „Denken Sie nicht einmal daran“, drohte er. „Es ist dumm, zu glauben, Sie könnten fliehen. Versuchen Sie es erst gar nicht.“ Mit diesen Worten trat er näher an sie heran. „Was verbergen Sie unter Ihrem Cape, mein hübsches Kind? Eine wohlhabende Dame wie Sie muss irgendetwas haben. Zeigen Sie es mir. Nun kommen Sie schon“, forderte er sie auf, als sie zurückzuckte.
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