Historical Saison Band 16 (German Edition)
glauben, was sie eben gedacht hatte; unfähig, es zu begreifen. Sie erinnerte sich an den Augenblick, als er hinter ihr gestanden und ihren Nacken liebkost hatte. In diesem Moment hatte sie gedacht … Was? Dass es ihm Freude bereitete, sie zu berühren? Dass er sie begehrte?
Oh, was für eine Närrin sie doch gewesen war! Der hochmütige Lord hatte lediglich die Schließe der Halskette untersucht, hatte sich damit vertraut gemacht, damit es später für ihn leichter sein würde, sie ihr fortzunehmen. Er hatte sie nur benutzt.
Dieser gemeine Mensch! Verblüffend war, dass er mit äußerster Dreistigkeit und zwischendurch auch mit der Höflichkeit eines Gentlemans vorgegangen war, als er sie aufgefordert hatte, ihm ihren Schmuck zu geben. Sie zweifelte nicht mehr, dass er der Dieb war. Der Mann, den sie im Carlton House kennengelernt hatte, war zu einem Teufel geworden. Er hatte sie halb zu Tode geängstigt. Doch damit würde er nicht davonkommen. Oh nein! Dafür würde sie sorgen.
Sie musste entscheiden, was sie jetzt tun wollte, wie sie dafür sorgen konnte, dass er für sein Verhalten bezahlen musste und wie sie die gestohlene Halskette wiederbeschaffte, bevor ihre Großmutter zurückkehrte. Und sie würde das Collier zurückholen, und sollte es sie das Leben kosten.
Doch unter all der Wut und Entschlossenheit fühlte sie sich verletzt, wenn sie an die sanften Worte dachte, mit denen Lord Bingham sich in Carlton House von ihr verabschiedet hatte. Worte, von denen sie jetzt wusste, dass sie vollkommen bedeutungslos waren. Wie hatte er all diese Dinge zu ihr sagen und dann tun können, was er getan hatte – eine Pistole auf sie richten und sie in Angst und Schrecken versetzen?
Dieser Mann war kalt und herzlos und ohne einen Funken Anstand. Sie wollte ihn verletzen, und zwar heftig, und sie würde einen Weg finden, das zu tun. Ihn jedoch auf keinen Fall spüren lassen, wie sehr er ihr wehgetan hatte.
Aber warum hatte er das Collier gestohlen? Und warum herrschte Feindschaft zwischen den Ainsleys und den Binghams?
Wie sich herausstellte, erhielt sie eine weitere, höchst willkommene Gnadenfrist. Am nächsten Morgen traf eine Nachricht von Lady Canning ein, die Belle darüber informierte, dass der Zustand der Countess sich verschlechtert hatte. Der Arzt riet davon ab, die Fahrt nach Hampstead anzutreten, bevor sie sich besser fühlte.
Später an diesem Tag ritt Belle in Begleitung eines Reitknechts zu Lady Cannings Haus, um ihrer Großmutter einen Besuch abzustatten. Sie sah tatsächlich sehr krank aus – zu krank, um über den Diebstahl ihrer Halskette informiert zu werden. Bevor sie nach Hampstead zurückkehrte, schloss Belle sich einer großen Gruppe modisch gekleideter Damen und Herren an, die im Hyde Park gemeinsam ausritten.
Plötzlich durchlief sie ein leichter Schauer und all ihre Sinne erwachten. Vor ihr hatte ein Mann seinen dunkelbraunen Hengst zum Stehen gebracht, um mit einem Bekannten zu reden. Sie musste sein Gesicht nicht sehen, um zu wissen, wer er war.
Als er sich auf dem Pferderücken halb umdrehte, wandte Belle den Blick ab, um nicht dabei ertappt zu werden, dass sie ihn anschaute. Dennoch sah sie aus dem Augenwinkel noch, wie für einen winzigen Moment unzählige Empfindungen über sein Gesicht huschten: Erstaunen, Unglaube, Bewunderung.
Nun trieb Lance sein Pferd an und ritt mit dem Gentleman an seiner Seite auf sie zu. Offenbar wollte er sie vorstellen. Belle wappnete sich für die Begegnung.
Lance verbeugte sich in äußerst kühler Haltung vor ihr, während sein Blick ruhig auf ihrem Gesicht ruhte. „Miss Ainsley. Ich hatte gehofft, das Vergnügen zu haben, Sie wiederzusehen, aber ich dachte nicht, dass ich Ihnen hier begegnen würde. Erlauben Sie mir, Ihnen ein Kompliment zu machen. Sie sehen wunderbar aus.“
Da Belle das Gefühl hatte, dass jeder im Park Lance und sie beobachtete, straffte sie sich und hob den Kopf. Sie starrte ihn an.
„Was … ich … vielen Dank“, stieß sie hervor, nachdem sie beschlossen hatte, Takt und Geduld in Person zu sein. Sie hatte sich auch entschieden, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und ihm keinen Hinweis darauf zu liefern, dass sie in ihm den Straßenräuber der vergangenen Nacht erkannt hatte. „Was mich betrifft, bin ich ebenfalls höchst überrascht, Sie hier zu sehen. Ich hatte nicht erwartet, Ihnen schon so bald wieder zu begegnen.“
Belle studierte seine Gesichtszüge und suchte nach irgendwelchen Anzeichen für das,
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