Historical Saison Band 16 (German Edition)
sie wusste, dass sie sie ernst nehmen musste, wenn sie bei Verstand bleiben wollte. Als er sie früher am Abend so unverschämt gemustert hatte, war sie wütend auf ihn gewesen, doch nun musste sie sich eingestehen, dass er der aufregendste Mann war, den sie jemals getroffen hatte – und zweifellos auch der Mann, über den sie sich am meisten aufregte.
Schließlich war der Tanz vorbei, doch es fiel Lance schwer, sie freizugeben. Belle Ainsley faszinierte ihn. Sie war die einzige Frau, die es jemals gewagt hatte, ihm zu widersprechen. Und dass sie mit den Diamanten herumstolzierte, die von Rechts wegen den Binghams gehörten, bedeutete eine große Herausforderung für ihn.
„Würden Sie sich Ihrer Großmutter widersetzen und noch einmal mit mir tanzen?“
„Warum? Bitten Sie mich um noch einen Tanz?“
„Möchten Sie, dass ich das tue?“
„Ja. Aber nur um mir die Befriedigung zu verschaffen, Nein sagen zu können.“
„Damit würden Sie sich lediglich ins eigene Fleisch schneiden.“
„Bilden Sie sich nicht zu viel ein. Ein Tanz mit Ihnen ist wirklich genug. Entschuldigen Sie mich bitte.“
Sie wandte sich von ihm ab und wollte gehen, doch er griff nach ihrem Arm. „Warten Sie.“
Sie wirbelte herum. „Was ist?“
„Die Höflichkeit gebietet, dass ich Sie zu Ihrer Großmutter begleite. Vergessen Sie so leicht, was man Ihnen beigebracht hat?“
„Sind Sie sicher, dass Sie das wollen? Sind Sie mutig genug?“
„Nachdem ich mich auf dem Schlachtfeld Napoleon entgegengestellt habe, ist eine Begegnung mit Ihrer Großmutter das reinste Kinderspiel.“
Fragend zog Belle die Augenbrauen hoch. „Glauben Sie das wirklich? Wollen Sie ihr das sagen, oder soll ich es tun?“
„Das würde ich lieber sein lassen. Ihre Großmutter könnte Anstoß daran nehmen, mit dem blutrünstigen Eroberer verglichen zu werden.“
„Das glaube ich nicht.“ Hochmütig warf sie den Kopf in den Nacken. „Sie sollten mich wirklich zu meiner Großmutter begleiten – es wird interessant sein, den Ausgang dieser Begegnung zu beobachten.“
Lance führte sie von der Tanzfläche. Er spürte, dass Gefahr von ihr ausging, weil sie meinte, tun zu dürfen, was immer sie wollte. Wenn sie etwas wollte, würde sie es sich beschaffen – sie war ein Mädchen nach seinem Herzen. Doch sie war noch jung und leicht zu beeindrucken.
Er mochte erfahrene Frauen, die wussten, wie sie ihm Lust verschaffen konnten. Zweifellos würde Belle Ainsley eine perfekte Gespielin im Bett abgeben. Allerdings musste man ihr klarmachen, dass Lance Bingham das Sagen hatte. Obwohl es ihm egal war, was die Leute von ihm dachten – und ganz speziell die Countess of Harworth –, wusste er sehr genau, dass er zunächst einmal das einzig Richtige tun und seine schöne Begleiterin mit unversehrtem Ruf wieder bei ihrer Großmutter abliefern musste.
Höflich verbeugte sich Lance vor der Countess. „Ihre Enkelin tanzt göttlich, Lady Harworth. Ich hoffe, Sie vergeben mir, dass ich Sie entführt habe. Es war ein wenig übereilt von mir, sie so rasch auf die Tanzfläche zu bringen.“
Die Countess verlieh ihrem Gesicht jenen Ausdruck grimmiger Duldsamkeit, für den sie innerhalb der Gesellschaft bekannt – und gefürchtet – war. Ein Schauer durchlief sie, und sie hatte das Gefühl, als wäre die Zeit zurückgedreht worden. Lance Bingham mit seiner schlanken, aristokratischen Erscheinung und dem atemberaubend guten Aussehen glich seinem Großvater unglaublich. Diese Ähnlichkeit schockierte sie. Er hatte dasselbe spöttische Lächeln, das sie immer so irritiert hatte. Es hatte so viel versprochen und so wenig bedeutet.
„Allerdings war es übereilt, Belle zum Tanz aufzufordern. Sie sind also aus Frankreich zurück, Colonel Bingham.“
„Wie Sie sehen, Madam. Ich fühle mich ganz besonders geehrt, dass ich Gelegenheit habe, die Bekanntschaft mit Ihnen zu erneuern.“
Die Countess hielt es für klug, diese Bemerkung zu ignorieren. „Werden Sie endgültig in England bleiben?“
„So ist es.“
„Waren Sie schon in Ryhill?“
„Ja. Doch dringende Geschäfte haben mich zurück nach London geführt.“
„Während Ihrer Feldzüge haben Wellington und Prince George häufig ihr Loblied gesungen. Den Berichten nach zu urteilen, war Ihr Regiment ein leuchtendes Beispiel für äußerste Disziplin und hat sich so tapfer im Kampf geschlagen wie kaum ein anderes in der britischen Armee – ganz besonders in der Schlacht bei Waterloo. Man muss Ihnen
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