Historical Saison Band 16 (German Edition)
vertrauen konnte, hatte die Countess ihre Drohung, ihn anzuzeigen, nicht ernst gemeint. Im Geist hatte er während der Unterhaltung all die Gründe aufgelistet, die für ihn einer Ehe entgegenstanden. Gründe, aus denen er sich nicht auf dem Altar der Ehe mit Belle Ainsley opfern sollte.
Doch dann hatte er die stolze junge Schönheit angesehen, und es war ihm nicht gelungen, den Gedanken zu verdrängen, dass er ungewollt, aber äußerst wirksam, ihre Zukunft zerstört hatte, wenn der Skandal tatsächlich Kreise zog. Wäre da nicht sein verdammter Stolz gewesen, hätte er vielleicht seinen Widerstand aufgegeben und eingewilligt, sie zu heiraten.
Die schlichte Wahrheit war, dass er sich von Belle Ainsley stark angezogen fühlte, und die Kraft seiner Emotionen erstaunte ihn. Er hätte nicht beschreiben können, was er für sie fühlte. Er wusste nur, dass es seltsam, wundervoll und ganz anders war als alles, was er bisher empfunden hatte oder jemals empfinden würde. Es war, als hätte er sein ganzes Leben auf sie gewartet. Aber sie zu heiraten, kam überhaupt nicht infrage.
In dem Moment, in dem sie Lord Binghams Haus verließ, verlöschte ein hoffnungsvolles Licht, das immer, wenn ihre Gedanken zu ihm gewandert waren, hell in ihr gebrannt hatte. Nur ihr Stolz sorgte dafür, dass sie sich rings um die Leere, die nun in ihr herrschte, aufrecht hielt. Denn Belle wollte die Trostlosigkeit, die sie spürte, niemandem zeigen.
Belle hatte geglaubt, eine tiefere Demütigung als sie sie bei ihrer letzten Begegnung mit Lance gespürt hatte, würde sie nicht fühlen können. Doch bald fand sie heraus, dass sie sich getäuscht hatte. Lord Bingham blieb weiterhin bei jedem gesellschaftlichen Ereignis eine gefragte Persönlichkeit, wohingegen man sie schnitt, nachdem sich die Neuigkeit, dass sie sich in seinem Schlafzimmer aufgehalten hatte, bekannt geworden war.
Von diesem Zeitpunkt an gab es keine Besucher mehr. Keine Briefe von ihren Verehrern trafen in Hampstead ein. Belle hätte sich vorher nicht ausmalen können, welche Auswirkungen der Skandal haben würde. Während der ersten Tage widerstrebte es ihr, auszugehen. Sie blieb im Haus, wo sie sich sicher fühlte. Doch ihr war klar, dass sie sich bald der Gesellschaft würde stellen müssen.
Ihre Großmutter hatte beschlossen, die Angelegenheit auszusitzen. Ihren Entschluss, nach Wiltshire zu ziehen, hatte sie rückgängig gemacht. Niemand sollte sie als jemanden ansehen, der angesichts einer schwierigen Situation die Flucht ergriff. Belle war überrascht, dass sie Mitleid mit ihr hatte, doch auch deren Einfluss hätte die Leute nicht dazu bringen können, ihre Haltung zu ändern. In den Augen des ton hatte sie alle Regeln des moralischen Anstands gebrochen.
Belle zwang sich, nicht an den gut aussehenden blauäugigen Mann zu denken, dessen Bild sie in jedem Augenblick ihrer Tage und Nächte verfolgte. Und obwohl er sie so verabscheuenswürdig behandelt hatte, gelang es ihr nicht, die wunderbare Süße der Augenblicke zu vergessen, die sie in seinen Armen verbracht hatte.
Lady Harworth war weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben – und sie hatte auch keinesfalls ihr Ansinnen an Lord Bingham verworfen, Isabelle wieder zu einer ehrbaren Frau zu machen. Deshalb forderte sie Belle auf, an einer Gesellschaft teilzunehmen, zu der sie eingeladen worden war, bevor der Klatsch über den Skandal die Runde gemacht hatte – einem Ball im Haus von Lord und Lady Schofield in Mayfair.
Bei dem Gedanken, was dort geschehen könnte, erschauerte Belle. „Ich kann dort nicht hingehen. Ich kann den Leuten nicht gegenübertreten.“
„Doch, du kannst. Du wirst nicht allein sein. Ich werde dich begleiten, und du hast genügend Kraft und Geist, um auszuhalten, was sie dir antun werden. Wenn man sieht, dass du ausgehst, wird das helfen, das Gerede einzudämmen, bis die nächste unglückliche junge Dame in Ungnade fällt und die Leute das Interesse an dir verlieren.“
Also gab Belle nach.
Nach weniger als einer halben Stunde in dem überfüllten Ballsaal war ihr schmerzlich bewusst, in welchem Ausmaß sie geschnitten wurde. Zum ersten Mal, seit sie in die Gesellschaft eingeführt worden war, wurde sie nicht von Verehrern umringt. Jene Freunde und Bekannten, die sich nicht von der einflussreichen Countess of Harworth distanzieren wollten, waren freundlich und höflich, warfen Belle jedoch vernichtende Blicke zu. Mechanisch erwiderte sie die wenigen kühlen Begrüßungen.
Sie
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