Historical Saison Band 16 (German Edition)
Zurechtweisung ließ Belle den Blick senken und murmeln: „Es tut mir leid, Großmutter. Das hatte ich vergessen.“
„Es ist bedeutungslos, was sie anhatte“, bemerkte Lance.
„Bedeutungslos! Einem geübten Verführer wie Ihnen mag es bedeutungslos erscheinen, ob eine respektable junge Dame Hosen trägt, Sir. Aber Isabelle ist neunzehn Jahre alt, sie hatte beste Aussichten auf eine hervorragende Heirat, und Sie haben ihren Ruf zerstört.“
„Wissen Sie, Madam, ich finde es erstaunlich“, stellte Lance mit gedehnter Stimme fest, „dass fast jeder, der mich kennt, ein wenig Angst vor mir hat, außer einer Handvoll meiner Freunde, Ihnen, Madam, und Ihrer Enkeltochter. Ich kann nur annehmen, dass der Mut – oder die Sorglosigkeit, nennen Sie es, wie Sie wollen – vererbt wurde. Also“, schloss er mit einem spöttischen Lächeln, „werde ich Ihnen erlauben, mich in meinem eigenen Heim zu beschimpfen. Was genau wollen Sie von mir?“
Die Countess schaute ihn an, und ihr stechender Blick war voll der Ablehnung. „Was ich vorzuschlagen habe, wird Ihnen wahrscheinlich nicht gefallen – es gefällt mir selber nicht einmal. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit, den Klatsch zum Verstummen zu bringen, der Isabelle mit Sicherheit ihren guten Ruf kosten wird.“
„Sagen Sie, was Sie im Sinn haben, Madam. Ich höre aufmerksam zu.“
„Es gibt viele Arten der gesellschaftlichen Anklage – zum Beispiel geflüsterte Vermutungen und versteckte Andeutungen –, die einen guten Ruf zerstören und großen Schaden anrichten können, der ein Leben lang nicht wiedergutgemacht werden kann. Mir fällt nur eine Möglichkeit ein, wie man Isabelle schützen kann. Ich schlage vor, dass Sie meine Enkelin heiraten.“
Der Vorschlag brachte Lance so sehr aus der Fassung, dass er vor Wut aschfahl wurde. „Wie bitte? Ich soll Ihre Enkelin heiraten? Sind Sie verrückt geworden?“
„Ich kann Ihnen versichern, das ist absolut nicht der Fall“, erklärte die Countess mit fester Stimme.
Es gelang Lance kaum, sich zu beruhigen. Er konnte die Forderung, Belle Ainsley zu heiraten, kaum ertragen. Als er weitersprach, war sein Gesicht eine Maske der unterdrückten Wut. „Verzeihen Sie mir, Madam, Ihr Vorschlag war nicht das, was ich erwartet hatte“, bemerkte er trocken. „Ich brauche einen Moment Zeit, um die möglichen Auswirkungen zu bedenken, die es haben könnte, diesen Vorschlag zu befolgen.“
Die Worte ihrer Großmutter trieben Belle fast in den Wahnsinn, und gleichzeitig schämte sie sich abgrundtief. Sie sprang von ihrem Stuhl auf. „Nein“, schrie sie. Sie wandte sich von ihrer Großmutter ab und Lord Bingham zu. „Bitte glauben Sie mir, ich wusste nichts davon. Die Idee mit der Heirat ist aberwitzig. Ich will Sie nicht heiraten.“
Lance heftet seinen Blick auf Belle, und sein Gesicht wurde zu einer spöttischen Maske. „Sie haben vollkommen recht“, erklärte er in sarkastischem Ton. Er musste an eine andere Zeit und ein anderes Gesicht denken, Delphines Gesicht. Immer noch zog sein gebrochenes Herz sich vor Schmerz zusammen, wenn er sich an ihren Anblick erinnerte. Er sah auch das Gesicht des Kindes vor sich, das er sich nicht überwinden konnte, wieder anzuschauen, weil es ihn an die Frau erinnerte, die es ihm mit seiner Geburt genommen hatte. Und er spürte die Schuld, die ihn immer noch quälte und ihn nicht losließ – die Schuld, Delphine in der Stunde ihrer Not im Stich gelassen zu haben. „Es ist ein aberwitziger Gedanke, auch ich will Sie nicht heiraten. Und doch bin ich offenbar seit Jahren dem Irrtum aufgesessen, dass alle Mädchen danach lechzen, sich einen wohlhabenden, adligen Ehemann zu angeln.“
„Ich bin nicht wie die anderen Mädchen“, fauchte Belle ihn an.
„Das habe ich schon in dem Augenblick gespürt, in dem ich Sie kennenlernte“, erwiderte Lance in gleichgültigem Ton.
Belle hörte trotz seiner zustimmenden Bemerkung den beleidigenden Unterton in seiner Stimme und erstickte fast an ihrem Ärger. „Dann ist es entschieden. Wir werden nicht heiraten.“
„Setz dich, Isabelle“, befahl Lady Harworth mit eisiger Ruhe und richtete ihren entschlossenen Blick wieder auf Lord Bingham. Ihre Enkelin, bis in die Tiefen ihres Seins gedemütigt von seinen unfreundlichen Worten, gehorchte.
„Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine Enkeltochter mit mehr Respekt behandeln würden, Sir.“
Lance verzog den Mund zu einem schmallippigen Lächeln. „Nach so vielen Jahren
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