Historical Saison Band 16 (German Edition)
eingeplant. Aber irgendwann im vergangenen Monat war sie aus der Kategorie „möglich“ in die Kategorie „akzeptabel“ hinübergewechselt. Das war Beldons Schuld. Er hatte auf zwei Bällen mit ihr getanzt. Das war nicht unbemerkt geblieben. Nun war der Schaden angerichtet.
Jede Frau, die ihre Tochter verheiraten wollte, wusste, dass Lord Pendennys auf der Suche nach einer Ehefrau in die Stadt gekommen war. Jedes Mädchen, dem er seine Aufmerksamkeit widmete, musste eine passende Wahl sein. Daraus folgte, dass jedes Mädchen, das es wert war, die Aufmerksamkeit von Pendennys auf sich zu ziehen, auch die Aufmerksamkeit anderer wert war.
Die Folge war, dass Lilya nun von ernsthaften Verehrern hofiert wurde, die im August eine Ehefrau mit nach Hause nehmen wollten. Unter ihnen war auch Christoph Agyros, der die Grenzen des Anstandes seit dem Ball bei den Latimores beachtete.
Lilya trank einen kleinen Schluck Champagner, den Val aus gegebenem Anlass hatte servieren lassen, und betrachtete die Gruppe, die sie umringte. Christoph stand neben ihr. Diesen Ehrenplatz behauptete er seit einiger Zeit. Beldon war – wie schon die gesamte vergangene Woche – nicht gekommen. Aber er würde noch eintreffen, das wusste sie. Er würde nicht auf Vals großes Fest verzichten. Der Gedanke an Beldons Anwesenheit jagte ihr Schauder über den Rücken.
Sie wünschte, sie würde Christoph ein bisschen mehr mögen. Es gab keinen Grund, es nicht zu tun. Sie hatten viel gemeinsam. Dazu war er ein attraktiver Mann mit guten Aussichten. Wenn die Dinge anders lägen, wäre er ideal.
Komm, sei ehrlich, meldete sich ihre innere Stimme. Auch wenn die Dinge anders lägen, würdest du dich mehr zu Beldon hingezogen fühlen! Nichts konnte der Anziehung, die er auf sie ausübte, etwas anhaben …
Ein plötzlicher Schauer überlief sie. Irgendein geheimnisvoller sechster Sinn sagte ihr, dass Beldon den Raum betreten hatte. Sie beobachtete ihn. Er war der anziehendste Mann im Raum. In seiner makellosen dunklen Abendgarderobe und dem gesunden, glänzenden Haar zog er die Aufmerksamkeit aller auf sich. Er sprach kurz mit Val und kam dann zu ihr herüber.
„Miss Stefanov, unser Gastgeber hat mich gebeten, Sie zu Tisch zu geleiten.“
Ihre Gefolgschaft stöhnte unzufrieden auf, konnte es aber nicht ändern. Sie nahm Beldons Arm, um mit ihm zum Abendessen zu gehen.
„Könnten Sie sich vorstellen, mich irgendwann Lilya zu nennen?“
„Nicht in der Öffentlichkeit“, antwortete Beldon und schaute nach vorne. „Nebenbei: Grün kleidet Sie vorzüglich.“
„Nicht einfach Grün. Sellerie“, korrigierte ihn Lilya spielerisch.
„Ah! Sellerie! Warum nicht Spinat? Wenn wir Farben nach Gemüse benennen, warum machen wir bei Sellerie halt.“
„Aber das haben wir schon.“
„Haltgemacht?“
„Nein. Wir haben andere Farben nach der Natur benannt. Pfirsich, Erdbeere, Zitrone.“
„Das sind lauter Früchte“, unterbrach Beldon sie mit neckendem Ernst. „Ich dachte, wir sprachen über Gemüse.“
Lilya lachte. „Nun, es gibt Aubergine.“
„Aubergine? Etwas anderes fällt Ihnen nicht ein? Es bleibt dabei: Früchte sind die wahren Herrscher unter den Modefarben.“
„Kräuter auch“, stimmte Lilya zu. Sie fand Spaß an dem kleinen Spiel. „Lavendel, Salbei, Senf, Safran.“
„Vorsicht! Wenn man es genau nimmt, dann ist Safran ein Gewürz.“
„Vorsicht!“, wiederholte sie, weil sie ihn einfach noch einmal necken musste. „Sie lächeln gleich.“
„Ich lächle schon.“
„Das tun Sie nie.“
„Doch. Ich habe schon drei Mal über Ihre Bemerkungen gelächelt.“
„Vielleicht lächeln Sie nur in meiner Gegenwart.“ Es sollte ein Scherz sein, aber er hatte die gegenteilige Wirkung.
Sanft legte er seine Hand auf ihre. „Vielleicht. Was glauben Sie, hat das zu bedeuten, Miss Stefanov?“
Er klang nicht wie ein Gentleman. Sie spielten wieder dasselbe Spiel und trieben die Spannung zwischen ihnen in die Höhe. Aber wozu bloß? Das Spiel war aufregend, aber sinnlos. Außerdem wusste sie nicht, ob er dieses Spiel mit allen Damen spielte – vor allem aber, ob er es mit Lady Eleanor spielte.
„Haben Sie Lady Eleanor die Brosche bereits gegeben?“, fragte sie ruhig.
„Noch nicht“, antwortete Beldon. Natürlich wusste er, welche andere Frage in Lilyas Bemerkung versteckt war. Der Butler erschien, rief zum Essen und beendete damit das Gespräch. Beldons Antwort enthielt jedoch genügend Stoff zum Nachdenken.
Noch
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