Historical Saison Band 16 (German Edition)
nicht.
Er hatte eine Woche lang Zeit gehabt, den richtigen Moment zu finden. Aber er kam nicht.
„Denken Sie über etwas nach?“, fragte Christoph Agyros, der an der langen Tafel neben sie gesetzt worden war. Philippa hatte sicher gedacht, sie tue ihr einen Gefallen.
„Ich dachte darüber nach, ob ich etwas Fisch nehme. Bis Sie plötzlich Ihre Netze ausgeworfen haben.“ Sie lächelte, doch Christoph blickte sie nur verwirrt an.
Beldon hätte es witzig gefunden.
Es war vielleicht keine besonders witzige Bemerkung, aber ein Lächeln war sie wert.
„Ich verstehe“, Christoph zwang sich zu lächeln, doch ihm war aufgefallen, dass Lilya ihn in Gedanken mit irgendwem verglich und dass er dem Vergleich nicht hatte standhalten können.
Er verlor sie und hatte keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Nach dem vielversprechenden Anfang vor einigen Wochen hatte er ihr seine gesamte Aufmerksamkeit gewidmet, ihr Blumen geschickt und überhaupt alles getan, was Frauen schätzten. Doch Lilya Stefanov war eisern zurückhaltend geblieben. Trotz aller Bemühungen war sie nicht bereit gewesen, sich ihm zu öffnen, geschweige denn, den Diamanten nur zu erwähnen. Das sagte einiges. Lilya erzählte ihm nichts von ihrer Vergangenheit, obwohl er ihr immer wieder Gelegenheit dazu gegeben hatte. Er wusste nicht mehr als das, was ohnehin in den Papieren der Filiki Adamao stand. Hatte sie etwa jemand vor ihm gewarnt?
Christoph tippte auf Baron Pendennys. Die Veränderung war ihm aufgefallen. Beldon mochte sich noch so eifrig als Lilyas tugendhafter Beschützer aufspielen, aber seine Motive waren viel tiefgründiger. Der Engländer begehrte sie. Und sie schien diese Gefühle zu erwidern. Wenn Pendennys irgendwo erschien, beachtete Lilya nur ihn.
Ihre Entscheidung, den Lord ihm vorzuziehen, gefährdete seine Pläne. Deshalb hatte er sich entschieden, dass er einen anderen Weg einschlagen würde, wenn er mit dem Diamanten nicht vorankam, und den ersten Schritt würde er heute Abend gehen, indem er das Stadthaus der St. Justs durchsuchen würde. Wenn er den Diamanten fand, würde er ihn an sich nehmen und musste sich nicht mehr um Lilya kümmern. Er würde nichts mehr mit ihr zu tun haben müssen und unter dem Vorwand dringender Aufträge in seine Heimat zurückgerufen werden. Vielleicht würde er schon fort sein, bevor sie das Fehlen des Diamanten überhaupt bemerkte.
Es gab nur wenige Orte, an denen der Diamant verborgen sein konnte: in einem Tresor im Büro von St. Just – falls Valerian etwas von der Existenz des Diamanten wusste – oder in Lilyas Räumen.
Falls Valerian wirklich von dem Diamanten wusste, bestand auch noch die Möglichkeit, dass der Stein in einem Banksafe aufbewahrt wurde. Darum würde er sich dann als Nächstes kümmern.
Das Schlimmste wäre, wenn der Edelstein in Cornwall zurückgelassen worden war. Nein, korrigierte er sich, das Schlimmste wäre, wenn er ihn gar nicht fand.
Christoph Agyros hatte alle Möglichkeiten erwogen, als das Essen zu Ende war. Heute würden sich die Herren nicht zurückziehen, um unter sich zu sein und einen Brandy und einen Portwein zu trinken, denn es gab ein Feuerwerk. Außerdem sollte Valerian St. Justs neue Rosenzüchtung präsentiert werden.
Der Viscount stand auf und klopfte mit einem Löffel gegen ein Glas. „Heute werden wir den Brandy aus den bekannten Gründen überspringen. Wie ich höre, haben sich einige Gäste schon im Garten versammelt, um die Enthüllung meine Neuheit nicht zu verpassen.“ Er hielt eine kleine Rede über die Besonderheiten der Rose. Christoph war sicher, dass St. Just diese Rede im Gewächshaus wiederholen würde. Die Gesellschaft begab sich nach draußen.
Christoph mischte sich unter die Menge und hoffte, dass Lilya seine Abwesenheit nicht bemerkte. Andererseits galt ihre Aufmerksamkeit so sehr Lord Pendennys, dass sie ihn wahrscheinlich nicht vermissen würde.
Als die Gesellschaft auf die Veranda heraustrat, blieb Christoph zurück. Er würde mit dem Arbeitszimmer im zweiten Stock anfangen.
An der Wand des Arbeitszimmers zog ein mittelgroßes Ölbild sofort Christophs Aufmerksamkeit auf sich. Wenn dahinter ein Safe war, gab es auch ein Schloss. Natürlich wusste er, wie man ein Schloss knackte. Nachdem er das Gemälde von der Wand genommen hatte, atmete er tief durch. Da war tatsächlich ein Safe! Er war mit einem einfachen Schließmechanismus versehen. Christoph könnte ihn bezwingen, aber es würde einige Zeit dauern. Vielleicht
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