Historical Saison Band 16 (German Edition)
schlagen. Und sie hätte keinen anderen Mann geheiratet. Er hatte es ihr angesehen. Sie hatte es ernst gemeint, als sie gesagt hatte, dass sie keinen unwissenden Mann in die Sache hineinziehen würde. Wenn sie sich an einen anderen Mann gebunden hätte, wäre sie wieder fortgelaufen. Also hatte er sich angeboten.
Aber sein Angebot war nicht selbstlos gewesen. Sie ließ sein Blut wie keine andere Frau in den Adern pulsieren. Sie stritt mit ihm und war ihm körperlich wie geistig ebenbürtig. Ihr Gefühl für Ehre wurzelte ebenso tief wie seines. Sie verstand, wie wichtig Familie war. Selbst in ihrer Leidenschaft war sie aufrichtig. Allein der Gedanke an die Szene im Garten der Forthbys genügte, um sein Blut in Wallung zu versetzen. Leidenschaftlich hatte sie seine Küsse erwidert und sich ihm hingegeben. Dabei hatte sie gewiss nicht vorgehabt, ihn zu küssen, sondern, die Verlobung aufzulösen.
Es fühlte sich ein wenig wie ein Sieg an, dass sie es dann nicht einmal vorgeschlagen hatte. Aber sie glaubte mehr an den Schutz des Dolches, den sie bei sich trug, als an den Schutz Beldons. Auf eine gewisse Weise war eine Frau, die unter ihren Unterröcken einen Dolch bei sich trug, aufregend. Aber er wollte nicht, dass seine Ehefrau jemals eine Waffe benutzen musste. Eine Frau sollte nur einen Beschützer haben: ihren Ehemann.
Diese Zeit würde kommen. Aber jetzt war vor allem wichtig, dass der Trick mit der Verlobung funktionierte.
Agyros hatte sich seit dem Abend, an dem er ihn im ersten Stock bei Val erwischt hatte, auf keiner Gesellschaft mehr sehen lassen. Dennoch blieb Beldon wachsam. Er würde Lilya bewachen, bis er ihr einen Ring auf den Finger gesteckt hatte. Die Ehe mit ihm würde sie nicht nur dem Zugriff von Agyros und der Gefahr eines Angriffs entziehen, sie würde auch unter dem Schutz seines Namens stehen. Beldon stieß seinen Stuhl vom Tisch zurück und begann, Pläne für den Tag zu machen. Er würde bei Val vorbeifahren und herausfinden, ob Lilya Lust hatte, zur Buchhandlung Hatchard’s zu fahren. Dieser Vorwand war so gut wie jeder andere, Lilya im Auge zu behalten.
Eine Stunde später half er Lilya in die Kutsche, nachdem er Philippa versprochen hatte, sie rechtzeitig zur Anprobe des Hochzeitskleides wieder zu Hause abzuliefern. Der Tag war schön und die Spannung zwischen ihnen war abgeklungen. Wenn sie erst einmal verheiratet waren und sich besser kannten, glaubte Beldon, würde diese Spannung ohnehin auf ein normales Maß zurückgehen.
Auf der Straße vor Hatchard’s herrschte eine Menge Betrieb. Beldon musste einige Zeit suchen, bevor er einen Platz für die Kutsche gefunden hatte. Er sprang hinaus und half Lilya. Sie stolperte auf dem Kopfsteinpflaster, als er sie absetzte. Als er sie wieder aufrichtete, lachte sie ihn an. Diese schöne, lachende Frau war die wahre Lilya.
Jetzt spukte ihr gerade weder der Diamant noch die Sorge um sich und ihre Lieben im Kopf herum. Er würde dafür sorgen, dass diese Frau in ihrer ganzen Pracht erblühen würde. Natürlich sorgte er sich auch um die Frau, die den Diamanten bewahrte. Er bewunderte sie dafür, weil sie tapfer und außerordentlich mutig war. Aber Lilya brauchte endlich Frieden, Liebe, ein richtiges Zuhause … Er würde dafür sorgen, dass sie fortan das Leben genießen konnte.
Sie hatten einen Nachmittag lang interessante neue Bücher begutachtet. Beldon hatte einige Bände für die Bibliothek der Pendennys bestellt. Dann war es Zeit, sich mit Philippa beim Schneider zu treffen.
Er half Lilya gerade in die Kutsche, als es geschah: Ein kleiner, ungewaschener Straßenjunge kam über die belebte Straße auf ihn zugelaufen. „Sind Sie Lord Pendennys? Ich hab da was für Sie.“ Er drückte ihm ein schmuddeliges Blatt Papier in die Hand und wollte gleich wieder weglaufen, aber Beldon war schneller. Er packte den Jungen und hielt ihn am Kragen fest.
„Wer hat dir das gegeben? Antworte!“, befahl er, während er die Straße mit den Augen absuchte. Er wusste, dass Lilya gerade dasselbe tat und möglicherweise gleichzeitig nach ihrem Dolch tastete. Er konnte die Straße nur eingeschränkt überblicken. Die vielen Leute und die Kutsche versperrten ihm den Blick. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich verwundbar. In diesem Gedränge würde er erst jemanden sehen, wenn derjenige schon zu nahe war.
„Das darf ich nicht sagen. Lassen Sie mich los!“ Der Gassenjunge wand sich in Beldons Hand.
„Lassen Sie ihn gehen“, rief Lilya und
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