Historical Saison Band 17
In letzter Zeit wirkte sie ungewöhnlich niedergeschlagen. Wie er von Carmela erfahren hatte, war der Abend im Steine House ziemlich unangenehm verlaufen. Aber er wusste nicht, ob sie sich nur deshalb so sehr grämte. Sicher würde ihr eine Ablenkung guttun.
Am nächsten Morgen bekam Henry Angelo Besuch. Der Gentleman trug ein unkonventionelles Anliegen vor. Aber ein Botschafter war eine bedeutsame Persönlichkeit, die man nicht beleidigen durfte. Die Fechtakademie hatte bereits die Aufmerksamkeit einiger Mitglieder der vornehmen Londoner Gesellschaft erregt, die den Sommer in Brighton verbrachten. Und da Señor da Silva in Diplomatenkreisen verkehrte, würde er vielleicht für weitere Kundschaft sorgen.
Als Domino ihren Vater am Frühstückstisch antraf, konnte er seine Aufregung kaum verbergen.
„Was hast du denn gemacht, Papa?“, fragte sie vorsichtig. „Du siehst wie ein unartiger Schuljunge aus.“
„Heute Vormittag muss ich wichtige Papiere durchsehen. Aber für den Nachmittag habe ich Spiel und Spaß geplant.“
„Und Carmela?“ Die Cousine war noch nicht zum Frühstück erschienen.
„Für Spiel und Spaß wird sie sich wohl kaum begeistern.“
„Kein Picknick?“, fragte Domino voller Sorge. Obwohl sie beschlossen hatte, tapfer zu sein, fürchtete sie immer noch gewisse Begegnungen.
„Nein, kein Picknick. Heute ist der Wind so frisch, dass nicht einmal die Engländer im Freien essen wollen.“
Durch das Fenster sah sie die graue Brandung gegen den Damm schlagen und durch das Eisengeländer der Promenade rauschen. Ein paar hartgesottene Leute wollten trotz des miserablen Wetters nicht auf ihren täglichen Spaziergang verzichten, kämpften entschlossen gegen den Wind und hielten wehende Kleidungsstücke fest.
„Also irgendwo in geschlossenen Räumen?“
„Oh ja. Und jetzt stell keine Fragen mehr, es soll eine Überraschung sein.“
Domino hatte gehofft, den Nachmittag auf dem Sofa zu verbringen und eines der Bücher aus der Bibliothek zu lesen. Aber offenbar hatte ihr Vater besondere Pläne geschmiedet, was ihre Neugier erregte.
Nach dem Lunch rannte sie nach oben und zog sich um. Da sie noch nicht wusste, wohin sie gehen würden, war es schwierig, etwas Geeignetes auszusuchen. Schließlich schlüpfte sie in ein Kleid aus primelgelbem Musselin mit französischen Volants – bescheiden genug für informelle Aktivitäten, aber nicht zu unscheinbar. Sie schlang ein passendes gelbes Band um ihre schwarzen Locken, dann traf sie ihren Papa in der Halle.
„Wir nehmen die Kutsche“, verkündete er, während Marston die Haustür aufhielt. „Für einen Fußmarsch ist das Wetter zu schlecht.“
Bald fuhren sie an Fischern vorbei, die ihre Boote auf den Strand gezogen hatten, um sie zu reparieren, an Frauen, die zerrissene Netze flickten, an Mahomeds beliebtem Dampfbad. Am Ende von East Cliff hielt der Wagen vor einem kleinen weißen Haus zwischen zwei viel größeren weiß getünchten Gebäuden.
Noch bevor sie aus der Kutsche stiegen, eilte ein dunkelhaariger Mann herbei und verneigte sich tief. „Willkommen, willkommen!“, jubelte er. „Ihr Besuch ist mir eine Ehre. Bitte folgen Sie mir!“ Er führte sie ins Haus, tanzte praktisch durch einen schmalen Korridor in ein kleines, aber komfortables Wohnzimmer und schwatzte ununterbrochen.
Erstaunt schaute Domino sich um, sah zwei glänzend polierte gekreuzte Rapiere über dem Kamin hängen und Drucke von Fechtszenen an allen Wänden. Das musste die Fechtakademie sein, deren Plakat sie in der Bibliothek gesehen hatten. Diesen Zeitvertreib hätte sie selber nicht gewählt, aber sie war es ihrem Vater schuldig, Dankbarkeit zu bekunden. Tagelang hatte er gutmütig ihre schlechte Laune ertragen und er hatte sich gewiss einige Mühe gegeben, um eine Abwechslung zu arrangieren, die er für interessant hielt.
Henry Angelo war ein aufmerksamer Gastgeber. Als sie ihn beobachtete, musste sie ein Lächeln unterdrücken. Ein typischer Italiener, tat er sein Bestes, um das englische Tee-Ritual fehlerlos zu zelebrieren. Schwungvoll reichte er ihnen Crown-Derby-Tassen und servierte delikate kleine Scones mit verschiedenen Marmeladen. Danach gab es Kuchen und Obsttörtchen.
Und die ganze Zeit erklang Signor Angelos Redeschwall. „Vor vierzig Jahren zog mein Vater von Paris nach London, um eine Fechtschule zu gründen. Ein Risiko, aber er war sehr erfolgreich.“
„Ja, das weiß ich“, sagte Alfredo, „und wie ich sehe, setzen Sie die Familientradition
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