Historical Saison Band 17
zog ihre Hand an seine Lippen. Nur ganz leicht streifte sein Mund den Spitzenhandschuh.
Unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen, schluckte sie. Die Berührung hatte das seltsame Feuer erneut in ihr entzündet. Hilflos war sie den Flammen ausgeliefert, und so blieb es ihrem Vater überlassen, das Schweigen zu brechen.
„Danke für die großartige Darbietung, Sir. Eine so hervorragende Leistung habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen.“
„Fechten Sie auch?“
„Jetzt nicht mehr.“ Alfredo lächelte wehmütig. „War das der italienische Stil?“
„Ja, der wird hier bevorzugt“, mischte Henry Angelo sich ein. Mr Marchmain beherrscht ihn geradezu perfekt.“
„Bevor ich die einzig wahre Fechtkunst zu erlernen begann, musste ich nach Italien reisen“, erklärte Joshua.
„Aber die brauchen Sie jetzt nicht mehr, was?“, fragte Henry und zeigte auf die Narbe, die sich über Joshuas Wange zog. „Englische Ehemänner sind toleranter.“
Diese nicht besonders subtile Erinnerung an Mr Marchmains unmoralischen Lebenswandel brachte Domino zur Besinnung, und sie bemühte sich, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen.
„Fechten Sie oft, Mr Marchmain?“, fragte sie in neutralem Ton.
Joshua zügelte seinen Ärger über Angelos Anspielung, wandte sich zu Domino und schenkte ihr ein Lächeln, das ihren Puls beschleunigte.
„Sooft es meine Zeit erlaubt, Miss da Silva. Interessieren Sie sich für diesen Sport?“
„Heute habe ich ihn zum ersten Mal beobachtet, und ich verstehe, warum er den Männern gefällt.“
„Den Frauen nicht?“
„Auch wir könnten uns dafür begeistern, würde man uns die Freiheit gönnen, ein Florett zu schwingen.“
„Wann immer Sie sich diese Freiheit nehmen wollen, stehe ich Ihnen sehr gern als Lehrer zur Verfügung, Miss da Silva.“ Seine goldbraunen Augen verdunkelten sich, seine tiefe Stimme schien sie wie weicher Samt zu liebkosen. Offenbar dachte er nicht nur ans Fechten.
Ihr Vater runzelte die Stirn und schaute von einem zum anderen. Dann räusperte er sich. „Zweifellos eignet sich dieser Sport sehr gut für die körperliche Ertüchtigung. Aber meine Tochter reitet lieber. In Argentinien ist sie kaum aus dem Sattel gestiegen.“
„Reiten Sie auch hier in England, Miss da Silva?“, fragte Joshua.
„Manchmal. Die frische Luft ist wundervoll. Aber ich finde es nicht besonders erfreulich, langsam auf der Rotten Row im Hyde Park dahinzutrotten.“
„Dann sollten Sie vielleicht etwas anderes versuchen.“
„Was schlagen Sie denn vor?“
„Wie wäre es mit einem Bad im Meer?“ Joshuas Stimme klang beiläufig. Aber Domino bemerkte das unterdrückte Gelächter, das darin mitschwang.
„Das würde sich nun wirklich nicht schicken“, wandte Alfredo ein.
„Seien Sie versichert, es ist sogar sehr en vogue. Hier in Brighton haben die Damen ihren eigenen Strand und werden von Bademeisterinnen betreut.“
„Trotzdem wäre es ungehörig. Deine Tanten, Domino …“ Diesen Satz vollendete ihr Vater nicht.
Aber sie wusste, was er meinte. „Ein Bad im Meer würden sie sicher nicht dulden, Papa.“ Wie entsetzt wären die prüden Spanierinnen, wenn sie dieses Gespräch hören könnten … Allein schon der Gedanke amüsierte Domino.
„Sollten Sie vor Ihrer Rückkehr nach London nicht alles genießen, was Brighton zu bieten hat, Miss da Silva?“, fragte Joshua.
„Meine Tochter wird nicht nach London zurückkehren“, betonte Alfredo.
Statt ihn anzuschauen, richtete Joshua seinen durchdringenden Blick auf Domino. „Also werden Sie den Herbst nicht in der Hauptstadt verbringen?“
„Nein, ich fahre nach Spanien.“
„Wie schade …“ Der Klang seiner Stimme bekundete aufrichtiges Bedauern. „Vor Ihrer Abreise werden Sie uns doch ein paar Wochen in London gönnen?“
Erneut mischte sich ihr Vater ein. „Leider nicht. Meine Tochter hat wichtige Verpflichtungen in Madrid. Nach dem Ende der Saison in Brighton muss sie sofort nach Spanien segeln.“
Fragend wandte Joshua sich wieder zu Domino.
„Ich werde heiraten, Mr Marchmain, und nach Madrid reisen, um meinen Bräutigam kennenzulernen.“ Dann berührte sie den Arm ihres Vaters, und die beiden standen auf. Höflich nickten sie Joshua zu, bevor Henry Angelo sie hinausbegleitete.
Wie vom Donner gerührt, stand Joshua da und traute seinen Ohren nicht. Seine Gedanken überschlugen sich. Wen würde sie heiraten? Einen Mann, den sie noch gar nicht kannte? Mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen
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