Historical Saison Band 17
schüchternen jungen Gast zu einem Amüsement überreden wollen? Von ihren Schwierigkeiten mit Lord Moncaster konnte sie nichts wissen – nichts von der Angst ahnen, die der Mann erregte.
In ihrer blinden Panik hatte sie alle Manieren vergessen und war mit Carmela geflohen, ohne den Gastgebern zu danken und sich zu verabschieden. Oh, wie grauenvoll …
Obwohl sie die belastenden Erinnerungen vergessen wollte, ließen sie sich nicht verdrängen. Unablässig kreisten ihre Gedanken um das Ende des vergangenen Abends, bis es immer bedrohlichere Dimensionen annahm. Sie wünschte, ihre Mutter wäre hier und würde sie beraten. Alles hätte sie Mama erzählt. Nun ja, fast alles, verbesserte sie sich. Ihre Gefühle für Joshua Marchmain würde sie verschweigen. Wie konnte sie ihn anziehend finden, obwohl Richard der einzige Mann war, den sie jemals geliebt hatte?
Denk an ihn, ermahnte sie sich leidenschaftlich. Richard, der neue Lord Veryan … In ihrer Fantasie sah sie sich mit ihm bei Almack’s tanzen. Wie wunderbar war das gewesen … In dieser Erinnerung schwelgte sie und verbannte Joshua aus ihren Gedanken.
Aber dann tauchte eine andere Vision auf: Richard tanzte am selben Abend mit Christabel – mit der Frau, die er angeblich verachtete, die ihn so grausam hintergangen hatte und die er immer noch liebte. Schon damals hatte Domino in der Tiefe ihres Herzens gewusst, dass seine Gefühle für die rothaarige Schönheit nicht erloschen waren – dass er sich nur einredete, er habe sich von ihrem Zauber befreit. Aber Domino hatte sich geweigert, die Wahrheit zu erkennen, und gehofft, er würde sich ihr zuwenden, der jungen Frau, die ihn anbetete. Er hatte jedoch nur ein linkisches, impulsives Schulmädchen in ihr gesehen.
Und was sah Joshua in ihr? War sie auch jetzt blind für die Wahrheit?
Fast den ganzen Tag lang verkroch sie sich in ihrem Zimmer. Nur zu den Mahlzeiten erschien sie im Speisesalon, obwohl sie keinen Appetit verspürte. Am Esstisch erwähnte Carmela die Ereignisse des letzten Abends nicht. Offenbar hatte sie sich Stillschweigen gelobt, ebenso wie Alfredo da Silva. In den frühen Morgenstunden war er aus London zurückgekehrt, und Domino hatte erwartet, er würde sich nach der Soiree erkundigen. Aber er stellte keine Fragen. Vielleicht hatte Carmela ihm mitgeteilt, seine Tochter sei ungehörig lange ohne Anstandsdame in einem Nebenraum verschwunden. Doch die beiden machten ihr keine Vorwürfe.
Auch an den nächsten Tagen erwähnte niemand ihre ungewöhnliche Vorliebe für ihr Zimmer und ihre plötzliche Abneigung gegen Spaziergänge.
Schließlich, an einem sonnigen Morgen, brach Alfredo sein Schweigen.
„Das Wetter ist so schön, querida “, meinte er und umarmte sie liebevoll. „Wollen wir einen Ausflug machen und vielleicht picknicken?“
Da Carmela nur lustlos nickte, fuhr er fort, seine Überredungskunst anzuwenden.
„Die Brise wird uns abkühlen, und wir finden sicher ein schattiges Plätzchen für unser Picknick.“
Den Blick gesenkt, sagte Domino nichts.
Doch ihr Vater ließ sich nicht entmutigen. „Nur wir beide. Ich würde mich sehr freuen.“
Sie wollte ihn nicht enttäuschen, aber es widerstrebte ihr, das Haus zu verlassen. Am liebsten würde sie sich immerzu verstecken – vor der Duchess und Moncaster, insbesondere vor Joshua Marchmain. Jedes Mal, wenn sie vor die Tür trat, würde sie eine Begegnung mit einer dieser drei Personen riskieren.
„Oder vielleicht bevorzugst du einen Spaziergang durch die Gassen von Brighton“, schlug Alfredo vor, und sie merkte ihm an, wie besorgt er war. „Glaub mir, Domino, es tut dir nicht gut, tagelang in diesen vier Wänden herumzusitzen.“
Natürlich hatte er recht. Irgendwann würde sie aus ihrem Schlupfwinkel auftauchen müssen. Ganz egal, wer ihr über den Weg laufen mochte. Wenn sie die Duchess traf, würde sie so tun, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen. Vor Moncaster würde ihr Vater sie beschützen. Und Joshua Marchmain registrierte wahrscheinlich gar nicht, dass sie sich seit fast einer Woche daheim verkroch.
„Ich müsste meine Bücher in der Leihbibliothek austauschen, Papa. Wenn es dir recht ist, gehen wir dorthin.“
Die Bibliothek, die sie bevorzugte, lag im Westen der Stadt, was einen ausreichenden Spaziergang erforderte. Unterwegs würden sie an verlockenden Schaufenstern voller exquisiter, zumeist aus Frankreich geschmuggelter Seiden- und Spitzenstoffe vorbeikommen.
Sorgfältig wählte Domino ihre
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