Historical Saison Band 17
meine Liebe?“
„Eine reife, erfahrene Frau, mit der er das Leben in vollen Zügen genießen kann.“
„Im Gegensatz zu einem naiven jungen Mädchen, das sein Herz entzückt.“
Irritiert biss sie sich auf die Lippe, und er warf ihr einen tückischen Seitenblick zu.
„Erzählen Sie mir bloß nicht, Sie hätten sich in ihn verliebt! Das wäre äußerst unklug.“
„Joshua und ich verstehen uns sehr gut.“
„Da frage ich mich …“
„Was meinen Sie?“
„ Wie gut. Immerhin wissen Sie nichts über diese junge Dame.“
„Weil er sie erst gestern kennengelernt hat.“
„Und wer ist dieser Ausbund an edler Tugend?“
„Sie heißt Domino da Silva. Domino, was für ein lächerlicher Name … Was ist denn los?“ Moncaster war kaum merklich zusammengezuckt.
„Da Silva, sagten Sie?“
„Ja. Sie scheinen sie zu kennen.“
„Nun, ich hatte einmal mit ihr zu tun.“ Grimmig runzelte er die Stirn.
„Das hört sich so an, als wäre jene Begegnung ziemlich unangenehm gewesen.“
„Stimmt. Mit der jungen Dame habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen.“
„Oh, ich verstehe.“ Verstohlen musterte Charlotte ihren eleganten Begleiter.
Bis er wieder zu sprechen begann, dauerte es eine Weile. „Wären Sie interessiert? Wir könnten vielleicht zusammenarbeiten.“
„Eventuell …“, erwiderte sie nachdenklich. „Im Moment ziehe ich es allerdings vor, allein zu handeln.“
„Dann lassen Sie sich einen Rat geben. Spiele.“
„Welche Spiele?“
„Eine kleine Schwäche … Wenn man jung und unerfahren ist, gerät man so leicht auf Abwege in einer Welt, die man nicht versteht. Wie leicht ist es da, Geld zu verlieren, das man nicht hat … Und dann der Skandal, der gesellschaftliche Ruin …“
„Wie bösartig Sie sind, Leo!“
„Ich denke nur praktisch, meine Liebe. Und das sollten Sie auch tun. Marchmain mag ein Gentleman sein, so wie Sie es behaupten. Aber er ist auch ein Mann – ein sehr attraktiver. Denken Sie darüber nach.“
Das tat die Duchess. Sie eilte in ihre Suite und ließ sich Papier, ein Tintenfass und eine Feder bringen.
Domino dachte nicht mehr an die Duchess of Severn. Sollte tatsächlich eine Einladung eintreffen, hoffte sie, ihr Vater würde ihr die Soiree ersparen. Da er alle Hände voll zu tun hatte, sah sie ihn an manchen Tagen kaum. Auf der Suche nach einer Beschäftigung beschloss sie, eine der Kunstgalerien zu besichtigen, die in und um Brighton unter der Schirmherrschaft des Prinzregenten eröffnet worden waren. George liebte die Kunst. Dafür begeisterten sich auch seine Höflinge. Zumindest erweckten sie diesen Eindruck.
Statt die Picture Gallery an der Grand Parade zu besuchen, die sich rühmte, eine konkurrenzlose Sammlung italienischer und französischer Gemälde auszustellen, entschied sie sich für eine kleinere Galerie im Norden der Stadt. In dieser wenig mondänen Gegend ließ sich die bessere Gesellschaft nur selten blicken. Neulich hatte Domino einen Reklamezettel der Grove Gallery gelesen, und der Hinweis auf die experimentellere Kunst, die dort zum Kauf angeboten wurde, interessierte sie. Um Carmelas wiederholte Ermahnungen zu berücksichtigen, nahm sie ihre Zofe Flora mit.
An einem schönen Julimorgen wanderten sie zur New England Farm und zu den neuen Häusern, die man dort gebaut hatte. Unentwegt schwatzte Flora, denn es war ein seltenes Vergnügen, dass sie ihre Herrin begleiten durfte. Dafür wollte sie sich auf dem anstrengenden Weg nach oben mit einem unablässigen Wortschwall bedanken. Nur mit halbem Ohr hörte Domino zu und hoffte, dem Mädchen würden die Klatschgeschichten ausgehen, bevor sie ihr Ziel erreichten.
Nach einer halben Stunde gelangten sie zum höchsten Punkt der Dyke Road, der Hauptstraße, die aus dem Stadtzentrum nordwärts führte, und Flora redete immer noch. Die Galerie war leicht zu finden, das einzige Gebäude etwas abseits von neuen Villen, zwischen Wiesen, wo ein paar Kühe friedlich im Schatten grasten. Nicht einmal Carmela würde in dieser Idylle drohende Gefahren fürchten, dachte Domino und bat die schwatzhafte Flora, draußen zu warten.
Befreit von dem endlosen Redefluss, überquerte sie erleichtert die Schwelle und spürte die Stille wie einen sanften Mantel, der sich um ihre Schultern legte. Der große rechteckige Ausstellungsraum war hell und luftig. An die in Grün gehaltenen Wände hatte man die Gemälde scheinbar aufs Geratewohl gehängt. Aber das Licht, das durch große Fenster hereinfiel, beleuchtete
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