Historical Saison Band 18
Georgiana, die sich mit Mühe ein Paar lange Abendhandschuhe überstreifte. „Ich musste ihn wegen … wegen einer wichtigen Angelegenheit sprechen.“
„Sie taten gut daran, Miss“, mischte sich das Dienstmädchen ein, das dem Gespräch offenbar ungeniert gelauscht hatte. „In seinem jetzigen Zustand ist er nämlich nicht mehr in der Lage, irgendetwas für Sie zu erledigen.“
Wäre die Haushälterin zugegen gewesen, hätte sie nicht gezögert, die junge Dienerin zurechtzuweisen. Doch Georgiana war viel zu besorgt um ihren treuen Gefährten, als dass sie auf derartige Verhaltensregeln geachtet hätte.
„Was ist denn mit Digby geschehen?“
„Anscheinend ist er auf der Hintertreppe gestolpert und böse gefallen, Miss. Er wollte gerade aus dem Haus gehen, aber jetzt kann er nirgendwo mehr hin. Nicht mit diesem Fußgelenk! Es ist ganz schrecklich geschwollen.“
„Oh, du meine Güte!“ Im Nu war Georgiana aufgestanden. „Bitte entschuldige mein Zuspätkommen bei deiner Großmutter, Sophia, aber ich muss dringend nach Digby sehen, bevor wir ausgehen.“
Ohne weitere Erklärungen abzugeben, eilte Georgiana hinunter in den Dienstbotentrakt. Dort fand sie Digby im Zimmer der Haushälterin, die sich rührend um ihn kümmerte. Ein Blick auf den geschwollenen Fußknöchel, der auf einem Schemel ruhte, genügte, und Georgiana wusste, dass das Dienstmädchen nicht übertrieben hatte.
„Oh, Digby!“, rief sie und kniete sich neben seinen Stuhl. „Haben Sie schon den Arzt holen lassen?“
„Ein Doktor is’ nich’ nötig“, wiegelte er ab, obgleich er sichtlich Schmerzen hatte. „Das is’ nur ’ne Verstauchung. In ’ner halben Stunde oder so fühl’ ich mich wieder pudelwohl.“
„Machen Sie sich nicht lächerlich!“, widersprach Georgiana. „Mit dem Knöchel können Sie keine drei Schritte machen, ohne vor Schmerzen zu vergehen. Was für ein Pech!“
„Es is’ noch schlimmer, als Sie denken, Miss“, sagte er leise und wies mit dem Kopf in Richtung der Haushälterin.
Georgiana verstand sofort, was er meinte, und bat die Hausangestellte freundlich, ihr ein Wort unter vier Augen mit dem Diener zu erlauben. „Also, worum geht es?“, wollte sie wissen, nachdem sie unter sich waren.
„Es findet heut’ Nacht statt, Miss. Jem hat mich in der Früh’ benachrichtigt. Er meint, die Smaragde werden heut’ Abend an den Franzosen übergeben.“
„Wie kann er sich da so sicher sein?“
„Weil einer seiner Söhne sich mit ’nem Frauenzimmer angefreundet hat, das in ’ner gewissen Spelunke arbeitet. So hat er ’rausgefunden, dass der Franzose und Tate sich dort schon ’mal in einem Hinterzimmer getroffen haben. Sieht so aus, als ob Tate das Zimmer für heute Abend wieder bestellt hat. Ich soll jetzt hin, und diese Frau will mich im Hinterzimmer verstecken, sodass ich mitkriege, was dort läuft. Jem und seine Jungs können sich nich’ ’drum kümmern. Die halten die ander’n drei Herren im Auge. Außerdem sind jetzt alle längst aus dem Haus, sodass ich ihnen nich’ mehr sagen kann, was passiert ist. Also muss ich’s selber machen, Miss Georgie, ’s kommt kein and’rer infrage.“
„Oh, doch“, widersprach sie, nachdem sie einen Augenblick nachgedacht hatte. „Ich werde an Ihrer Stelle hingehen. Und fangen Sie jetzt bitte nicht an zu streiten, Digby“, fügte sie hinzu, als er Protest erheben wollte. „Es bleibt uns keine andere Wahl.“
„Aber Sie können nich’ einfach in so ’ne üble Spelunke hineinspazier’n, Miss“, wandte er ein und starrte entgeistert auf ihre elegante Erscheinung. „Selbst wenn Sie als Dienstmädchen verkleidet wär’n, würden Sie noch völlig fehl am Platz wirken. Sie schau’n einfach nich’ danach aus.“
„Da kann ich Ihnen nur beipflichten“, bestätigte sie, nur um wenig später all seine Hoffnungen zu zerschlagen, indem sie erklärte: „Master Green wird hingehen!“
Fassungslos sah der Diener sie an. „Sie haben doch nich’ etwa diese verflixten Klamotten mitgenommen?“
„Das habe ich in der Tat“, versicherte sie ihm nicht ohne Stolz. „Als ich in Gloucestershire meinen Koffer packte, dachte ich mir, sie könnten mir vielleicht noch nützlich sein. Und sehen Sie, wie recht ich damit hatte! Es hilft nichts – ich habe die Entscheidung getroffen“, fuhr sie fort, als er versuchte, sie umzustimmen. „Anstatt herumzudiskutieren, sollten Sie lieber ein Papier suchen und mir die Adresse dieser Schänke aufschreiben. Derweil werde
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