Historical Saison Band 19
Juninacht erhielt. Ihre noch junge Liebe hatte alles so zart und einzigartig gemacht, dass ihr in Erinnerung daran ganz warm wurde – in dieser Dezembernacht, in der nicht einmal die glühenden Kaminfeuer und die in Tücher gewickelten heißen Ziegelsteine die Kälte aus den unbenutzten Schlafzimmern vertreiben konnten.
Ja, es war fast zu schön gewesen. Am nächsten Tag hatte Peters Vater die Angelegenheit in seine zerstörerischen Hände genommen und das Gefäß ihrer Liebe zerschmettert, sodass es ihr noch immer vorkam, als ob die spitzen Scherben sich für alle Ewigkeiten tief in ihr Inneres gebohrt hätten. Dort gemahnten sie schmerzhaft und beständig an die Vernichtung ihrer sehnsüchtigsten Hoffnungen und Träume. Nach wie vor fragte sie sich, wie sie jemals hatte glauben können, sie würden wahr werden. Sie wollte nicht daran denken, dass damals jede Bewegung und jedes Wort von Liebe erfüllt gewesen waren, denn Peter liebte sie jetzt nicht mehr.
Nein, und ich liebe ihn auch nicht mehr! redete sie sich streng ins Gewissen. Dieser Peter, dieser harte Aristokrat, dessen Verachtung für sie sich am Zucken der Mundwinkel und an seinen eiskalten Blicken ablesen ließ, war ebenso wenig ihr junger Geliebter, wie sie seine junge Geliebte war.
Sophie hörte, dass Audrey nach ihr rief, und war fast erleichtert, den qualvollen Erinnerungen aus einer Zeit, in der sie noch leichtgläubig genug gewesen war, um an die grenzenlose Macht der Liebe zu glauben, zu entkommen. Die nächsten Stunden würden schon schwer genug werden, ohne dass sie sich mit der Frage aufhielt, wie anders ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie nicht auf ihr Gewissen gehört und mit dem fröhlichen Jungen, der zum verdrießlichen Earl of Sylbourne geworden war, durchgebrannt wäre.
Peter ritt weiter durch die gespenstische Dunkelheit, trotz seiner Erschöpfung und den schmerzenden Schläfen. Wahrscheinlich kamen die Kopfschmerzen von dem ständigen Blinzeln gegen das Schneetreiben. Er versuchte wieder, sich ganz auf die Suche nach seiner Schwester zu konzentrieren, aber Sophie kam ihm unablässig in den Sinn. Das machte ihn zornig. Diese berechnende kleine Person war es einfach nicht wert, auch nur eine Träne des Bedauerns für die acht Jahre der Trennung, die sich mittlerweile zwischen ihnen auftaten, zu vergießen.
Nur dass Sophie Bonet nicht mit einem Piratenkönig, der ihrem Zauber erlegen war, durch die Karibik segelte und nach Lust und Laune Unschuldige ausraubte und auch nicht eiskalt mit einem Geliebten in irgendeiner obskuren Spielhölle Falschspielerei betrieb, wie er es insgeheim gehofft haben mochte. Stattdessen war sie eine offenkundig hochgeschätzte Gouvernante bei einer angesehenen Landadelsfamilie. Das klang nicht nach der Pose der ehrgeizigen und unmoralischen Abenteurerin, mit der sie Holm Park verlassen hatte. Wie konnte er eine solch ehrbare Frau weiter verachten? Vor allem wenn sie nie derartig verwegene Pläne im Schilde geführt hatte, sondern damit nur ihr Fortlaufen von denen, die sie liebten, hatte kaschieren wollen – aus welchem Grund auch immer sie diese Entscheidung getroffen hatte.
Und doch, er hasste Sophie Bonet. Seine Welt war aus den Fugen geraten, als sie fortging. Gleichzeitig war ihr Verschwinden der Ansporn gewesen, der ihn weiter vorantrieb, wenn er in Versuchung war, eine Geldheirat einzugehen, um die massiven Schulden seines Vaters zu begleichen. Er musste sie hassen. Wenn er damit aufhörte, würde er sich wahrscheinlich daran erinnern, wie sehr er sie einmal geliebt hatte. Er konnte den Schmerz, den er empfunden hatte, als sie ihn verraten und verlassen hatte, nicht ein zweites Mal ertragen.
Notgedrungen würde er die Gastfreundschaft des abwesenden Sir Gyffard Frayne in Anspruch nehmen und dann ohne zurückzublicken weiterreisen, sobald der erste Eiszapfen zu tauen begann. Jetzt, wo er ihren Aufenthaltsort kannte, würde er ihn meiden, als laste ein Fluch auf ihm. Danach konnten Sophie und er einander dann so gleichgültig sein, als ob sie sich nie wiedergesehen hätten.
„Sind Sie ganz sicher, dass Sie auf diesem Weg hergekommen sind, Mylord?“ Der kräftige Stallmeister der Fraynes unterbrach sein Grübeln.
„Ja, Cox. Ich mag zwar ein Narr sein, weil ich bei diesem Wetter überhaupt aufgebrochen bin, aber immerhin bin ich ein Narr mit einem guten Orientierungssinn, und ich erinnere mich an diese alte Eiche dort drüben“, erwiderte er so freundlich wie möglich.
Schließlich war es
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