Historical Saison Band 19
das Schlimmste von ihr dachte.
„Es bleibt Ihnen überlassen, Ihre Geheimnisse für sich zu behalten, Miss Rose. Allerdings muss ich Sie vor dem Bruder meines Verlobten warnen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, überall Stoff für übles Gerede aufzuspüren. Ich an Ihrer Stelle würde mir diesen Ärger von vornherein ersparen.“
„Möglicherweise wäre das besser“, erwiderte Sophie angespannt. „Doch der Hausherr und seine Schwester sind zum Begräbnis ihrer jüngsten Schwester aufgebrochen und nicht vor März aus Irland zurück. Miss Matilda Frayne, die normalerweise diesem Haushalt vorsteht und mich in der Rolle als Anstandsdame für ihre Nichten autorisiert hat, sollte wohl als Erste darüber aufgeklärt werden, oder meinen Sie nicht?“
„Hoffen wir, dass sie zurückkehren, bevor sie davon aus der Ferne hören“, bemerkte Lady Edwina frostig. „Überdies kann meine Tante hier weit besser den Anstand für alle anwesenden Damen gewähren, oder denken Sie anders darüber?“, bekundete Lady Edwina und ließ keinen Zweifel daran, dass Miss Willis sich Sophie gegenüber ebenso feindlich gesinnt zeigen würde.
„Da Mrs Garret-Lowden und ihre Tochter, Mr Timon Fraynes Verlobte, bei uns zu Gast sind, mangelt es Imogen und mir nicht an Respektabilität“, antwortete sie kurz angebunden.
„Sollte Mr Timon Frayne uns dann nicht besser als Gastgeber begrüßen, sodass nicht Sie gezwungen sind, diese Pflicht auf sich zu nehmen, Miss Rose?“
„Mr Frayne hält sich bei seinem Bruder Mr Lysander Frayne auf, der kürzlich die geistlichen Weihen empfangen hat und Vikar einer Gemeinde in der Nähe ist. Er fand es schicklicher, dort zu übernachten, als in der Abwesenheit seines Vaters und seiner Tante hier im Haus bei seiner Verlobten zu bleiben“, erläuterte Sophie höflich, öffnete die Tür zu dem in Rosatönen gehaltenen Schlafzimmer und bat Ihre Ladyschaft einzutreten.
„Wie überaus zurückhaltend von ihm“, sagte Edwina gedankenverloren, während sie sich umblickte und vom glühenden Kaminfeuer zu den Fensterläden sah, welche die Kälte des frostigen Abends abhielten. „Es ist ganz bezaubernd hier“, lobte sie schließlich, und selbst Sophie hegte keinen Zweifel, dass diese Worte ernst gemeint waren.
„Die verstorbene Lady Frayne verstand es, das Haus in einen behaglichen Ort zu verwandeln“, erklärte Sophie ein wenig steif.
„Ja, Mama hat es geliebt, Gäste zu bewirten, und immer gewollt, dass ihnen das Beste zur Verfügung steht, was sie ihnen bieten konnte – trotz der Altertümlichkeit des Gebäudes und all der Winkel und Ecken, die einige Leute zu verachten scheinen“, mischte sich Imogen in das Gespräch.
„Nun, ich denke, es handelt sich um ein bezauberndes Haus, das viele Geschichten zu erzählen hat. Ich würde es gern näher erkunden und einige davon hören, falls Sie morgen Zeit haben sollten, mich herumzuführen, Miss Frayne“, sagte Edwina freundlich.
„Es würde mir große Freude machen – vor allem, wenn es uns in Abwesenheit meiner beiden kleinen Schwestern gelingt, die sich dadurch auszeichnen, jedem mit ihrem Gerede Kopfschmerzen zu bereiten“, antwortete Imogen.
Mit einem Mal fühlte sich Sophie alt und überflüssig.
Da Imogen schon jetzt wie eine bezaubernde und selbstbewusste junge Dame auftrat, würde sie gewiss für das Wohlergehen ihrer jüngeren Schwestern Sorge tragen. Sobald sie verheiratet war und dadurch die Möglichkeit hatte, Audrey und Viola in ihrem eigenen Haus aufzunehmen, würde sich all das Gerede über die Zukunft der Kinder als überflüssig erweisen. Und ich werde sie entweder begleiten oder eine andere Anstellung finden müssen, dachte Sophie. Letzteres gefiel ihr nicht, denn in den acht Jahren, in denen sie die Töchter der Fraynes dazu ermutigt hatte, sich damenhafte Verhaltensweisen anzueignen, hatte sie die Mädchen von Herzen lieb gewonnen.
Allein bei der Vorstellung, spätestens mit dreißig eine neue Anstellung suchen zu müssen, wurde ihr ganz schwer ums Herz, und sie wandte sich in Richtung der Tür. „Wir sollten Lady Edwina allein lassen, damit sie trockene Kleidung anlegen kann. Eines der Dienstmädchen wird ihr beim Baden und Umkleiden für das Dinner behilflich sein, Imogen. Du wirst später ausreichend Gelegenheit haben, dich mit Ihrer Ladyschaft zu unterhalten, sobald sie sich aufgewärmt hat.“
„Ja, natürlich“, fügte sich Imogen, obgleich sie sichtlich zögerte, sich so rasch von dieser wundervollen
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