Historical Saison Band 20
wurde trocken. Hastig wandte sie den Blick ab, ihre Gedanken überschlugen sich. Irgendwie musste sie diesen Raum verlassen, aber Viaud stand zwischen ihr und der Tür.
„Geht es Ihnen gut, Mylady?“
„Es ist nur der Schrecken …“ Sie hob die Hand und fuhr sich damit über die Augen, als müsse sie eine Träne fortwischen. „Verzeihen Sie.“ Sie tastete nach ihrem Retikül.
„Es war gewiss ein Schock“, stimmte er zu. „Die Frage ist, was wir jetzt tun sollen.“
Claudia schloss die Finger um den Griff der Pistole, holte sie hervor und wies damit auf Viauds Brust. „Sie können ja damit beginnen, die Hände zu heben, sodass ich sie gut sehen kann.“
Er starrte sie an. „Was tun Sie da?“
„Wonach sieht es denn aus?“
„Sie glauben doch nicht, dass ich …“
„Ich sagte, Hände hoch.“
Er zuckte mit den Achseln, gehorchte aber. „Sie irren sich.“
„Und jetzt werfen Sie die Pistole fort. Mit der Linken, und nur mit zwei Fingern.“
Er nahm vorsichtig die Pistole aus dem Gürtel, und einen Moment später fiel sie zu Boden.
„Treten Sie die Waffe zum Fenster hinüber.“ Als er es tat, nickte sie zufrieden. „Und jetzt gehen Sie von der Tür fort.“
Während er zur Seite trat, bewegte sie sich ebenfalls, immer darauf bedacht, Abstand zu ihm zu halten.
„Ich habe sie nicht getötet. Ich habe sie so vorgefunden.“
Claudia schüttelte den Kopf. „Ich glaube Ihnen nicht.“
„Es ist aber die Wahrheit.“
„Sagen Sie das der Polizei.“
„Sie machen einen großen Fehler.“
„Das denke ich nicht. Sie waren der Mann, der Alain Poiret kurz vor seiner Festnahme in Paris besuchte. Mademoiselle Fournier hat Sie gesehen. Sie hat mir Ihren Ring beschrieben.“
„Ja, ich habe Poiret besucht. Wir trafen uns oft. Was soll daran verdächtig sein?“
„Madeleine sah Sie einige Tage später mit einem Mann von der Polizei sprechen. Ich glaube, Sie sind derjenige, der Poiret und die anderen verraten hat.“
„Sie irren sich. Der Polizeibeamte, mit dem ich sprach, ist einer von uns.“
„Sie lügen, Viaud.“
„Nein, meine Liebe, er sagt die Wahrheit“, kam eine Stimme von der Tür.
Verblüfft drehte Claudia sich um. Anthony betrat den Raum, Matthew an seiner Seite.
„Der Polizeioffizier, um den es sich handelt, heißt David Roux. Er ist einer von Genets besten Agenten. Leider erfuhr er erst in letzter Minute von den geplanten Festnahmen. Es gelang ihm, Poiret zu warnen, in der Hoffnung, dass dieser rechtzeitig die Übrigen benachrichtigen könnte.“
Während Claudia die Neuigkeiten zu verarbeiten versuchte, warf Viaud ein: „Mademoiselle Fournier ist seit einer ganzen Weile tot, mindestens eine Stunde, nach der Körpertemperatur zu schließen. Wenn ich der Mörder wäre, wäre ich nicht so lange geblieben und hätte riskiert, entdeckt zu werden.“
Anthony ging zum Bett hinüber und legte der toten Frau die Hand an die Wange. Dann nickte er. „Er hat recht.“
Langsam ließ Claudia ihre Pistole sinken. „Wie es aussieht, muss ich mich bei Ihnen entschuldigen, Monsieur Viaud.“
Er zuckte die Achseln. „Nicht nötig, Mylady. An Ihrer Stelle wäre ich auch misstrauisch gewesen.“
Sie sah Anthony an. „Was geschieht jetzt?“
„Wir werden Bericht erstatten und uns um den Verbleib der Leiche kümmern.“
Claudia berührte seinen Ärmel. „Mademoiselle Fournier muss anständig bestattet werden. Sie hat kein Armenbegräbnis verdient.“
„Sie soll eine richtige Beerdigung erhalten“, versprach er. „Wenigstens so viel schulden wir ihr.“
„Ihr und Alain Poiret. Sie hat ihm einst viel bedeutet.“
Anthony nickte. „Wir werden dafür sorgen. Matthew, unterstütze Monsieur Viaud bei allem, was er braucht. Doch vorher suche uns eine Mietskutsche. Ich bringe Ihre Ladyschaft nach Hause.“
Er sah sie vielsagend an, und zum ersten Mal kam ihr dabei ein ungutes Gefühl. Plötzlich freute sie sich ganz und gar nicht darauf, mit ihm allein zu sein.
Leider fand Matthew recht schnell eine Kutsche, und schon wenige Minuten später waren sie und Anthony auf dem Weg nach Hause. Sehr zu ihrem Kummer besaß sie seine ganze Aufmerksamkeit.
„Warst du völlig von Sinnen, allein hierher zu kommen?“, verlangte er sofort zu wissen.
„Ich musste. Es war niemand sonst zu Hause, und die Nachricht klang dringend. Wenn ich sie früher erhalten hätte, wäre ich vielleicht rechtzeitig gekommen, um die arme Madeleine zu retten.“
„Nein, du kleiner Dummkopf, du wärst mit
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