Historical Saison Band 20
seltenen Ausrutscher, auf den Elliot sich sofort gestürzt hatte. Anhand dessen ihren Verleger herauszubekommen, war nicht besonders schwierig gewesen. Schwerer war es, ihr Pseudonym zu erfahren, doch auch dafür hatte er seine Quellen.
„Obwohl ich wirklich wünschte, ich brauchte nicht darauf zuzugreifen“, rief er, während er das letzte Papier ins Feuer warf. „Warum ist sie so geheimniskrämerisch?“
Warum konnte sie ihm nicht vertrauen? Warum gab sie nicht wenigstens einmal zu, dass sie ihn küssen wollte? Denn dass sie es wollte, wusste er einfach. Zwischen ihnen knisterte es wie in der Luft vor einem Gewitter. Es frustrierte ihn bis zur Raserei, doch er würde dem nicht nachgeben, ehe sie es nicht tat. Nein! Ein Mann hatte seinen Stolz! Obwohl er hin und wieder geneigt war, den seinen zum Teufel zu schicken.
Tatsache war einfach, dass er nie zuvor eine Frau stärker begehrt hatte. Bestimmt, weil sie so starrsinnig ist, sagte er sich, nur deshalb. Er wusste, das war es nicht allein, dennoch war er nicht bereit, sich mehr einzugestehen. Gerade jetzt musste er sich auf wichtigere Dinge konzentrieren. Zum Beispiel auf den Einbruch.
Und danach? Nun darüber würde er nachdenken, wenn es so weit war.
Nach Richmond waren es etwa zwölf Meilen. Sie ritten im Dunkeln querfeldein, weil sie unbemerkt bleiben wollten. Elliot an ihrer Seite zu wissen, verursachte ihr einen angenehmen Schauer, der noch verstärkt wurde durch das Gefühl der Freiheit, und den Nervenkitzel, etwas Verbotenes zu tun. Im Schutze der Dunkelheit konnte sie sich eingestehen, dass allein schon seine Gegenwart erregend war. In ihren Adern sang und rauschte das Blut. Ihr Herz schlug im donnernden Rhythmus der Pferdehufe. Sie fühlte sich wahrhaft lebendig.
Elliot hingegen fand sich zwischen Hochstimmung und Beklommenheit schwankend. Er war sich absolut sicher, dass ihr Plan perfekt war, eine ganz unkomplizierte Sache. Der Safe altertümlich, die Dienstbotenquartiere in einem abgelegenen Dachgeschoss, ein Besitzer, der aus dem Staatsdienst hatte scheiden müssen, weil er selbst mittels eines Hörrohrs höchstens Gebrüll vernehmen konnte. Also ganz einfach und risikolos, was er im Normalfall voller Geringschätzung verworfen hätte.
Deborah war eine hervorragende Reiterin. Entlang einer Ackergrenze scheute ihr Pferd – von irgendeinem Nachttier aufgeschreckt – doch sie hielt es mühelos im Zaum. Elliot allerdings konnte sich nur knapp davon zurückhalten, ihr in den Zügel zu greifen. Beim Aufbruch hatte er in ihrer Miene die angespannte Erwartung gelesen, die er nun schon so gut an ihr kannte. Seitdem war er ein wenig beunruhigt. Normalerweise zog er einen Fehlschlag gar nicht in Betracht. Heute Nacht sorgte er sich, dachte an die Sicherheit der Frau an seiner Seite, die selbst keinen Gedanken daran verschwendete.
Bald stießen sie auf einen engen Weg. Noch weich vom letzten Regen dämpfte der Boden den Hufschlag ihrer Tiere. „Fünf Minuten noch, dann sind wir am Haupttor.“ Elliot sprach leise. „Du erinnerst dich an alles?“
Im schwachen Licht sah er Deborahs Lächeln aufblitzen. In gedämpftem Ton wiederholte sie ihre Instruktionen. Kurz vor dem Torhaus hielten sie an, stiegen ab und banden die Pferde im Schutze einer Pappelreihe an. „Es ist wohl zwecklos, dir vorzuschlagen, dass du hier wartest?“, fragte er vorsichtshalber.
Deborah zog ihren Mantel aus und warf ihn über den Sattel. Ihr Herz begann unruhig zu schlagen; in ihre Aufregung mischte sich ein Hauch von Furcht. Sie hatte ganz vergessen, dass es ihr beim ersten Mal auch so ergangen war, trotzdem schüttelte sie den Kopf. „Ich denke, du kennst die Antwort.“
Er griff nach ihrer Hand; genau wie er hatte sie die Handschuhe abgelegt. Ihre Finger bebten ein wenig. „Deborah, du musst mir versprechen, wenn wir ertappt werden …“
„Soll ich rennen, so schnell ich kann, ohne auf dich zu warten. Ich versprach es doch schon. Was ist denn – ist der unfehlbare Pfau etwa nervös? Du hast doch selbst gesagt, dies hier sei kinderleicht.“
„Ja, sicher, aber wenn dir etwas zustößt …“ Fester umfing er ihre Hände.
„Mir wird schon nichts geschehen.“ Ohne nachzudenken stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Als sie hörte, wie er scharf den Atem einsog, merkte sie, dass ihre Lippen etwas zu lange auf seiner Haut verharrt hatten, sie unbewusst etwas zu dicht an ihn herangetreten war. Jäh wurde ihr seine Nähe erregend
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