Historical Saison Band 20
ihres Hutes beschäftigte, kam sie jetzt vermutlich zu dem schwierigen Punkt ihres Besuchs.
„Mir ist peinlich, wie wenig ich über den Krieg weiß. Das Leid auf dem Schlachtfeld, und das Leid, das immer noch hier direkt vor unseren Nasen herrscht. Das unglaubliche Ausmaß all dessen, das die Männer deiner Truppe und deren Familien aushalten mussten, damit wir endlich in Frieden leben können – es überwältigt mich. So viele Männer müssen das Gleiche erlitten haben wie dein Freund. Und deren Kameraden und Angehörige müssen ebenfalls unter dem Verlust leiden.“
Sie hielt inne, wartete auf eine Erwiderung. Als sie ihn flüchtig anschaute, fand sie seine Miene ausdruckslos. „Durch dich wurde mir klar, dass ich mit geschlossenen Augen herumgegangen bin – ich und alle anderen. Die Zeitungen machen viel Wirbel um das Betteln, die Überfälle und Taschendiebstähle, die seit dem Ende des Kriegs so dramatisch zugenommen haben. Und die Einbrüche.“ Sie wagte ein kleines Lächeln. „All die Berichte über den Pfau – die Presse interessiert sich nur für die Straftaten. Niemand fragt nach den Gründen.“
„Außer meinem Schwager“, meinte Elliot trocken. „Er war heute Vormittag hier und warnte mich sehr subtil. Er hat zwei und zwei zusammengezählt und kam verflixt genau auf vier.“
Deborah riss die Augen auf. „Was wird er tun?“
„Ach, keine Angst, er erfuhr nichts von mir. Er hat keine Ahnung, dass du etwas damit zu tun hast. Alex wird auch nichts ausplaudern – das Letzte, was er wollte, wäre mich vor Gericht zu sehen, denn das würde Lizzie aufregen. Und sie nicht aufzuregen ist das Einzige, was ihn interessiert.“
„Trotzdem ist es bestimmt jetzt viel zu riskant, den Pfau weiterarbeiten zu lassen.“
Er zuckte die Schultern. „Ehrlich gesagt, ist es eher die Tatsache, dass mir die Opfer ausgehen. Ich habe die Liste derer, die unmittelbar verantwortlich waren, so ziemlich abgearbeitet. Gut, ich könnte immer noch wie Robin Hood weitermachen.“ Er grinste. „Von den Reichen stehlen und es den Armen geben. Das wäre dann sicher eine Lebensaufgabe.“
„Aber dann würde dein Schwager bestimmt zum Sheriff von Nottingham“, sagte Deborah schmunzelnd. „Was der Pfau tut, ist nicht genug, nicht wahr?“, fuhr sie fort. „Es wurden mehr als dreihunderttausend Mann entlassen. Du magst noch so erfolgreich sein, du kannst nicht alle Not lindern. Dreihunderttausend – das ist eine unglaubliche Zahl. Und dann die Tausende, die gar nicht zurückkamen, und die Verstümmelten, die nicht mehr arbeiten können? Angesicht solcher Probleme wird alle Beute aus den Einbrüchen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.“
„Du erkennst es betrüblich genau.“
„Ich will, was du tust, nicht schmälern. Es ist … ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich dich bewundere. Durch dich ist mir klar geworden, dass ich mich die letzten Jahre nur um mich gekümmert habe. Du hast mich zum Nachdenken gebracht, und jetzt möchte ich gern helfen. Mir ist gleich, dass du das Gesetz gebrochen hast, um deine Ziele zu erreichen; anders geht es scheinbar nicht, damit zumindest ein bisschen geholfen werden kann.“
Wieder lächelte er unwillkürlich. „Danke. Ich werde dich zu meinem Verteidiger bestellen, falls ich vor Gericht kommen sollte.“
„Dazu wird es nicht kommen, wie ich doch sehr hoffe.“
„Dann sind wir uns da ja einig.“ Als er sah, dass sie ihre hochmütige Miene aufsetzte, bereute er den lockeren Ton sofort. „Entschuldige, ich wollte dich nicht ärgern.“
Die Lippen zusammengepresst, musterte Deborah ihn eine kleine Weile. Offensichtlich mit dem, was sie sah, zufrieden, nickte sie knapp, dieses kleine ernste Nicken, das bei Elliot stets den dummen Wunsch auslöste, zu lachen. Er unterdrückte ihn und sah sie aufmunternd an. „Hast du einen Plan, wie man ohne Kunstraub an die nötigen Mittel kommt? Dann los, ich will ihn hören.“
„Also gut. Die Philanthropen versuchen meist, durch trockene Broschüren und Predigten an Geld zu kommen, aber das beides ist sehr öde und uninteressant. Ich denke, was wir brauchen, ist eine packende Geschichte. Eine echte Geschichte über einen echten Menschen, etwas Dramatisches. Wenn wir erzählen könnten, wie dieser Mensch wirklich war – lustig, tapfer und mit kleinen Fehlern – wenn wir in Form eines Romans zeigen könnten, was ihm widerfuhr, wie er litt und starb, wie könnte dann jemand nicht hinhören? Wenn wir das zustande brächten,
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