Historical Saison Band 20
anzuzünden.
Das Leben, das sie sich seit seinem Tod aufgebaut hatte, war im Grunde ein selbstgebautes Gefängnis. Jetzt sah sie das, dank Elliot … Und dank ihm war sie endlich bereit zu dem ersten Schritt, sich damit auseinanderzusetzen.
Heute hatte sie ihren Roman vollendet. Das Mittel zur Freiheit, wenn Mr Freyworth recht behielt. Der Gedanke wärmte sie ein wenig. Vielleicht würde sie morgen an ein paar frühere Freunde schreiben. Nun war sie bereit, den Graben zu überbrücken, den sie wegen ihrer Ehe hatte entstehen lassen.
Und Elliot? Deborah schüttelte ihr Kissen auf und stieg wieder ins Bett. Ach, Elliot. Wie sehr sie wünschte, sie hätte ihn gekannt, als sie noch seelisch heil und unversehrt war. Aber ihre Seele war gebrochen, und mehr, als die Brüche zu kitten, blieb ihr kaum. Sie mochte womöglich irgendwie Zufriedenheit finden, doch sie würde immer allein bleiben müssen. Vielleicht würde mit der Zeit die Vergangenheit verblassen, doch manches würde nie ganz heilen. Ihr einziger Ausflug ins Land der Liebe hatte sie schwer verletzt – und die Narben würden nie vergehen.
Die Gefühle, die Elliot in ihr ausgelöst hatte, waren unbeschreiblich – und zu stark. Sie machten ihr Angst, doch noch mehr Angst machte ihr die Vorstellung, ihn gänzlich verloren zu haben. Sie wollte nicht wieder in dem öden Zwielicht versinken, in dem sie existierte, ehe sie ihn traf. So erschreckend verführerisch es war, den mit ihm begonnenen Weg fortzusetzen, wusste sie doch, dass es falsch wäre.
Sie würde ihn enttäuschen, und dann hätte er allen Grund, sie zu verachten. Sie musste einen neuen Weg finden. Gewiss konnte man doch befreundet sein, ohne eine intime Beziehung zu haben? Noch besser wäre es, wenn es ihr irgendwie gelänge, ihm zu vergelten, was er für sie getan hatte. In glücklicher Selbsttäuschung auf dieses verzwickte Problem konzentriert, sank Deborah in den Schlaf.
„Dann hast du dich entschieden? Elisabeth wird erfreut sein.“ Elliots Schwager Alexander Murray trank sein Sherryglas leer und stellte es sorgsam auf dem Tischchen neben sich ab. Sein Äußeres war ebenso unauffällig wie seine Wesensart. Weder groß noch klein, weder dick noch dünn, mit sandfarbenem Haar, heller Haut und einer Neigung zu Sommersprossen. Kein Mann, der aus der Menge hervorstach, worauf er jedoch auch keinen Wert legte.
Allerdings brachten ihm sein unfehlbarer Geschäftssinn, seine tiefe Verschwiegenheit und seine Position als einer der inoffiziellen Bankiers eine Unmenge Informationen ein – viele unwillkommene, manche nützliche und manche für seine schottische Empfindsamkeit geradezu widerwärtige.
„Hast du gehört, dass der Pfau wieder einmal sein Geschick bewiesen hat?“, fragte Alexander unvermittelt.
Elliot war geistesgegenwärtig genug, den plötzlichen Themenwechsel mit lockerem Lächeln aufzunehmen. „Ja, fast muss man den teuflischen Burschen bewundern. Er ist wirklich raffiniert.“
„Mehr als das. Ich würde sagen, er ist auf einer besonderen Mission.“
Fragend hob Elliot eine Braue. „Wie kommst du darauf?“
„Die Presse konzentriert sich auf die einzelnen Verbrechen. Mir aber scheint, dass da, was die Opfer angeht, ein Muster entsteht.“
„Wirklich? Das musst du mir erklären.“
Alexander runzelte die Stirn. „Sie alle haben oder hatten in irgendeiner Form mit unseren Truppen zu tun. Mir kam der Gedanke, dass der Pfau vielleicht ein Exsoldat ist, der da noch eine Rechnung offen hat.“
„Ich verstehe.“ Anscheinend hatte Elliot seinen Schwager unterschätzt. „Hast du diese interessante Theorie schon mal irgendwo geäußert?“
„Natürlich nicht. Ich mag nicht den Bluthund spielen“, entgegnete Alexander verächtlich.
„Warum sagst du es dann mir?“
„Du warst Soldat. Ich dachte, du hättest dir da schon mal Gedanken gemacht. Nun komm, schau nicht so überrascht! Deine Ansichten darüber, wie unsere Männer behandelt wurden, sind bekannt. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass du dem Pfau Sympathie entgegenbringst.“
„Die Wahl seiner Opfer billige ich von Herzen, falls du das meinst. Niemand verdient es mehr als dieser unmoralische Haufen.“
„Ja, nur frage ich mich, ob ein gewöhnlicher Soldat das Wissen für diese Taten hätte.“ Alexander legte die Fingerspitzen gegeneinander. „Ich meine, schau dir die Beute an – zum Beispiel dieser Diamant von Kinsail. Man muss schon eine interne Quelle haben, um überhaupt seinen Aufenthaltsort zu
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