HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
hinzu: „Ich kann nicht.“
Zorn verdunkelte sein Gesicht, als sie fortfuhr: „Ihr habt mir versprochen, dass nichts, was ich sage, Euch von mir entfernt. Wenn Ihr mir so viel Freiheit erlaubt, wieso verzeiht Ihr mir nicht, ohne dass ich Euch meine Tat offenbare? Ist es so wichtig, mein Verbrechen zu erfahren? Ihr versprecht mir, ohne Einschränkung zu mir zu stehen, wenn ich erst einmal alles gestanden habe. Ist das dann nicht auch ohne Geständnis möglich?“
„Es geht hier um Vertrauen, Olivia. Du verlangst von mir, dir zu vertrauen, ohne mir das Gleiche anzubieten.“
„Ich habe nichts verlangt, Mylord. Ihr habt es angeboten. Steht Ihr immer noch dazu?“
Will ließ sie los. „Natürlich.“ Seine Stimme klang mit einem Mal kühl. „Du hast auf Thalsbury Zuflucht gesucht, und solange ich nicht davon überzeugt bin, dass du meinen Schutz nicht verdienst, wirst du mit meiner uneingeschränkten Milde rechnen können. Und“, fügte er leicht herausfordernd hinzu, „es wird keine Verstellung mehr geben. Heute bin ich der Herr der Weihnachtsfeierlichkeiten. Du wirst an meiner Seite sein, an einem Platz in meinem Saal, der sich für deinen Rang schickt. Kein Bedienen mehr und keine Lumpen. Und beim Heiligen Kreuz, Olivia, auch keine Lügen mehr.“
„Dann ist das meine Antwort, Mylord: Ich kann einen so herausragenden Platz in Eurem Saal nicht annehmen. Gebt mir die Erlaubnis, meine Weihnachten anderswo zu feiern.“
Eine erstaunliche Veränderung ging mit seinem jungenhaften Gesicht vor. Er sah jetzt richtig furchterregend aus. „Nein, Olivia, und nochmals nein! Wenn du mir ge genüber nicht aufrichtig sein willst, dann beleidige mich nicht weiter, indem du mir dein Vertrauen verweigerst. Sollte deine Sicherheit in Gefahr sein, so werde ich dich schützen. Wenn du mir auch in nichts anderem vertraust, hierin wirst du mir vertrauen. Du wirst an meiner Seite sitzen. Du wirst mir keine Schande bereiten, und du wirst auf dem Podest den närrischen Darbietungen vorsitzen. Und du wirst keinen einzigen, hörst du, keinen einzigen Einwand erheben. Haben wir uns verstanden, Mylady ?“
Sie wollte darauf bestehen, dass er seine Forderung zurücknahm. Aber sie musste feststellen, dass sie es nicht wagen würde.
Als sie zögerte, sagte er: „Hast du verstanden, Olivia? Ich habe dir erlaubt, deine kleinen Machenschaften allein zu verfolgen, wenn es das ist, was du wünschst. Aber weiter werde ich nicht gehen.“
Olivia holte zitternd Luft. „Ich verstehe, Mylord. Und ich danke Euch.“
Ihre Dankbarkeit schien ihn nicht zu freuen.
„Dann geh und bereite dich vor“, sagte er, wandte ihr den Rücken zu und starrte missgelaunt ins Feuer. Olivia schlich sich davon. Ein heißes, brennendes Gefühl ließ sie tief erröten. Auf dem Weg in ihr Gemach erkannte sie, dass es Scham war.
7. KAPITEL
Keiner schien etwas dabei zu finden, dass eine frühere Magd jetzt am Kopf der Tafel saß. Andererseits zeigte bei vielen von denen, die dicht gedrängt in der Halle saßen, das freigiebig ausgeteilte Bier bereits seine Wirkung. Durch die gutmütige Eintracht der Versammelten und durch deren gute Laune verlor Olivia bald ihre Befangenheit.
Der Stallmeister, er hieß Perrin, war zum Zeremonienmeister auserkoren worden. Er war ein hochgewachsener, drahtiger Bursche mit großem Einfallsreichtum, der die ganze Gesellschaft im Nu in ausgelassene Späße verwickelte. Dass er solch einen Vorrat an Unterhaltung parat hatte, machte Olivia misstrauisch. „Habt Ihr das alles mit ihm so vereinbart?“
„Und wenn? Ich glaube nicht, dass das irgendjemanden allzu sehr kümmert.“
Olivia dachte darüber nach. „Er scheint ganz ausgezeichnet zu sein.“
„Das sollte er auch. Ich gab ihm ganze zwei Wochen Zeit, seine Spiele vorzubereiten.“
Überrascht von seinem unbekümmerten Geständnis, musste Olivia lachen. Will lächelte auf eine Weise, die ihr Innerstes in Aufruhr versetzte. Auch wenn sie nicht ganz verstand, wie er sie durch seinen Blick durcheinanderbringen konnte, gefiel es ihr.
Sie verspürte Gewissensbisse. Er hatte ihren Streit schnell vergessen und seine übliche gute Laune wiedererlangt. Wirklich, er ist ein außergewöhnlicher Mann, dachte sie. Und sie hatte ihn falsch eingeschätzt.
Sofort nachdem sie ihn verlassen hatte, hatte sie ihren Entschluss, ihm ihre Lage nicht anzuvertrauen, auch schon bereut. Was für eine große Erleichterung wäre es, wenn es da noch jemanden gäbe, der diese Bürde mit ihr teilte.
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