Historical Weihnachten Band 04: Zeit der Hoffnung, Zeit der Liebe? / Mein Engel der Weihnacht / Ein Weihnachtsmärchen in London
erwiderte er: „Ich hatte nicht vor, mich bei Ihnen anzubiedern. Ich habe selbst eine Schwäche für Hunde und Katzen, selbst eine Naschkatze wie Ihre.“ Er wagte ein Lächeln.
Das sie allerdings nicht erwiderte. Stattdessen ließ sie den Blick über ihn schweifen.
„Sie sind ganz nass“, sagte sie, als bemerkte sie es erst jetzt. Tobias glaubte fast, ein wenig Mitgefühl in ihrer Stimme zu hören. „Möchten Sie etwas trinken?“
Er zögerte. Er trank nur selten, und heute hatte er bereits einmal die Kontrolle über sich verloren. Natürlich würde es keinen weiteren Kuss geben wie den eben, dazu war er entschlossen. Er fragte sich aber insgeheim, warum dieser Gedanke eher Wehmut als Erleichterung in ihm hervorrief.
Am Ende schüttelte er den Kopf. „Ich möchte mich Ihnen auf keinen Fall aufzwingen.“
„Das überlegen Sie sich reichlich spät, meinen Sie nicht?“ Sie erhob sich und winkte mit ihrer schlanken Hand ab, als er etwas erwidern wollte.
Tobias dachte unwillkürlich daran, wie ihre zarten Finger sich auf seiner Haut angefühlt hatten. Er neigte den Kopf. „Ein Glas Sherry wäre angenehm, wenn Sie welchen haben.“
Sie schnaubte wenig damenhaft. „Mein Vater war Schotte, Mr Templeton, und meine verstorbene Mutter Irin. Whisky ist das einzige alkoholische Getränk, das wir immer im Haus hatten, und zwar Scotch Whisky von den Destillerien in Dinwiddie Diddle.“
„Dinwiddie Diddle?“, wiederholte er, halb geneigt zu glauben, dass sie sich einen Scherz mit ihm erlaubte.
Sie antwortete mit einem feierlichen Nicken, als handle es sich bei dem albern klingenden Ort um die elysischen Gefilde. „Es ist ein kleines Dorf in den schottischen Lowlands, das bekannt ist für seine Destillerien und die hohe Qualität seines Whiskys. Mein Vater wurde dort geboren, und angeblich habe ich dort noch immer Verwandte.“
Sie hielt mit leicht unsicherem Gang auf eine Anrichte zu, und plötzlich erkannte Tobias, warum sie vorhin darauf bestanden hatte, dass er vor ihr die Buchhandlung betrat. Miss MacPherson hinkte, wenn es ihr auch bis jetzt sehr gut gelungen war, es vor ihm zu verbergen. Um ihr weitere Schritte und unnötige Verlegenheit zu ersparen, gesellte er sich zu ihr an die Anrichte.
„Waren Sie noch nie dort?“, fragte er, dachte aber an den Unfall, den ihr Vater vor fünf Jahren erwähnt hatte.
Sie wandte ihm den Rücken zu, während sie einschenkte. „Nein.“
„Vielleicht wollen Sie in nächster Zeit hinfahren?“ Sobald er ihr die fünftausend Pfund auf ihre Bank überwiesen ließ, konnte sie es sich leisten, die ganze Welt zu bereisen.
Ohne ihn anzusehen, drehte sie sich um und reichte ihm ein Glas. „Ich denke nicht.“
Ihre Fingerspitzen berührten sich, und Tobias wurde von einer seltsamen Hitze erfasst, die ihm den Atem nahm. Gewiss, seine Haut reagierte empfindlicher auf Wärme und Berührungen als die der meisten Menschen, doch auch Miss MacPherson atmete plötzlich schneller. Vielleicht ein Zeichen, dass sie etwas Ähnliches empfunden hatte wie er.
Sie hob ihr Glas, das mindestens ebenso voll war wie seins. „Sláinte“, sagte sie mit leicht bebender Stimme, zumindest kam es Tobias so vor.
Auch er hob sein Glas zum Toast und empfand auch selbst alles andere als Gelassenheit. „Auf Ihr Wohl.“
Sie nahmen in zwei Sesseln neben dem Kamin Platz. Wie auch alles andere in der Buchhandlung wiesen die hübschen Kissen mit der Gobelinstickerei deutliche Abnutzungserscheinungen auf. Doch Tobias fand es eher gemütlich als schäbig. Hier in ihrem lauschigen kleinen Salon – seinem Salon, müsste man wohl jetzt sagen – könnte er fast glauben, dass er nur einen kleinen Höflichkeitsbesuch abstattete. Fast.
Miss MacPherson war offenbar eine wahre Whiskykennerin. Sie wärmte das Glas zwischen den Handflächen, schwenkte die Flüssigkeit geschickt und hob sie dann an die Nase. Das Aroma gefiel ihr offensichtlich, denn ihre Züge entspannten sich, und sie verzog den sinnlichen Mund zu einem kleinen Lächeln – dem verzückten Lächeln einer zutiefst befriedigten Frau. Tobias sah ihr fasziniert zu und fragte sich insgeheim, ob sie nach dem Liebesspiel wohl dieselbe Miene aufsetzen würde. Sofort rief er sich zur Ordnung. Solche lasziven Gedanken konnte er sich nicht erlauben, nicht, wenn der Aristoteles fast schon in Reichweite war.
Um sich abzulenken, folgte er ihrem Beispiel und schwenkte den Whisky im Glas, bevor er ihn an die Nase hielt. Er fand den Duft etwas beißend,
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