Historical Weihnachten Band 6
hatte nie an das Schicksal geglaubt, aber der Traum von gestern verstörte ihn noch immer. Die Bilder verfolgten ihn selbst jetzt noch, und mochte er auch dagegen ankämpfen, er sehnte sich danach, der Mann in dem Traum zu sein.
Noels Gatte.
Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Benedick Sehnsucht nach etwas, das nicht durch Macht oder Reichtum erlangt werden konnte und das weder seine Kassen füllen noch sein Ansehen mehren würde.
Trotz all seiner vorausgegangenen Schwüre wollte er Noel zu seiner Frau machen. Dagegen sprach allerdings der Verdacht, dass er ihr damit keinen Gefallen erweisen würde.
Obwohl Noel überzeugt zu sein schien, er sei in seinem tiefsten Innern ein guter Mensch, war Benedick selbst sich da gar nicht so sicher. Auch wenn er versuchte, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, war sie ein Teil von ihm, und er konnte nichts gegen das Gefühl ausrichten, dass Noel etwas Besseres verdient hatte als einen von den Schlachten müden Ritter. Und so war er weiterhin entschlossen, sich ihr zu ihrem eigenen Nutzen zu entziehen. Gerade deswegen wollte er sich besser fühlen.
Bis jetzt hatte er damit keinen großen Erfolg.
Noels helle Stimme riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Er sah auf und entdeckte, dass sie sich zu ihm hinüberlehnte. Sie kam ihm viel zu nahe. „Benedick, Ihr müsst auch mitspielen“, forderte sie ihn auf. Ach, was würde er nicht gern alles mit ihr spielen … Benedick richtete sich in seinem Stuhl auf und nahm das Stück Papier entgegen, das sie ihm reichte. Eine lebhafte Gruppe versammelte sich rund um den Tisch, um sich das Tintenfass zu teilen, das sie in die Mitte stellte.
„Jetzt müsst Ihr Euch irgendjemanden in der Burg aussuchen und sein – oder ihr – Schicksal aufschreiben“, wies sie ihn mit schelmischem Lächeln an. „Dann rollt es zusammen und bindet ein Band darum.“
„Schicksal?“, fragte Benedick zweifelnd.
„Ja, natürlich. Das neue Jahr hat begonnen, jeder will wissen, was es für uns bereithält. Also machen wir Vorhersagen über kommende Ereignisse – und füreinander. Das ist …“
Benedick hob eine Hand. „Ich weiß, ich weiß. Eine Tradition.“ Aber er war längst nicht mehr so verärgert darüber wie früher. Als Noel fröhlich über seine griesgrämige Antwort lachte, stieg jene Wärme in ihm auf, die er sonst nur in seinen Träumen erlebte. Es war ihm, als hätten er und Noel viel mehr als nur noch einen Tag zusammen vor sich. Sie scherzten miteinander trotz der Spannungen, die sich manchmal zwischen ihnen ergaben, und Benedick merkte, dass er sich in ihrer Anwesenheit wohler fühlte als in der von irgendjemandem sonst. Es fühlte sich einfach gut an. Vertraut. Wie das Zuhause, das er bisher nie hatte.
Benedick schüttelte über sich selbst den Kopf, griff nach dem Papier und sagte für einen gewissen Knappen, der die Feiertage viel zu sehr genossen hatte, jede Menge Arbeit in den kommenden Monaten voraus. Dann lehnte er sich zurück, bis die anderen fertig waren. Einige schrieben mit großer Anstrengung, andere mit leichter Hand, und Benedick nahm Alards eingebildetes Grinsen mit Missfallen zur Kenntnis. Er konnte nur hoffen, dass das, was der Knappe da schrieb, nicht zu derb für Noels Ohren war.
Noel sammelte die Rollen ein und verteilte sie erneut. Als sie ihm eine dicke Rolle mit einem roten Band überreichte, musterte er sie aufmerksam. Es schien, als würde sie die Papierrollen nach dem Zufallsprinzip verteilen, aber er fragte sich misstrauisch, ob sie für ihn eine besondere Vorhersage bereitgehalten haben mochte. Er war sich nicht sicher, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er an diesem außergewöhnlichen Spiel nicht teilgenommen hätte.
Die ersten Schicksale, die vorgelesen wurden, waren harmlos. Eine reiche Ernte, eine fette Geldbörse und ein gut aussehender Fremder waren verschwommene Prognosen genug, um jene zu erfreuen, die sie vorlasen. Alard spottete über die Vorhersage für ihn, und Hardwin begrüßte die Prophezeiung, in Zukunft weniger Pflichten übernehmen zu müssen, mit Erleichterung. Als Noel an die Reihe kam, sah Benedick sie scharf an.
Der gestrige Traum machte ihm immer noch zu schaffen, die Vorhersagen darin waren ihm viel zu lebendig gewesen, und er hatte plötzlich den Drang, ihr das Stück Papier aus den Händen zu reißen und in die Flammen zu werfen.
Noel löste das Band mit einem Lächeln, entrollte das Papier und begann vorzulesen. „Du wirst einen Mann heiraten, tapfer und
Weitere Kostenlose Bücher