Historical Weihnachten Band 6
bringen kann, mich zu begehren. Aber die Versuchung war für mich selbst hundertmal größer als für dich. Die Dinge entwickelten sich zu schnell, zu stürmisch, und ich konnte nicht mehr aufhören.“
„Und doch hast du es getan.“ Sie stand auf und kam einen Schritt auf ihn zu. „Es war mein erster Kuss, und du hast mittendrin aufgehört, so, als hätte er dir nichts bedeutet.“
Sein Herz schlug heftig in seiner Brust. Seine Zähne waren so fest aufeinandergebissen, dass sie am nächsten Morgen sicher zu Staub zermahlen wären, und es kostete ihn einige Mühe, die Kiefer weit genug zu öffnen, dass er sprechen konnte.
„Du hast mir etwas bedeutet.“ Er berührte sie nicht, obwohl sie jetzt nahe genug stand, dass er nur den Arm auszustrecken bräuchte. Wenn er sie jetzt anrührte, würde er nicht mehr aufhören können, bis er ihr auch den letzten Fetzen Kleidung vom Leib gerissen hätte. „Dieser Augenblick, nur wir beide, war zu wichtig. Ich konnte dich nicht einfach küssen, ohne dir die Wahrheit zu sagen. Es war schlimm genug, dass ich es überhaupt so weit hatte kommen lassen. Aber ich konnte es dir nicht antun, mich so zu küssen, ohne dass du weißt, wen du da mit Küssen bedeckst.“
Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen und schienen in der Dunkelheit seinen Blick zu suchen. Er konnte ihre Züge jetzt deutlicher erkennen, da sie näher herangekommen war und seine Augen sich an das schwache Licht gewöhnt hatten. Der blumige würzige Duft ihrer Seife hing in der Luft, so deutlich, dass er sich vorstellen konnte, wie ihre nackte Haut unter der wollenen Decke schmecken würde.
„Wenn ich gewusst hätte, dass du es bist, den ich küsse … hättest du dann auch aufgehört?“ Ihr Atem ging schnell und flach. Sie öffnete leicht die Lippen.
„Warum probierst du es nicht einfach aus, was ich tun würde?“ Er hob eine Hand an ihre Wange, streichelte über die helle, weiche Haut. So, wie er es schon einmal getan hatte. So, wie er es noch Millionen Male in seinem Leben tun wollte.
An ihrem Mund hielt er kurz inne, fuhr dann ihre weichen, vollen Lippen nach und betete um die nötige Zurückhaltung, Helene zu ihm kommen zu lassen.
Helene hatte sich heute von ihrem Ehemann Antworten gewünscht, und sie erhielt sie jetzt. In seinen Augen. In dem, was er sagte. Aber die wichtigste Frage blieb: Würde er all die unausgesprochenen Träume wahr werden lassen, die seit der letzten Nacht in ihrem Kopf spukten?
Konnte er diesen Hunger in ihr stillen, von dessen Existenz sie bis vor Kurzem nicht einmal geahnt hatte?
Sie wollte keine Angst mehr vor Léod haben. Viel lieber wollte sie in dem Mann, den sie geheiratet hatte, ihren geheimnisvollen Fremden wiederfinden. Aber dazu musste sie sich erst einmal in die Höhle des Löwen wagen: Sie musste ihn küssen. Und die letzte Raunacht, ihre Hochzeitsnacht, erschien ihr dafür der beste Zeitpunkt.
So hoch sie konnte, hob sie sich auf die Zehenspitzen, umklammerte fest die Decke um ihre Schultern und presste ihre Lippen auf seine. Ganz sacht zunächst, dann, als ob ihr Mund den seinen wiedererkannt hätte, wurde der Kuss inniger. Heißer. Leidenschaftlicher.
Sie seufzte auf, öffnete leicht die Lippen, wollte ihn schmecken. Es war, als wäre der heutige Tag nie geschehen; sie war wieder bei ihm im Brauhaus, ihr Herz und ihr Körper standen gleichermaßen in Flammen. Nur befanden sie sich diesmal in unmittelbarer Nähe eines Betts, und sie könnte jederzeit die Decke fallen lassen, sobald der richtige Moment gekommen war.
„Helene.“ Er stöhnte ihren Namen an ihren Lippen, legte die Arme um sie und zog sie an sich. Hitze durchfuhr ihren Körper, flammte auf wie ein Holzscheit, der angeblasen wird.
Er begehrte sie, daran konnte kein Zweifel mehr bestehen. Und sie hatte vor, jeden Moment dieses Begehrens zu genießen.
„Léod.“ Leise sagte sie seinen Namen, probierte aus, wie er auf ihrer Zunge schmeckte. Sie wusste, dass er ihn hören wollte. Er wollte, dass sie mehr in ihm sah als nur seine körperliche Stärke, seine Wildheit. „Heute Nacht können wir nicht davonlaufen.“
„Genau aus dem Grund haben wir unsere Gelübde abgelegt.“ Er hob sie hoch, sodass ihre Körper auf gleicher Höhe waren, Hüfte an Hüfte, Brust an Brust. Seine Männlichkeit stieß gegen ihren Bauch; sein dünnes Beinkleid vermochte den harten Schaft nicht zu bändigen. Als Helene sich erschauernd daran rieb, fühlte sich die Bewegung so gut an, dass sie es gleich noch
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