Historical Weihnachtsband 1990
Stimmen, das Geschnatter, das Lachen und die Liebe würden in eins zusammenfließen. In der Christmette würden sie alle daran erinnert werden, daß es Weihnachten war, weil ein kleines Kind geboren ward, um die Welt von Tod und Leiden zu befreien. Und irgendwie würde er dann, wie düster der Augenblick auch erscheinen mochte, seinen Glauben an die Menschheit wiedergewinnen. Sogar jetzt und hier, weit von zu Hause wußte er, daß Weihnachten ihm immer wieder davon überzeugen würde, daß die Liebe eines Tages wiederkommen würde. Er wünschte sich nur, er wäre zu Hause.
Die Männer sangen nicht mehr. Im Haus war es still geworden. Travis setzte den Kognakschwenker auf den Tisch, stand auf und streckte sich. Auf dem Schreibtisch lag ein Haufen Landkarten, aber das hatte bis zum anderen Morgen Zeit.
Er fand Peter in der Eingangshalle, wo er die letzten Kristallgläser in ein geschnitztes Holzregal an der Wand zurückstellte. „Oben, Captain. Wir haben Ihnen die Große Suite gegeben, dritte Tür rechts."
„Danke, Peter. Und Sikes?"
„Er ist schon rauf, Sir. Dachgeschoß, erste Tür links."
„Ein großes Haus, Peter."
„Nun ja. Mußte es sein — vor dem Krieg. Jede Menge Partys damals, Vettern und Kusinen kamen aus der ganzen Umgebung und blieben übers Wochenende.
Besonders um diese Zeit zu Weihnachten ..."
Peters Stimme verlor sich. Travis klopfte dem Mann auf die Schulter. „Wir alle haben schon schönere Weihnachten erlebt, Peter. Gute Nacht."
Travis stieg die Treppe hinauf und fand die Tür zu seinem Schlafzimmer. Die Große Suite. Es war ein riesiger Raum mit einem Himmelbett an der gegenüberliegenden Wand, zwei große Kommoden, einem Sekretär vor dem Fenster und einem Tisch aus Kirschbaumholz mit einem hübsch gepolsterten französischen Armsessel daneben am Kamin.
Er hängte Säbel und Scheide über einen Stuhl und hakte dann die Paspelverschlüsse seiner Uniformjacke auf, die er ebenfalls über den Stuhl warf. Es folgte das Hemd.
Dann setzte er sich, um Stiefel und Socken auszuziehen, ehe er sich aus den Breeches schälte. Normalerweise hätte er sich in seiner langen Unterwäsche schlafen gelegt, doch da war ein kleiner Waschständer mit einer großen Kanne Wasser und einer Schüssel neben einer der Kommoden, deshalb zog er sich, nachdem er festgestellt hatte, daß das Wasser noch ein klein wenig warm war, ganz aus. Auch ein Stück Seife lag da, ganz bestimmt von Peter dort hingelegt und nicht von seiner Gastgeberin, dessen war er sich sicher, aber es spielte ja auch keine Rolle.
Er schrubbte sich ab, so gut es eben ging, und ließ sich dann zitternd vom Kaminfeuer trocknen, bevor er ins Bett schlüpfte. Es war nicht genauso gut wie zu Hause, aber es hatte eine weiche Matratze und ein noch weicheres Kopfkissen. Es war in der Tat so bequem, daß er fast befürchtete, nicht einschlafen zu können.
Travis hatte die Augen geschlossen und war schon fast eingenickt, als er das Geräusch hörte. Er riß die Augen auf, machte sie aber gleich wieder zu, um sie dann nur einen winzigen Spalt zu öffnen. An den Wänden tanzte der Feuerschein des Kamins, und einen Moment wußte er nicht, was er gehört hatte. Die Tür zum Korridor war es jedenfalls nicht gewesen.
Aber er war nicht allein im Raum, das spürte er.
Travis wartete. Dann nahm er den schwachen Rosenduft ihres Parfüms wahr und wußte, daß sie in sein Schlafzimmer eingedrungen war, obwohl er sich nicht recht vorstellen konnte, zu welchem Zweck sie das getan haben sollte. Durch den Schleier seiner Wimpern konnte er sie ausmachen. Ihr üppiges blondes Haar war gelöst und floß ihr in goldenen Kaskaden über Schultern und Rücken. Sie trug etwas Weiches, Bodenlanges, Flanellartiges. Doch der Feuerschein scherte sich nicht um die Züchtigkeit ihres Gewandes, sondern stellte, indem er schamlos durch den Stoff hindurchschien, die verlockende Schönheit ihrer Figur heraus. Sie besaß hoch angesetzte, feste Brüste und eine schlanke, verführerische Taille, unter der sich Hüften und der Po provokativ hervorwölbten. Außerdem hielt sie etwas in der Hand: ein Messer. Und sie stand unmittelbar neben dem Bett.
Da ließ Travis bereits seine Rechte unter der Bettdecke hervorschnellen, ergriff ihr Handgelenk und zog sie ruckartig zu sich herab. Isabelle Hinton ließ ein überraschtes Keuchen hören, schrie aber nicht. Ihre graugrünen Augen begegneten den seinen zwar mit einer gewissen Furcht, die sie verzweifelt zu tarnen suchte, aber ohne eine
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