Historical Weihnachtsband 1991
Haus? Lieutenant-Colonel Ross, Sir, melde, daß ich alles tun werde, was Sie befehlen."
„Danke, Zivilfreiwilliger Tim McGowan."
„Tim, ich möchte unter keinen Umständen, daß du, ich meine, daß wir den Männern, vor allem dem Lieutenant-Colonel, dauernd im Weg herumstehen." Beth nahm einen Kerzenleuchter von der Anrichte und schob Tim vor sich her zur Treppe, ohne auch nur noch einen Blick zurückzuwerfen. Sie ließ Jerrod Ross einfach stehen.
Er schaute ihr nach. Sie fühlte seinen Blick auf sich, während sie den widerstrebenden Jungen von Stufe zu Stufe drängte.
Gleichzeitig wurde Beth aber auch bewußt, daß sie beim Gehen leicht in den Hüften schwang und ihre Schenkel brannten, wenn sie aneinanderrieben. Oben schickte sie Tim schnell zu Bett und schloß sich in ihrem Schlafzimmer ein, stellte sogar noch einen Stuhl unter die Klinke, daß man sie nicht niederdrücken konnte. Nicht genug damit, daß sie sich als Gefangene im eigenen Haus vorkam, sie war auch ein hilfloser Spielball ihrer widerstreitenden
Gefühle. Der bloße Argwohn, Jerrod könne sich von Hintergedanken haben leiten lassen, sie zu umwerben, verwirrte sie völlig.
Nein, morgen würde sie ihm zeigen, wer hier Herr im Hause war, und daß sie sehr wohl imstande war, auch ihre Empfindungen und Sehnsüchte zu beherrschen. Damit streifte sie nur die Schuhe und den Unterrock ab und kroch zwischen die eiskalten Bettlaken.
Anfangs war sie noch ganz erhitzt von der Tändelei mit Jerrod und ihrer darauffolgenden Auseinandersetzung. Erst viel später, als sie nicht schlafen konnte und immer wieder auf die Geräusche von unten horchte, begann sie zu frieren und wünschte, sie hätte sich eine Bettpfanne zurechtgemacht.
In der Diele knarrte eine Bohle des Fußbodens. Jerrod? Aus weitgeöffneten Augen blickte Beth in die Dunkelheit. Doch alles blieb still. Nur der Wind rüttelte manchmal an einem Fensterladen und wehte heulend ums Haus.
Schließlich glitt Beth in einen unruhigen Schlummer hinüber. Dabei wünschte sie sich, so sehr sie ihr törichtes Herz auch dafür schelten mochte, daß Jerrod sie warm und fest in die Arme nahm und wärmte.
3. KAPITEL
Am nächsten Morgen war der Himmel stahlgrau. Eiskristalle formten sich in der bitterkalten Luft. Jerrod war längst zur Stadt geritten. Beth beeilte sich, für Tim und sich selbst das Frühstück zu bereiten und früh an die Hausarbeit zu gehen.
Keineswegs sollte Jerrod den Eindruck bekommen, sie drängte sich ihm und seinen Leuten auf, und sie wollte ihm tunlichst aus dem Weg gehen.
Wie hatte sie nur überhaupt davon träumen können, ihm etwas zu bedeuten? Die innere Stimme quälte sie, der Gedanke nagte an ihr, daß sie im tiefsten Herzen immer noch wünschte, Jerrod könnte es doch ehrlich gemeint haben, seine Gefühle, seine Berührung und sein Kuß könnten aufrichtig gewesen sein. Mochte er sich auch laut Plan bei ihr einquartiert haben, vielleicht ging es ihm eigentlich darum, in ihrer und Tims Nähe zu sein und sie zu beschützen. Trotz der unbedingten Treue zur Fahne, auf die er geschworen hatte, wäre es doch möglich, daß Beth McGowan Jerrod Ross mehr war als ein Steinchen in einem militärischen Mosaik.
Natürlich würde sie nichts von diesen Hoffnungen, Wünschen und Sehnsüchten zum Ausdruck bringen, wenigstens nicht jetzt, da die Dinge zwischen ihnen nicht gerade erfreulich standen. Schließlich war sie nicht irgendeine unwissende Bürgersfrau, eher eine Verbündete, eine Patriotin, und er hätte sie nicht anlügen müssen, um bei ihr Quartier zu nehmen. Sie wäre stolz und glücklich gewesen, ihn zu beherbergen, zu umsorgen, für ihn zu kochen. Es mißfiel ihr dagegen außerordentlich, sozusagen zur Köchin und Dienstmagd für die Lieutenant-Colonel und seine Soldaten beordert zu werden.
Und schon gar nicht war Beth entzückt, dem Offizier als billiger Zeitvertreib zu dienen, denn genau das befürchtete sie nun wieder. Nein, sie würde dieser Leidenschaft für ihn nicht nachgeben, mochte sie in ihrem Innern noch so toben und sie foltern. Elizabeth McGowan hatte auch ihren Stolz.
Gewohnheitsmäßig verrichtete sie die anfallenden Arbeiten. Dabei schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Jerrod Ross, ertappte sie sich dabei, daß sie lauschte, ob nicht Hufschlag zu hören wäre. Als der Lieutenant-Colonel endlich erschien und ihr höflich seine Leute vorstellte, als handelte es sich dabei um eine gesellschaftliche Angelegenheit, freute sich Beth doch sehr über das
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