Historical Weihnachtsband 1991
Vereinigung hinauszuschieben? Andere warteten bestimmt nicht bis zum Kriegsende, um mit einer Frau, die sie begehrten, ins Bett zu gehen, benutzten die Lebensgefahr, in der jeder Soldat nun schwebte, sogar als Freibrief, sich jede Lust zu nehmen.
Nein, Jerrod Ross würde die Frau, die er liebte, nicht mit einem weiteren Kind neben Tim zurücklassen. Sie hatte schon genug zu tragen. Und ihn würden das Pläneschmieden für eine gemeinsame Zukunft aufrecht halten in den langen einsamen Monaten, die er fern von Beth würde verbringen müssen.
Nicht daß er sie nicht am liebsten jetzt gleich hätte haben wollen. Was, wenn er fiele, ohne sie besessen zu haben? Unwillkürlich schien es ihm ganz unmöglich, zu sterben. Nicht er, gewiß nicht. Trotzdem war es vielleicht unsinnig, nicht eins zu werden, wenn keiner wußte, ob sie einander jemals wiedersehen würden. Hol der Teufel Tugend und Verantwortungsbewußtsein!
Jerrod Ross konnte nicht ahnen, daß Beth ähnliche Gedanken im Kopf herumgingen.
Sie sah sich demselben Problem gegenüber und fand keinen gangbaren Ausweg aus diesem Zwiespalt zwischen Liebe und Pflicht, Sehnsucht und Ehrbarkeit. Wenn sie ihr Glück allzulang hinauszögerten, liefen sie da nicht Gefahr, es für immer zu verspielen? Einen Atemzug lang wünschte sich Beth, daß sie noch in diesem Jahr heiraten könnten, sobald die drei Wochen für das öffentliche Aufgebot vorbei wären. Andererseits würde sie den Tod eines zweiten Ehemannes kaum überwinden.
Jerrod drehte Beth zu sich herum. Sie hob ihm die Lippen bereitwillig entgegen, überließ sich der Gewalt, die von seiner Berührung ausströmte. Beglückt atmete Beth den süßen Duft der Gewürznelken ein und den Geruch des Mannes, den sie liebte. Nicht nur von seinem starken, sehnigen und muskulösen Körper fühlte sie sich so angezogen. Ihre Liebe ging viel tiefer, wurzelte irgendwo im Unbewußten, im Unendlichen. Und sie konnte nur hoffen, beten, daß nichts Feindliches jemals zwischen sie und Jerrod Ross treten würde.
4. KAPITEL
Am Morgen vor Weihnachten saßen Beth und Jerrod noch etwas länger am Frühstückstisch zusammen. Die drei neuen Soldaten, die der Colonel aus Berwyn gebracht hatte, waren bereits draußen, und Tim begann, sich mit dem jüngsten von ihnen anzufreunden. Endlich brach Jerrod das Schweigen und stand auf.
„Ich werde mich noch vergewissern, daß die Straßensperre bei der Brücke wieder in Ordnung ist. Man sollte zwar meinen, daß die britischen Rotröcke vernünftigerweise so nahe vor dem Fest in der Nähe der Stadt bleiben, aber wer weiß das schon?"
„Soll ich nicht noch einmal nach deinem Arm sehen?" erkundigte sich Beth besorgt.
„Später, wenn ich dann wiederkomme. Sollte nicht Unvorhergesehenes eintreten, verspreche ich dir, daß ich abends dasein werde, um mit dir und Tim zu feiern."
Beth nickte und erhob sich. Dieses Wort würde Jerrod Ross gewiß halten. Doch wie stand es mit der Zeit danach? Hatte er ihr für die Zukunft ein wirkliches Versprechen gegeben? Wenn nur dieser Krieg schnell vorüberginge und sie mit Jerrod alle Stunden gemeinsam verbringen könnte. Dann müßte er später nur hinaus, um über die Felder zu reiten oder durch die Obstgärten zu schlendern. Warum konnte General Washington seinen besten Offizier nicht im Frühling hier lassen, wenn die Truppen von neuem in die Schlacht zogen? Das war natürlich ein törichter Wunsch.
Der Platz Jerrod Ross' war bei seinen Leuten, so, wie der ihre hier war bei Tim auf der Farm, die ihm einmal gehören würde und für die Beth McGowan allen Anfechtungen standhalten wollte, um sie ihm zu erhalten.
Warum freilich sollten sie deshalb nicht miteinander Pläne für die Zukunft schmieden? Wie könnte Beth dann die wenigen gemeinsamen Morgen und Abende genießen, sich viel sicherer fühlen, wenn sie die Hoffnung auf ein Leben mit Jerrod hätte, sobald Amerika nicht mehr unter den britischen Truppen zu leiden hätte! Es wäre gewiß auch leichter, allein zu sein und zu warten.
Beth nahm sich vor, allen Mut zusammenzuraffen, und hoffte, Jerrod dazu zu bringen, wenigstens den festen Boden für eine dauernde Bindung zu legen, nachdem er ihr seine Liebe gestanden hatte.
In der vergangenen Nacht hatte sie über die Zukunft nachgedacht, für die sie nichts in Händen hatte als ein „Ich liebe dich". Dabei wünschte sie sich nach diesen allzu kurzen Tagen, die sie hier mit Jerrod Ross verbringen konnte, viel mehr als nur ein vages Geständnis. Sie hatten
Weitere Kostenlose Bücher