Historical Weihnachtsband 1992
könnten vielleicht zurückkommen . . ."
„Aber Mama . . ."
„Bitte, Schatz. Tu, was ich dir sage."
Sara brauchte ein wenig Zeit, um mit ihrem Mann allein zu sein, denn er war mittlerweile aufgewacht. Becky brauchte das erste Gespräch nicht unbedingt zu hören. Das Kind bekam schon genug von diesem schrecklichen Krieg mit.
„Was ist passiert, Robbie? Wie bist du ihnen entkommen?" Er stöhnte nur und betastete die langsam anschwellende Beule an seinem Hinterkopf. Sara zog ein Nachthemd aus der Truhe am Fußende. „Zuerst haben wir gehört, daß sie dich gefangengenommen hätten. Und dann hieß es, du wärst tot und . . ." Sie schluckte heftig und vergrub für einen Moment
das Gesicht in in dem nach Lavendel und Zedernholz duftenden Flanellhemd. „Oh, Robbie . . ."
„Wa . . . Was ist los?" murmelte er.
Das war das erste, was er nach mehr als zwei Jahren zu ihr sagte. Auch wenn seine Worte nicht gerade romantisch klangen, war ihr zumute, als hätte sie nie in ihrem Leben etwas Wunderbareres gehört.
„Das frage ich dich", entgegnete sie zärtlich und beugte sich über ihn, um seine Verletzung zu untersuchen. „Groß wie eine Pflaume", murmelte sie. „Oh, je, wenn ich daran denke, daß ich am liebsten einen noch härteren Stock genommen hätte.
Ich hole dir einen kalten Lappen, und dann müssen wir diese schreckliche Uniform loswerden. Es war wohl die einzige Möglichkeit, ihnen zu entkommen. Aber jetzt, wo du wieder zu Hause bist. . ."
Diese Männer durften auf keinen Fall herausbekommen, wer er wirklich war.
Vielleicht erzählte er ihr später mehr, wenn es ihm besserging. Im Augenblick zählte nur, daß er wieder da war. Und wenn diese Blauröcke es wagen würden, ihn zurückzuholen, stellte sie sich ihnen persönlich mit dem Gewehr in den Weg.
Sie knöpfte den Uniformrock auf und empfand eine merkwürdige Verlegenheit, während sie ihm das Kleidungsstück abstreifte. Als nächstes löste sie seine Hosenträger. Dann griff sie nach den Hosenbeinen und begann zu ziehen. Er mußte unbedingt diese Uniform loswerden.
Der Mann auf dem Bett fühlte sich von dem Schlag auf den Kopf immer noch benommen. Er hatte keine Ahnung, wovon die Frau da redete. Und noch weniger wußte er, wer sie eigentlich war. Sie sah eigentlich nett aus, obwohl ihre Augen gerötet waren und die Haare zerzaust. Trotzdem hatte sie nicht das Recht, ihm die Hosen auszuziehen. Naja, unter anderen Umständen hätte er ihre Aufmerksamkeit vielleicht mehr geschätzt, doch im Augenblick platzte ihm vor Schmerzen fast der Schädel, und er sah alles doppelt. Dann erinnerte er sich vage an irgendeinen Tisch. Es war jedenfalls etwas Wichtiges .. .
„Tisch", murmelte er und runzelte die Stirn.
„Ja, das war die andere Sache, wegen der ich dich fragen wollte. Doch das kann warten. Möchtest du jetzt etwas essen?"
Er schüttelte den Kopf und verzog dabei das Gesicht. Was war nur geschehen? Bei dem, was die Frau ihm gerade auszog, handelte es sich ohne Zweifel um eine Uniform. Womit klar war, daß er Soldat sein mußte. Offizier sogar, dem Rock nach zu urteilen, den sie über die Stuhllehne gehängt hatte.
„Robert, haben sie dich mißhandelt? Im Gefängnis, meine ich. Hast du Schmerzen?"
Zum Kuckuck, natürlich hatte er Schmerzen. Irgend jemand hatte wohl versucht, ihm den Schädel zu spalten.
Robert. Er probierte den Namen aus. Irgendwie hörte er sich nicht richtig an. Aber er hieß wohl so. „Kopf tut weh", brachte er dann mühsam hervor.
Und dann war sie gleich wieder bei ihm, geschäftig, redselig und aufgeregt. Sie hatte ein angenehmes Wesen und gefiel ihm, mit ihrem hellbraunen Haar, den dunkelgrauen Augen und dem Duft aus einer Mischung von Holzrauch, Seife, Veilchen und Frau.
Sie tastete seine Schultern ab. „Tut es hier weh?" Er verneinte brummend. „Und hier?" Dabei bewegten sich ihre kleinen geschickten Hände schnell seine Arme entlang und strichen dann leicht über seine Oberschenkel. Er hielt den Atem an . . .
„Ja, das tut weh. Sie haben dich an den Beinen verletzt. Oh, Robbie ..."
Er faßte nach ihren Händen und entfernte sie energisch von seinem Körper. „Frau, meine einzige Verletzung ist die Stelle am Kopf. Und ich glaube langsam, daß . . ."
Die Tränen quollen ihr wieder unter den dichten Wimpern hervor und rollten über die blassen Wangen. „Oh, Liebling, es tut mir so leid. Aber wie hätte ich denn wissen sollen, daß du es bist? Die Uniform und diese anderen Männer. Und sie schöpfen auch
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