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Historical Weihnachtsband 1992

Historical Weihnachtsband 1992

Titel: Historical Weihnachtsband 1992 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ERIN YORKE , BRONWYN WILLIAMS , Maura Seger
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einiges zu erledigen: das Manuskript abzuliefern und Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Es war töricht, sich über Mr. Lowells gehässige Bemerkungen aufzuregen.
    Leider konnte sie sich diese Gedanken nicht so einfach aus dem Kopf schlagen. Der Mann schien all das zu repräsentieren, was sie an ihrer eigenen gesellschaftlichen Klasse am meisten verabscheute: die engstirnige Überzeugung, daß diejenigen, die durch ihre Geburt priviligiert waren, am besten wüßten, wie ihre weniger glücklichen Mitmenschen ihr Leben einrichten sollten. Dabei waren gerade diese Leute fähig, aus Arroganz und Habsucht Fehler zu machen mit schrecklichen Folgen für die, die am wenigsten dafür konnten.

    Schluß mit diesen trübsinnigen Überlegungen. Cornelia bemühte sich, das Ganze zu vergessen, und machte sich auf den Weg. Sie ging zu Fuß, weil sie sich nicht gern in einem Mietwagen durchrütteln ließ. Sich in New York eine private Kutsche zu halten war ihrer Meinung nach der Gipfel an Extravaganz.
    Peter Lowells Gedankengänge bewegten sich in diesem Augenblick in erstaunlich ähnlicher Richtung. Er saß in seinem glänzenden schwarzen Brougham (*
    einspänniger, geschlossener Wagen), der nicht vorwärts kam. Wie gewöhnlich herrschte reger Verkehr, Kutschen und Lieferwagen fuhren durch die engen Straßen.
    Pferde wieherten, Kutscher fluchten, Fußgänger drängten sich dazwischen. Was als angenehme Fahrt von seinem Haus in der Fifth Avenue in die Innenstadt begonnen hatte, wurde zu einer herben Geduldsprobe.
    Peter Lowell stieß leise einen Fluch aus. Die Damen seiner Familie wären über seinen Wortschatz überrascht, ja schockiert gewesen. Seine Freunde, die ihn als Sparring-Partner in Gentleman Jims' Boxing Club erlebt hatten, oder die Besucher des Red Horse Saloon in der Nähe der Börse hätten sich nicht gewundert. Sie kannten einen anderen Peter Lowell, einen, den sie sich nicht als Gegner wünschten, aber in einem Kampf gern auf ihrer Seite gehabt hätten.
    Im Augenblick dachte er weder an den Boxclub noch an den Saloon. Er erinnerte sich an die sich scheinbar endlos erstreckende Landschaft an der westlichen Grenze, von wo er erst kürzlich zurückgekehrt war. Dort konnte er einen ganzen Tag lang reiten, ohne einem anderen Menschen zu begegnen. Dort fühlte er sich frei von Verantwortung und den Forderungen, die seit frühester Jugend an ihn gestellt worden waren. Leider durfte er diese Freiheit nie lange genießen.
    Kaum war er wieder in der Stadt, wurde er sich der inneren und äußeren Zwänge bewußt. Durch den frühen Tod seines Vaters mußte er schnell erwachsen werden.
    Peter hatte getan, was man von ihm erwartete: das Journal übernommen und nach besten Wissen geleitet. Außerdem hatte er seinen Platz in der Gesellschaft eingenommen, für die richtigen, wohltätigen Zwecke gespendet, sich als Berater der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt und alle Pflichten eines Mannes von Rang und Namen erfüllt.
    Er vernachlässigte weder seine Mutter noch seine Schwestern, die er freundlich und mit unerschütterlicher Geduld behandelte. Die einzige Enttäuschung, die er den Damen seiner Familie bereitete, bestand wohl darin, daß er noch keine Braut ins Haus gebracht hatte. Erst diesen Morgen hatte seine Mutter ihn daran erinnert, daß sie nicht jünger werde und sich nach Enkelkindern sehne. Daß ihre Töchter sie zweifellos mit einer ganzen Schar erfreuen würden, genügte Georgette Lowell offenbar nicht. Sie ließ nicht nach, ihren Sohn zu drängen, doch endlich zu heiraten.
    Diese Tatsache hatte Peter dazu bewogen, in der Stadt ein diskretes Apartment zu mieten, in das er sich allein oder in entsprechender Gesellschaft zurückziehen konnte.
    Ungeduldig klopfte Peter jetzt gegen das Dach der Kutsche, die nur im Schrittempo vorwärts gekommen war. Als sie anhielt, stieß er die Tür auf und sprang hinaus.
    „Den Rest des Weges gehe ich zu Fuß, Fergueson", rief er dem grauhaarigen Mann auf dem Kutschbock zu.
    „In Ordnung, Sir. Soll ich Sie heute abend abholen?"
    „Nein danke, das ist nicht nötig."
    Fergueson war nicht überrascht. Er kannte Mr. Lowell lange genug, um daran gewöhnt zu sein, daß er auf seine Angestellten Rücksicht nahm. Was nicht bedeutete, daß Fergueson diese Haltung für selbstverständlich hielt. Er schnupperte in der Luft. „Der Wind hat sich gedreht, Sir. Könnte sein, daß es heute nacht noch schneit."
    Peter nickte. „Ich werde daran denken." Erleichtert ging er die Straße entlang. Daß

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