Historical Weihnachtsband 1993
sie dann die Waffe wieder an den gewohnten Platz neben dem Bett.
Es dauerte einige Stunden, bis Matthew hereinkam und ihr mitteilte, daß er die Kuh geschlachtet, das Fleisch zerteilt und für den späteren Gebrauch bereitgemacht hatte.
„Und die Wildkatze? Glaubst du, daß sie noch einen Gefährten in der näheren Umgebung haben könnte?"
Matthew nickte. „Dessen bin ich mir sicher. Und wenn dieses Tier nicht bald mit Beute auftaucht, wird das die zweite Katze aus dem Versteck locken."
„Soll das heißen, daß ich noch mehr Rinder verlieren soll?"
Matthew lächelte. „Das glaube ich kaum. Ich habe schon den Köder ausgelegt." Er zeigte auf einen Jungbullen, der gerade jenseits der Einfriedung angebunden war.
„Matthew, ich brauche diesen Stier im nächsten Frühling zur Aufzucht zusätzlicher Tiere. Was ist, wenn das Raubtier ihn schlägt, bevor du es erlegen kannst?"
Sein Lächeln vertiefte sich. „Du darfst mir vertrauen, Laura."
Sie zwang sich, das Lächeln zu erwidern. „Es bleibt mir nichts anderes übrig, nehme ich an."
Matthew summte vor sich hin, goß sich eine Tasse Kaffee ein und schob einen Stuhl am Fenster zurecht.
Es war noch keine Stunde verstrichen, als sie eine zweite Wildkatze durch den hohen Schnee auf die lockende Beute zuschleichen sahen.
Laura bewunderte Matthew, der geräuschlos das Zimmer durchquerte und das Haus verließ, ohne daß auch nur ein Knirschen zu hören gewesen wäre. Von dem Aussichtspunkt am Fenster konnte Laura beobachten, wie die Raubkatze flach auf dem Bauch sich an den Köder heranpirschte. Unvermutet, ohne vorher ein Warnungszeichen zu geben, schnellte sie in hohem Sprung in die Höhe, um sich auf den Jungbullen zu werfen. Ein einziger Schuß
peitschte durch die Stille und hallte in der eisigen Gebirgsluft wider. Im nächsten Moment lag der Puma reglos im Schnee, der sich schnell blutrot färbte.
Matthew führte den Stier in den Paddock zurück, wo die übrigen Rinder zusammengedrängt standen, bevor er das tote Raubtier in den Stall schleifte.
Laura verrichtete mechanisch ihre anfallenden Hausarbeiten und überlegte, wie viele Stück Vieh sie im vergangenen Jahr auf der Weide verloren hatte. Natürlich war es klar gewesen, wer die Räuber gewesen waren, doch hatten sie sich bisher noch niemals so nahe an das Haus herangewagt.
„Gottlob ist Matthew gerade da gewesen, Vater", flüsterte sie. „Nicht auszudenken, wie viele Rinder mir die beiden Wildkatzen gerissen hätten!"
Das Abendessen war längst fertig, und immer noch war Matthew nicht ins Haus zurückgekehrt. Betroffen holte Laura die alte Schaffelljacke vom Haken und stapfte dann durch den hohen Schnee zum Stall hinüber. Drinnen konnte sie beim Schein der Laterne Matthew sehen. Er saß auf einem umgestülpten Melkeimer, hatte den Kopf gesenkt und war damit beschäftigt, den Pelz der Raubkatzen sorgfältig abzuschaben.
„Was tust du, Matthew?"
Er schaute auf. Sein Gesicht strahlte geradezu knabenhaft glücklich. „Ich mache dir etwas zurecht."
„Mir? Was denn?"
Er hielt die beiden Felle in die Höhe, die nun schon fast ganz gesäubert waren. „Es scheint mir nicht schicklich für die Schullehrerin von Bitter Creek, sich mit einem dünnen Tuch und einer alten Decke gegen die Kälte schützen zu müssen. Das hier gibt einen warmen Umhang, sobald die Pelze getrocknet und gegerbt sind."
„O Matthew!" Laura schaute auf die dicken weißen Felle nieder, die regelmäßig mit verschiedenen Schattierungen von gelb, grau und schwarz gefleckt waren. „Die sind beinahe zu schön, um sie zu tragen."
"Auf keinen Fall auch nur annähernd so schön wie diejenige, für die sie bestimmt sind."
Laura lachte heiter auf und faßte Matthews Hand. „Komm, komm! Du hast wohl zu lange in der Kälte gesessen, und nun ist dein Sinn ein bißchen verwirrt."
„Ach, finde ich Sie etwa deswegen so schön, Miss Conners?"
„Vielleicht sehen Sie aus eben diesem Grund heute abend auch so gut aus, Richter Braden?"
Wieder zog der Geruch von Bratäpfeln und Zimt durch die Küche und mischte sich mit dem Duft des frisch gebackenen Brotes. So bekam das einfache Abendessen eine festliche Note, als wäre es ein üppiges Mahl.
Später räumte Laura die Küche auf, und Matthew ging noch einmal in den Stall, um die Arbeit an den Fellen im Schein der Laterne weiterzuführen.
Als er nach einigen Stunden wiederkam, schaute Laura mit einem scheuen Lächeln von ihrem Flickzeug auf.
„Ich wollte dir etwas geben, Laura." Er
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