Historical Weihnachtsband 2010
Zeiten herrschte unter den Apothekern eine große Rivalität. Die Hersteller von Salben und Tränken waren immer auf der Suche nach Wegen und Mitteln, Produkte der anderen zu stehlen oder zu kopieren. „Es waren mehrere Posten.“
„Listet sie für mich auf.“
„Wenn ich das tue, gebt Ihr sie mir dann?“
„Vielleicht.“ Regungslos wartete er, ohne mit der Wimper zu zucken. Als sie nicht antwortete, hakte er nach. „Warum dieses Zögern?“
„Ihr könntet im Dienste eines der anderen Apotheker stehen und vorhaben, meine Geheimnisse zu stehlen.“
Er blinzelte. Ein ironisches Lächeln zuckte um seine Lippen. „Man hat mich ja schon vieles geheißen, aber noch nie Spion eines Kaufmanns.“
„Ihr seht auf uns herab?“
„Nein, ich bin selbst Händler und Kaufmann.“
„Mit adeligem Namen und von edler Abstammung.“
„Von der Seite meines Vaters her. Meine Mutter war … ist … eine Goldschmiedin.“
„Und das soll mich wohl beruhigen?“
„Ich hoffe, dass es Euch etwas beruhigt.“ Dieses Mal lächelte er offen. Das Lächeln erreichte seine Augen und ließ sein Gesicht weicher aussehen, wenn auch nur kurz. Die Veränderung, die das Lächeln bewirkte, war verblüffend. Es war, als wäre plötzlich ein Sonnenstrahl durch eine Gewitterwolke gedrungen.
Was hat ihn nur so finster und ernst gemacht?, fragte sich Rosemary. Sie hatte den merkwürdigen Eindruck, dass er durch etwas verletzt worden war. „Warum sollte es Euch kümmern, wie ich mich fühle?“
„Weil ich zu dem Schluss gekommen bin, dass Ihr die Wahrheit gesagt habt, und dass Ihr wirklich nicht versucht, mich auszurauben. Und ich möchte Wiedergutmachung leisten.“
„Wirklich?“ Rosemary schöpfte Hoffnung und trat einen Schritt auf ihn zu. „Ihr werdet mir also meine Gewürze geben?“
„Welche?“
Rosemary tappte nicht in die Falle. „Lasst mich in Euer Lagerhaus. Ich werde sie aus der Schiffsladung herausfinden.“
William betrachtete ihr störrisches, kleines Gesicht und hätte am liebsten losgebrüllt. Stattdessen warf er einen vorsichtigen Blick auf die nachbarschaftlichen Ladengeschäfte, die in tiefem Schlaf lagen. Diese Leute waren zu arm, um Wächter anzustellen, die ihre kleinen Geschäfte bewachten. Wahrscheinlich war hier noch nicht einmal die Stadtwache einquartiert. „Das ist zu gefährlich.“
„Das zu beurteilen ist meine Sache.“
„Närrin!“ Zorn schoss in ihm hoch. Er vergaß alle Vorsicht und packte ihren Arm. „Wer immer George tötete, war zu früh dran, um an die Gewürze zu kommen, die ich erst mitgebracht habe. Aber sie nahmen seine Rechnungsbücher mit und die Unterlagen seiner Warensendungen. Ich glaube, sie liegen auf der Lauer und warten darauf, dass ich ausliefere. Dann werden sie zuschlagen.“
Rosemary machte große Augen. „Aber warum sollte jemand Gewürze stehlen?“
„Um sie zu verkaufen, vermute ich.“ Beunruhigt darüber, dass er so viel Gefallen daran fand, sie anzufassen, ließ er sie los.
„Einige der Gewürze, die kürzlich gestohlen wurden, waren äußerst selten und teuer.“ Auf dem Schwarzmarkt hatten seine Männer jedoch keinerlei Handel mit solchen Kostbarkeiten feststellen können. Gut möglich, dass die Diebe sie zum Verkauf ins Ausland, nach Belgien oder Frankreich, verschifften. „Ich möchte Euch und die Eurigen nicht in Gefahr bringen.“
Rosemary nickte und blickte ängstlich die Straße entlang, wo sie sich sonst so sicher gefühlt hatte. „Vielleicht kommt Ihr besser doch herein.“
William nahm ihr Angebot an. Etwas in ihm wünschte sich, er hätte die Einladung unter anderen Umständen erhalten. Wieso beunruhigte sie ihn, wie keine Frau es seit Ella getan hatte? Lag es an seiner Enthaltsamkeit? War es Wahnsinn? Ja, es war verrückt von ihm, sie nicht einfach zu vergessen und die Suche nach den Dieben fortzusetzen.
Im Rathaus hatte er hier und dort Andeutungen fallen lassen, dass er immer noch im Besitz von Georges Gewürzen sei. Eigentlich müsste er jetzt bei seinen Männern im Lagerhaus sein und darauf warten, dass die Falle zuschnappte, sollten die Bastarde nach dem Köder greifen.
Stattdessen folgte er Rosemary ins Innere der Apotheke.
Wie sie selbst, so war auch der enge Raum sauber und ordentlich und roch nach süßen Gewürzen und herben Kräutern. Vorbei an einer überraschend vielfältigen Sammlung von getrockneten Kräutern und Tontöpfen führte sie ihn in den dahinter liegenden Arbeitsraum.
„Bitte, setzt Euch.“ Sie deutete
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