Historical Weihnachtsband 2010
wütend einen Stein beiseite. Für seine vierzehn Jahre war er ziemlich groß, mit schlaksigen Gliedern und einem schmalen Gesicht, das jetzt schmollend im Kragen seiner besten rotbraunen Tunika fast versank. „Das Weihnachtsfest ist nur einmal im Jahr.“
„Ich weiß. Aber ich bin wegen Onkel Percy besorgt.“
Malcolm hob den Kopf. Sein Groll war verflogen. „Tut ihm sein Fuß wieder weh? Als ich mich bei ihm verabschiedet habe, hat er nichts gesagt. Aber er beklagt sich ja nie.“ Der Junge begann, schneller zu gehen.
Rosemary eilte hinter ihm her und unterdrückte die Gewissensbisse, die sie wegen ihrer halbwahren Begründung hatte. Die Gicht fesselte Percy Bainbridge ans Bett und verursachte ihm ständige Schmerzen. Es war ein schreckliches Schicksal für einen Mann, der einst über die Meere gesegelt war und fremde Orte wie Zypern und Ägypten erforscht hatte. Dort war er zufällig auf die Schriftrollen der alten Heiler gestoßen. Er beklagte nie sein Los. Aber er setzte sehr große Hoffnung in die spezielle Creme, die sie beide gemeinsam noch verbessert hatten.
Es war noch früh, und die Straßen waren voller Spaßmacher. Licht fiel aus den Läden, die immer noch ein reges Geschäft mit heißen Pasteten machten. Lärmende Stammgäste strömten aus den Türen der Schenken, versperrten die Straße und erfüllten die Nacht mit grölendem Gesang. Als sie in die Fule Lane einbogen, wurde es etwas ruhiger, und der Verkehr war nicht mehr so stark.
Die Apotheke lag auf halber Höhe der Straße. Die Vordertür war verschlossen, und auch die Läden waren vor das Fenster im Erdgeschoss geklappt. Ein schwacher Lichtschimmer im oberen Fenster zeigte an, dass Onkel Percy zweifellos in seinem Gemach immer noch las.
Rosemary wollte gerade nach dem Schlüssel greifen, der sich im Beutel an ihrem Gürtel befand, als eine große Gestalt aus der Gasse trat. Auch wenn die dunkle Kleidung sich von der Schwärze der Nacht kaum abhob, wusste sie sofort, wer es war. Ein leises, angsterfülltes Stöhnen kam über ihre Lippen.
Malcolm stellte sich schützend vor sie. „Hau ab“, herrschte er die Gestalt an. Dass ihm dabei die Stimme brach, tat der Wirkung seiner Worte Abbruch.
„Ich habe etwas mit Eurer Mistress zu besprechen.“ William Sommerville kam näher und stand jetzt kaum noch einen Yard entfernt.
„Wir haben geschlossen.“ Malcolm zog ein kleines Messer und hielt es vor sich. Dabei zeigte er allerdings weniger Geschick als Rosemary vor einer Woche.
„Es ist schon in Ordnung, Malcolm.“ Beruhigend legte Rosemary dem Jungen die Hand auf den Arm. „Ich kenne diesen Mann.“ Leider . „Was wollt Ihr? “ Seid Ihr gekommen, um mich festzunehmen?
„Antwort auf einige Fragen.“
„Oh.“ Und was noch? Suchend blickte sie an ihm vorbei.
„Ich bin allein gekommen.“
Rosemary seufzte. „Was wollt Ihr mich fragen?“
Der Blick seiner Lordschaft fiel auf Malcolm, der mit seinem Messer schützend vor ihr stand. „Weiß er Bescheid?“
Über ihren versuchten Diebstahl? „Nein.“
„Wollt Ihr, dass er es erfährt?“
Nein! „Geh hinein, Malcolm, und sieh nach den Sachen.“
„Ich lasse Euch nicht allein mit ihm“, erwiderte der Junge.
„Eigentlich …“, sagte Sommerville, „würde ich es vorziehen, hineinzugehen.“
„Man hat Euch nicht eingeladen.“ Rosemary kreuzte die Arme vor ihrem schnell schlagenden Herzen. „Malcolm, tu, was ich dir sage. Ich werde die Fragen dieses Mannes beantworten und bin dann sofort bei dir.“
Malcolm bedachte den Edelmann, der ihn immerhin um Haupteslänge überragte, mit einem drohenden Blick. „Ich werde von oben alles beobachten. Wenn ich sehe, dass etwas nicht stimmt, schreie ich nach der Wache.“ Er nahm den Schlüssel, den Rosemary ihm entgegenstreckte, und betrat das Haus. Aber er ließ die Tür offen.
„Die Loyalität des Jungen ist bewundernswert.“
Rosemary betrachtete Seine Lordschaft und versuchte zu erraten, was wohl hinter dieser unergründlichen Miene vor sich ging.
„Das spricht für Euch“, fügte er hinzu.
„Außer er ist auch ein Dieb.“
„Ihr sagtet doch, Ihr wäret keine Diebin.“
„Bin ich auch nicht. Warum seid Ihr hier? Ich habe nichts genommen.“
„Ich möchte wissen, wieso Ihr in mein Warenlager eingebrochen seid.“
Rosemary seufzte. „Das sagte ich Euch doch schon. Um zu holen, was mir gehört.“
„Was genau hatte George für Euch bestellt?“
Eine angeborene Vorsicht ließ sie zögern. Selbst in normalen
Weitere Kostenlose Bücher