Historical Weihnachtsband 2010
strecken, aber Mord …“ Sie schüttelte den Kopf.
„Nun gut, Ihr könnt mir eine Liste derer geben, die möglicherweise solche Tricks anwenden. Ich werde meine Männer zu ihren Läden schicken. Sie sollen sich dort einmal umsehen.“
Wie angespannt er ist, dachte Rosemary. Wie er so neben ihr saß, zitterte er fast vor unterdrückter Erregung. Schuld daran war sicher der Druck, der auf ihm lastete, weil er doch diesen Fall lösen musste. In ihr stieg das ganz natürliche Bedürfnis auf, ihn zu beruhigen. Weniger vertraut war ihr diese Hitze, die sie erfüllte, wenn er bei ihr war.
Begierde . In französischen Romanen hatte sie davon gelesen, hatte andere Mädchen darüber kichern hören. Aber nie hätte sie sich träumen lassen, dass das Verlangen, bei einem Mann liegen zu wollen, so mächtig, so verlockend sein könnte.
Rosemary war froh darüber, dass William so abweisend und kühl zu ihr war. Hätte er sie berührt, sie wäre sicher dahingeschmolzen. Sie riss sich zusammen und fragte: „Könntet Ihr nicht das, was wir bereits herausgefunden haben, dem Sheriff übergeben?“
Er schnaubte verächtlich. „Er und seine Männer hatten monatelang Zeit, diese Raubüberfälle zu lösen. Sie haben keine Fortschritte gemacht.“
„Und jetzt sind sie damit beschäftigt, bei den Weihnachtsfeierlichkeiten die Betrunkenen davon abzuhalten, Schaden anzurichten.“
William zuckte zusammen und brummte etwas Unverbindliches.
„Was gefällt Euch nicht an dieser Jahreszeit?“ Im Haus war ihr aufgefallen, dass es keinerlei Vorbereitungen zum Fest gab. Und Anna, die ihr gegenüber etwas aufgetaut war, hatte erwähnt, dass Lord William dieses Jahr das Weihnachtsfest nicht feiern würde. Den Grund dazu wollte ihr das Mädchen nicht nennen. „Es ist eine Zeit der Freude und Hoffnung. Es ist die Zeit, in der wir die Geburt Unseres Lieben Herrn feiern.“
„Für mich kann es in dieser Zeit keine Freude geben.“ William zögerte. Noch nie hatte er über Ella gesprochen, noch nicht einmal mit seiner Familie. Wenn er es jetzt tat, würde ihm das vielleicht helfen, die nötige Distanz zu dieser verführerischen Frau zu wahren. „Meine Verlobte starb im letzten Jahr. Am Dreikönigstag.“
„Oh, das tut mir leid. Ich weiß, wie sehr es schmerzt …“
„Nein. Das könnt Ihr nicht wissen.“ William sprang von der Bank auf. Die unterdrückte Verbitterung platzte wie eine Blase in seinem Innern und erfüllte ihn mit erneutem Schmerz. „Keiner kann das.“ Voll wütendem Zorn schritt er in dem dämmrigen Raum auf und ab. „Mein ganzes Leben lang kannte ich sie. Und genauso lange liebte ich sie. Sie war doch erst sechzehn Jahre alt. So jung. So voller Hoffnung und Träume. Die hatten wir beide. Sie starben zusammen mit ihr auf dieser verschneiten Straße. Ich versuchte …“
Verzweifelt raufte William sich die Haare und beugte den Kopf unter dem Anprall der Erinnerungen an diesen schwarzen Tag.
Ella, wie sie lachend vor ihm auf das kleine Haus zulief, das sie gefunden hatte, während er auf See war. Selbst ohne es gesehen zu haben, wusste er, dass er es für sie kaufen würde. Alles würde er tun, um sie glücklich zu machen.
Es herrschte kaltes Wetter, und der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln, während er sich von ihr führen ließ. Er hatte die vereiste Pfütze auf dem Weg vor ihr gesehen, doch sein warnender Ruf kam zu spät.
Alles geschah so schnell. Ihre Füße rutschten aus und verloren den festen Halt. William schrie ihren Namen und fing an zu rennen. Aber er war zu langsam. Er kam zu spät, um sie aufzufangen, bevor sie zu Boden stürzte.
Die Bilder quälten ihn immer noch. Er hatte lebhafte Albträume, in denen er hinter ihr herrannte und sie zu spät erreichte. Immer zu spät.
„Ellas Kopf schlug auf dem Rinnstein auf.“ Ein dumpfes Geräusch. Ein ganz leises Geräusch, das so viel veränderte. Ein leiser Ton, der ihr Leben beendete und seine Welt zerstörte.
Blut im Schnee. Blut auf Ellas Kopf. So viel Blut.
„Ich trug sie hierher“, sagte William tonlos. „Zu meiner Familie. Tante Gabriele war über die Weihnachtsfeiertage bei uns. Trotz ihrer großen Erfahrung konnte sie nichts tun, um meine Ella wieder aufzuwecken. Die ganze Nacht saß ich an ihrem Bett, redete mit ihr, flehte sie an, wieder aufzuwachen. Schließlich glitt sie hinüber, ohne noch einmal die Augen zu öffnen.“
Rosemary ging zu ihm. Sie hätte gerne gewagt, ihn in die Arme zu schließen und ihm etwas von seiner Qual zu
Weitere Kostenlose Bücher