Historical Weihnachtsband 2010
einen Arbeitsraum. Mein Vater baute ihn für meine Mutter, damit sie ihre Goldschmiedearbeit ohne Unterbrechung fortsetzen konnte …“, er grinste, „… ohne dabei das Haus in Brand zu setzen. Wenn ihre Kreativität sie packt, vergisst sie gewöhnlich alles um sich herum.“
„Mit Onkel Percy ist es das Gleiche, wenn er die Nase in einer Schriftrolle hat. Die Welt könnte um ihn herum versinken, und er würde nicht das Geringste davon mitbekommen. Ich wette, wenn wir nach Hause kommen, hat er keinen Moment lang geschlafen, nur um in den Büchern Eures Vaters lesen zu können.“
„Gibt es noch irgendetwas, das Ihr von hier benötigt?“
Rosemary sah sich zweifelnd um. „Wie es scheint, ist nicht viel heil geblieben. Aber vielleicht ist doch etwas der Zerstörung entgangen.“ Sie verbrachten fast eine Stunde damit, den Schutt zu durchsuchen. Aber ein verbeulter Mörser und ein nicht dazu passender Stößel waren der ganze Erfolg ihrer Bemühungen.
„Es tut mir leid“, meinte William leise, als sie sich bereit machten, wieder zu gehen. „Wir werden kaufen, was immer Ihr benötigt.“
„Ich kann Eure Großzügigkeit nicht annehmen.“
„Ich handle doch gar nicht großzügig. Wäre ich nicht so unvorsichtig gewesen, hätte man Euch nicht überfallen. Ich werde Eure Apotheke wieder aufbauen und Eure Einrichtung wiederherstellen lassen.“
„Ihr müsst Euch nicht verpflichtet fühlen, uns in Eurem Haus aufzunehmen. Besonders dann nicht, wenn unsere Gegenwart Euch stört.“
„Das tut sie doch gar nicht“, brummte er. Aber etwas ließ seinen Blick wieder düster werden. „Es liegt nicht an Euch. Es liegt an mir. Ich möchte herausfinden, wer Georges Mörder ist, und mir läuft die Zeit davon. Ich wollte Euch nicht beunruhigen.“
Er tat eine Menge mehr, als sie nur zu beunruhigen. Er ließ sie etwas fühlen, was sie so nie erwartet hätte. Manchmal hatte sie sogar den Eindruck, als fühlte er sich zu ihr hingezogen. Aber nein, das bildete sie sich wohl nur ein.
„Ich muss mich auch entschuldigen, Mylord“, sagte sie kühl. „Ich fürchte, die Ereignisse kürzlich haben mich überempfindlich werden lassen. Ich bin nicht beunruhigt, sondern nur wie Ihr enttäuscht wegen der Umstände. Natürlich werde ich Euch dabei helfen, diese Räuber zu fangen.“ Sie holte tief Luft und sah sich in ihrer Apotheke um. Dann blickte sie ihm fest in die Augen. „Parietaria officinalis und Myrrhe. Das habe ich bei George bestellt.“
„Wozu, zum Teufel, braucht man Parietaria officinalis?“
„Gegen die Gicht. Onkel Percy hat gelesen, dass eine Salbe aus den zerstoßenen Blüten die Schwellungen lindert, die durch die Gicht entstehen.“
„Hm. Ich habe noch nie davon gehört.
„Ich wette, das haben die meisten Leute nicht. Mein Onkel hat eine Menge über die Heilkunst der Alten gelernt, das meiste beim Lesen der griechischen und römischen Schriftrollen. Wenn die Medizin ihm hilft, kann er schmerzfrei leben.“
„Und die Myrrhe?“
Rosemary seufzte. „Nach dem, was Onkel Percy gelesen hat, kann eine Creme aus Myrrhe der Haut die jugendliche Straffheit zurückgeben.“
„Nun, an einem so eitlen Hof wie dem von König Richard würde Euch das tatsächlich ein Vermögen einbringen.“
„Vermutlich.“ Das war es auch, was sie wollte. Wenn aber alle reichen Damen so waren wie Lady Chandre, dann würde Rosemary sich ihren Lebensunterhalt lieber durch die Herstellung von Cremes für nettere, wenn auch ärmere Menschen verdienen. Menschen wie Muriel zum Beispiel.
7. KAPITEL
29. Dezember
Es ist ein Fehler, hier bei ihr zu sein, dachte William und betrachtete Rosemary, die neben ihm am Werktisch saß, den Kopf über die Gewürzlisten gebeugt. Es war schon spät, und sie befanden sich allein in einer Ecke des Arbeitsraums seiner Mutter.
Seit zwei Tagen beobachtete er sie schon, wie sie emsig ihrem Handwerk nachging. Sie arbeitete mit den Geräten und den alltäglichen Zutaten, die er bei mitleidigen Mitgliedern der Gewürzhändlerzunft gekauft hatte. Und sie arbeitete auch mit den eher exotischen Spezereien, die er aus dem Warenlager geholt hatte, ganz im Geheimen in einem Beutel unter seiner Kleidung verborgen, sodass kein Beobachter etwas davon ahnen konnte. Zweifellos entmutigte die unerschrockene Wache, die er hatte aufstellen lassen, die Diebe, in Sommerville House einzubrechen.
Rosemary hatte mit Parietaria officinalis angefangen. „Onkel Percys Gicht ist wichtiger als Lady Chandres
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