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Hitlers Berlin

Hitlers Berlin

Titel: Hitlers Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Felix Kellerhoff
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präsent: in den Wochenschauen, in denen stets Aufnahmen von Gesprächen und Verhandlungen in der Reichskanzlei gezeigt wurden, und in der Presse. Vom 1. September bis Ende 1939 zeigte ihn der Illustrierte Beobachter, die wichtigste Wochenzeitschrift der NSDAP, auf elf von insgesamt 17 Titelbildern; im Jahr
    1940 war der Reichskanzler das Thema auf 14 von 52 Titelblättern. Den Rekord von 1938, als Hitler binnen eines Jahres 35 mal auf dem Titel er
    schien, erreichte der Illustrierte Beobachter allerdings nie wieder. Knapp die Hälfte der Motive wurde in Berlin aufgenommen.
    Einen Eindruck vom beinahe normalen Leben in der Reichshauptstadt zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vermittelte William Shirer seinen Hörern am 17. Dezember 1939: »Beim Spaziergang durch die Straßen Berlins an diesem schönen Samstagmorgen fällt die Vorstellung schwer, daß gerade ein Weltkrieg stattfindet. Vor Kriegsausbruch dachten viele von uns hier, daß wir im Kriegsfall unser Leben weitestgehend unter der Erde in feuchten, düsteren und kalten Kellern verbringen müßten, wo wir nur beten könnten, daß uns die Bomben aus den Flugzeugen nicht treffen mögen. Doch dazu ist es nicht gekommen. Seit dem 1. September waren wir nur ganze zwei Mal gezwungen, in die Keller zu gehen. Mir ist klar, daß im westlichen Teil des Landes und entlang der Nordwestküste Fliegeralarm sehr viel häufiger vorkommt. Doch hier in Berlin gönnen uns die britischen und französischen Luftstreitkräfte sehr viel Ruhe.« Am 1. Januar 1940 kam der junge US-Journalist Howard K. Smith in Berlin an. Er hatte zuvor schon einige Zeit in der Reichshauptstadt verbracht, nun war er offizieller Korrespondent der Nachrichtenagentur United Press. In einem Buch über die knapp zwei Jahre, die er im Dritten Reich verbrachte, schrieb er über seine ersten Eindrücke: »Das KriegsDeutschland, in das ich zurückkehrte, unterschied sich kaum von dem Friedens-Deutschland des Vorjahres. In einem Staat, den man zum Zwecke des Kriegführens geschaffen hat, ist die Grenzlinie zwischen diesen beiden Zuständen zwangsläufig dünn, fast unsichtbar. (…) Ein deutscher Offizier sagte einmal zu mir, als ich mit ihm Unter den Linden spazierenging: ›Schauen Sie sich um, Herr Smith. Nirgends ein Zeichen von Krieg. Nicht der kleinste Unterschied im Vergleich zu vor zwei Jahren. Ist das nicht der beste Beweis für unsere Stärke? Niemals werden wir besiegt werden.‹ Es brach mir das Herz, aber die Wirklichkeit schien ihm recht zu geben. Von Berlin aus gesehen, war der Krieg etwas Unwirkliches. Man las davon wie von einem Ereignis auf einem anderen Stern.« Aufnahmen von Filmamateuren aus dem Frühjahr 1940 bestätigen Smith: Das Leben in der Reichshauptstadt ging seinen normalen Gang. Nur hatte der Anteil der uniformierten Männer weiter zugenommen, und der Verkehr auf den Straßen war stark zurückgegangen. Das Tanzverbot, das in den ersten drei Wochen des Krieges gegolten hatte, war längst aufgehoben worden, »und das Tanzen wurde populärer als je zuvor«, wunderte sich Shirer. Die offizielle Propaganda in den Zeitungen hatte lediglich ihr Themenspektrum etwas erweitert – nun wurde neben innenpolitischen Erfolgsmeldungen über zahlreiche Siege der deutschen Luftwaffe gegen die britische Royal Air Force (RAF) und über Versenkungen durch deutsche U-Boote berichtet. Gänzlich verschwunden waren dagegen Negativ-Schlagzeilen über den Bolschewismus – eine Konzession an den neuen Partner Stalin, mit dem Hitler-Deutschland seit Ende August 1939 durch einen überraschend geschlossenen Nichtangriffspakt verbündet war. 5
    Doch nun, im Frühjahr 1940, rückte der Krieg näher. Am 9. April überfiel die Wehrmacht die neutralen Staaten Dänemark und Norwegen. Während Dänemark gewaltlos besetzt werden konnte, leistete die norwegische Armee wochenlang Widerstand. Ab sofort gehörten Meldungen über schwere Kämpfe zum Alltag in Berlin, und immer häufiger auch die gefürchteten Briefe, in denen Eltern, Ehefrauen, Geschwistern und Kindern der »Heldentod« ihres Sohnes, Mannes, Bruders oder Vaters mitgeteilt wurde. Trotzdem kippte die Stimmung nicht.
    Die Exil-SPD erreichte Anfang April aus Berlin folgende Schilderung: »Es hat sich eine Stimmung entwickelt, die hinsichtlich des Kriegsausgangs ziemlich optimistisch ist. Bei den meisten Menschen kommt der Gedanke, Deutschland könnte diesen Krieg verlieren, gar nicht auf.« Am
    10. April 1940 registrierte der SD »im ganzen deutschen Volk einen

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