Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Heller zurück und schien mit einem Mal ganz klar. »Ja«, nickte sie, wie um sich selbst Mut zu machen, »ich bin ziemlich sicher, dass das die genauen Worte waren.«
»Und wie haben Sie reagiert?«
»Ich habe gesagt, sie soll dranbleiben, ich seh mal, ob ich ihn finde.«
»Und dann?«
»Dann hab ich bei Sebastien in der Küche nachgefragt, ob Herr Portner dort ist.«
»War er dort?«
»Ja, ich gab ihm das Mobilteil des Telefons, und er ging damit nach oben. Ein paar Minuten danach kam er und gab es mir zurück.«
»Und dabei sagte er, dass er jetzt los müsse?«
Sie strich sich durch die Haare. »Ja, so was in der Richtung. «
»Hatten Sie den Eindruck, dass er vorhatte, noch einmal wiederzukommen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil er mir eine gute Nacht wünschte.«
»Und dann ging er?«
»Ja«, sie seufzte. »Dann ging er.«
»Mochten Sie ihn?«, fragte Winnie Heller geradeheraus, auch wenn ihr vollkommen klar war, dass die Frage unprofessionell war. Aber es interessierte sie brennend.
»Ja, er war nett.«
Eine glatte Lüge, das war offensichtlich. Aber auch eine erklärliche. Schließlich war Cindy Felkes Arbeitgeber gerade eines gewaltsamen Todes gestorben. Winnie Heller taxierte die Körperhaltung ihrer Zeugin. Trotz ihres flippigen Erscheinungsbildes, das bis zu einem gewissen Grad auch zu ihrem
Job gehörte, war Cindy Felke eine wohlerzogene junge Frau, die innerhalb von festen gesellschaftlichen Regeln aufgewachsen war und die nach wie vor nach diesen Regeln lebte. Aus diesem Grund tat sie sich – genau wie die meisten Leute – überaus schwer damit, einem Toten, noch dazu einem, der Opfer einer Gewalttat geworden war, etwas Schlechtes nachzusagen. Zumindest, wenn man sie direkt danach fragte.
Er hatte gern alles unter Kontrolle …
»Haben Sie mal irgendeine Unstimmigkeit mitbekommen?«, erkundigte sich Winnie Heller betont beiläufig. »Ärger, den Ihr Chef mit jemandem hatte, oder dergleichen?«
Zögern.
Also lautet die Antwort: Ja …
»Eigentlich nicht.«
Winnie Heller rückte ein Stück näher an die junge Barangestellte heran. Die Verringerung der Individualdistanz erhöhte den Druck. »Es gab nie Streit?«
»Na ja …«
»Ja?«
Cindy Felke verschränkte wieder die Arme vor der Brust. Ein klares Indiz dafür, dass sie nach wie vor mauerte. »Ich verstehe wirklich nicht, warum so was wichtig sein soll«, sagte sie mit einem Anflug von Trotz. »Ich meine, Herr Portner ist doch gewissermaßen aus Versehen erschossen worden, oder nicht?«
»Davon gehen wir aus«, lenkte Winnie Heller ein, um ihrer Zeugin Gelegenheit zum Durchatmen zu geben.
Und tatsächlich: Cindy Felke entspannte sich sichtlich.
»Es ist nur so, dass wir gründlich sein müssen, verstehen Sie? Wir dürfen nichts außer Acht lassen.«
Die junge Barangestellte nickte. »Jetzt, wo Sie fragen … Ich meine, es hat bestimmt nichts zu bedeuten, aber vor kurzem habe ich zufällig mitbekommen, wie Herr Havel und Herr Portner sich in den Haaren hatten.«
»Weswegen?«
Sofort kehrte die Abwehr in ihren Blick zurück. »Tut mir leid, aber das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Ich weiß nur, dass Herr Havel ziemlich wütend war.«
»Das heißt, die Auseinandersetzung verlief lautstark?«
Cindy Felke nickte wieder. »Das kann man so sagen. Herr Havel schrie den Chef an und warf ihm vor, dass er ihn ruinieren wolle.«
»Ruinieren?«
»Ja, und dass er ihm jetzt wohl nicht mehr gut genug sei oder so ähnlich.«
Winnie Heller zog die Stirn in Falten. »Was, glauben Sie, könnte er mit jetzt nicht mehr gemeint haben?«
»Wirklich, ich habe keine Ahnung, worum’s dabei ging«, versicherte die junge Barangestellte kategorisch. Sie war nicht länger müde, sondern hellwach, und auf ihrem Teint lag ein Hauch von Röte. »Und mehr als dieses wenige habe ich auch definitiv nicht mitbekommen.«
Trotzdem interessant, dachte Winnie Heller. Laut sagte sie: »Dann danke ich Ihnen, dass Sie sich schon so früh herbemüht haben.«
»Ja, kein Problem«, lächelte Cindy Felke, heilfroh, dass die Kommissarin sie endlich aus der Sache herausließ. »Tut mir echt leid, dass ich Ihnen nicht helfen konnte.«
Oh, dachte Winnie Heller, das wird sich erst noch zeigen …
10
Damian Kender saß in einem Restaurant in der Frankfurter Innenstadt. Es war jetzt kurz nach halb drei und nicht mehr ganz so voll wie zu den einschlägigen Stoßzeiten. Trotzdem war das Lokal noch immer recht gut
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