Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
besucht.
Damian beglich die Rechnung für seinen Griechischen Bauernsalat und einen großen Milchkaffee und lehnte sich zurück. Er hatte sich zwei Stunden freigenommen, um in Ruhe nachdenken zu können. Den Kollegen hatte er gesagt, dass er zum Zahnarzt müsse. Keiner von ihnen hatte sich darüber gewundert.
Er schlürfte den Rest Milchkaffee aus seiner Tasse und lehnte sich zurück. Sein größtes Problem war, dass er noch immer nicht sagen konnte, worum es eigentlich gegangen war gestern Abend. Tatsächlich um Jan Portner? Um seine Ermordung? Seinen Tod? Oder doch auch um die Frau? Damian schob die Tasse von sich. Wie skrupellos musste jemand sein, der ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf nahm, dass eine Frau vergewaltigt und dabei vielleicht schwer verletzt oder sogar getötet wurde, nur um deren Ehemann töten zu können? Und wie, verdammt noch mal, war dieser Kerl überhaupt an seine Informationen gekommen? Es musste jemand sein, der Zugang zu den entsprechenden Quellen hatte, so viel stand fest. Zwar schrieb die Presse sich die Finger wund über den Artisten und seine Taten, aber was die reinen Sachinformationen betraf, gaben sie sich bemerkenswert zurückhaltend. Wahrscheinlich bekamen sie massiv Druck von oben. Doch das konnte ihm in diesem Zusammenhang eigentlich nur recht sein, denn es beschränkte den Kreis der in Frage kommenden Personen auf diejenigen, die unmittelbar oder indirekt mit dem Fall zu tun hatten. Damians Augen blieben an der Tischplatte haften. Rein theoretisch könnte es der Beamte sein, der als Erster am Tatort war, dachte er. Oder der Kerl, der die Spuren sichert. Einer von den Ärzten, ein Angehöriger, Ehemann oder Freund …
Aber … Halt, nein, das war nicht logisch!
Immerhin musste er einen Bezug haben, oder nicht? Sowohl zu den Portners als auch zu einem der früheren Fälle. Zu mindestens einem …
Damian schloss für ein paar Sekunden die Augen und ließ den Gedanken auf sich wirken, während vor dem rötlich schimmernden Vorhang seiner Lider wieder der Film von gestern Abend ablief. Diese seltsame Mischung aus Desinteresse und Erregung, während er sich der bewusstlosen Irina Portner gewidmet hatte, und …
Er stutzte.
Aber natürlich! Das war es! Auch wenn es vielleicht nicht in erster Linie um sie gegangen sein mochte: Irina Portner war der Schlüssel. Oder zumindest einer der Schlüssel. Etwas von dem, was da gestern mit ihm geschehen war, hatte definitiv mit ihr zu tun. Und deshalb war es unabdingbar, sich noch einmal näher mit ihr zu befassen!
Zufrieden machte er die Augen wieder auf. Er war keiner, der die Auseinandersetzung scheute. Im Gegenteil. Wenn er ein Kreuzworträtsel machte, machte er nicht einfach ein Kreuzworträtsel, sondern er machte ein Kreuzworträtsel gegen die Uhr. Und er ging auch nicht einfach Brötchen kaufen. Oh nein, er setzte sich eine Frist (natürlich äußerst knapp bemessen!), innerhalb derer er wieder in seiner Wohnung sein musste. Das war seine Form von Fitnesstraining. Die konsequente, stetige Auseinandersetzung mit sich selbst.
Jetzt allerdings hatte er es mit einem realen Gegner zu tun. Und Irina Portner verkörperte seine Chance, diesem Gegner auf die Spur zu kommen. Natürlich war ihm klar, dass es riskant war, mehr über sie in Erfahrung zu bringen oder sie gar zu beobachten. Vielleicht rechnete die Polizei damit, dass der Täter an den Tatort zurückkehrte. Vielleicht hatten sie entsprechende Maßnahmen ergriffen. Vielleicht saßen sie irgendwo in der Portner’schen Villa in einem alten, unauffälligen Wagen und zeichneten alles auf, was in diesem Abschnitt der Danziger Straße vor sich ging. Außerdem würde die junge Russin durch das, was sie mit ihm und durch ihn erlebt hatte, natürlich aufs Äußerste alarmiert sein. Aber darauf konnte
er keine Rücksicht nehmen. Irina Portner verkörperte seine Chance aufs Überleben. Seine Waffe gegen den Feind, der ihn und sein Revier bedrohte. Und aus diesem Grund würde er sich noch einmal ausführlich mit ihr beschäftigen!
Er nickte stumm und lehnte sich zurück, um sich wieder seinem Lieblingshobby zu widmen: der Beobachtung und Analyse menschlichen Verhaltens. Denn nur wer in der Lage war, sein Gegenüber richtig einzuschätzen, konnte Gefahren im Vorfeld erkennen und sein Verhalten rechtzeitig anpassen. Seine Augen blieben an einer Frau hängen, die vor ein paar Minuten hereingekommen war. Allein und mit eher unsicheren Schritten. Fast so, als ob sie glaubte, sich für
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