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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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wann sie sich das letzte Mal einsam und verlassen gefühlt hatte. Aber mit Jack irgendwo in der Stadt unterwegs und Vicky in ihrem Ferienlager in den Catskills erschien ihr das Haus mehr als leer und verlassen. Es war eine nackte, öde Wüste, eine leere Hülle ohne Herz, ohne Leben.
    Reiß dich zusammen, sagte sie sich. So schlimm ist es doch gar nicht. Vicky ist bald wieder zurück. In nur vier Tagen und drei Stunden, um genau zu sein. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit.
    Und wenn Vicky zurückkam, sollte sie ihr dann von dem Baby erzählen?
    Nein. Das wäre zu früh.
    Na schön, aber wenn nicht jetzt, wann sollte sie es dann tun? Und wie? Wie sollte sie ihrer Tochter erzählen, dass Mommy ganz schön großen Mist gebaut hatte und zu einem Zeitpunkt schwanger geworden war, als sie es ganz und gar nicht gewollt hatte?
    Wer ist der Daddy? Nun, Jack natürlich.
    Was bedeutete, dass das neue Baby einen Vater haben würde und Vicky nicht. Vickys Vater, Richard Westphalen, wurde vermisst und war offiziell für tot erklärt worden. Gia wusste, inoffiziell, dass Vicky ihren Vater nie wiedersehen würde.
    Das war kein großer Verlust. Als er noch lebte, hatte Richard am Leben seiner als lästig empfundenen Tochter in keiner Weise teilgenommen. Während der vergangenen anderthalb Jahre war Jack für Vicky die Vaterfigur geworden. Er war vernarrt in sie, und sie liebte ihn über alles. Zum Teil, dessen war sich Gia sicher, weil Jack in vieler Hinsicht selbst noch ein großes Kind war. Aber er nahm sich Zeit für sie, redete mit ihr, anstatt über sie, spielte Fangen mit ihr, begleitete sie und saß bei den Müttern all der anderen Kinder, um ihr bei ihren T-Ball-Spielen zuzusehen.
    Er war all das, was ein guter Vater sein sollte, aber jetzt wuchs sein eigenes Kind in Gia heran. Würde Vicky das neue Baby als Bedrohung betrachten, als jemanden, der sich zwischen sie und Jack stellte und Anspruch auf seine Liebe erhob? Gia wusste, dass so etwas niemals geschehen würde, aber würde Vicky, ein kleines Mädchen von acht Jahren, das begreifen? Sie hatte schon einmal erlebt, wie ein Vater sie im Stich gelassen hatte. Warum sollte das nicht auch der zweite tun?
    Alles hervorragende Gründe für Vicky, das neue Baby zu hassen.
    Gia konnte diese Vorstellung nicht ertragen. Eine mögliche Lösung wäre, Jack zu heiraten. Eine schrecklich prosaische, langweilige, spießbürgerliche Lösung, ausgebrütet von einer unendlich prosaischen, langweiligen, spießbürgerlichen Person. Aber als ihr Ehemann könnte Jack Vicky offiziell als seine Tochter adoptieren. Die symbolische Besiegelung ihrer Verbindung würde Vicky die Sicherheit geben, die sie brauchte, um das neue Baby eher als Schwester oder Bruder und nicht als gefährliche Konkurrenz zu betrachten.
    Die Trauung schien ebenfalls ein Problem. Es war nicht die Frage, ob Jack sie heiraten würde, aber konnte er es überhaupt? Er hatte angedeutet, er würde einen Weg finden. Sie musste sich darauf verlassen, dass es ihm gelingen würde … falls er überhaupt lange genug am Leben blieb.
    Da habe ich ein ganz schreckliches Durcheinander angerichtet.
    Sie gähnte, während sie die Bettlaken über die Matratze spannte und die Decke glattstrich. Kein Wunder, dass sie nicht schlafen konnte.
    Es war schon schlimm genug, sich wegen Vicky und des Babys Sorgen zu machen. Doch dann kam Jack am Vorabend mit einem dicken Verband an der Seite zurück. Und erzählte ihr, dass er ausgerechnet von dem Mann, den er hatte beschützen sollen und der sich als eine Art Pädophiler entpuppt hatte, mit einem Messer angegriffen worden war.
    Sie hatte an diesem Morgen seinen Verband gewechselt und einen heillosen Schrecken bekommen, als sie die zehn Zentimeter lange Wunde in seiner Seite sah. Sie ist nicht tief, sondern nur lang, hatte er sie beruhigt. Doc Hargus hätte ihn zusammengeflickt. Gia begutachtete die saubere Naht, die die Wunde geschlossen hielt. Sie hatte sich nie mit der Idee anfreunden können, dass Jack diesen alten abgehalfterten Mediziner aufsuchte. Im Sommer des Vorjahres jedoch hatte sie gelernt, Doc Hargus zu vertrauen, nachdem Jack sich unter seiner Obhut von anderen, viel schlimmeren Verletzungen erholt hatte.
    Sie war wütend auf Jack, weil er sich hatte verwunden lassen. Würde er jemals aus seinen Erfahrungen lernen?
    Andererseits aber, wenn er aus seinen Erfahrungen lernte, wenn er sich änderte, wäre er dann immer noch derselbe Jack? Oder würde irgendein Feuer in seinem Innern

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