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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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warum sollte jemand gegenüber einem vermeintlichen Krankenhausbuchhalter leugnen, einen Bruder zu haben? Doch nur, wenn der Betreffende nicht wollte, dass der Bruder benachrichtigt wurde.
    Aber Eli Bellitto hatte nicht so geklungen, als würde er lügen. Edward hingegen …
    Die Telefonnummer, die er ihm genannt hatte, war geschwindelt wie zweifellos auch die Geschichte, die er ihm aufgetischt hatte. Edward hatte einen irischen Akzent, Eli nicht. Außerdem sahen sich die beiden angeblichen Brüder in keiner Weise ähnlich.
    Keine Frage … Edward hatte gelogen.
    Was Jack am meisten ärgerte, war, dass er Edward – falls das überhaupt sein richtiger Vorname war; sein Nachname lautete ganz sicher nicht Bellitto – als einen ehrlichen, anständigen Zeitgenossen eingestuft hatte. Es geschah immer wieder einmal, dass ein Kunde versuchte, ihn aufs Kreuz zu legen, doch Jack bekam das gewöhnlich heraus, ehe irgendein Schaden entstand. Da viele seiner Jobs darin bestanden, sich zu revanchieren, es irgendjemandem heimzuzahlen, und dabei auch, wenn nötig, etwas rauer zur Sache zu gehen und Schmerzen zuzufügen, hatte Jack es sich zur Angewohnheit gemacht, über seine Auftraggeber gründliche Erkundigungen einzuziehen, ehe er zur Tat schritt. Edward hingegen hatte Jack gebeten, Menschen vor Schaden zu bewahren. Daher hatte er dem Mann alles geglaubt.
    Aber wenn er nicht Eli Bellittos Bruder war, wer zum Teufel war er dann? Hatte er Jack engagiert, damit er zugegen wäre, als Eli Bellitto dieses Kind entführte? Es schien so. Aber woher hatte er so genau gewusst, wann dies geschehen würde?
    Jack schätzte, dass seine Chancen, das herauszufinden, gering oder gleich null waren.
    Dennoch, er war nicht bereit, diese Angelegenheit als Reinfall zu verbuchen. Noch nicht. Das ließ die Telefonnummer, die Edward ihm genannt hatte, nicht zu. Wenn man jemandem eine falsche Telefonnummer geben will, dann schreibt man eine Vorwahl und eine willkürliche Folge von sieben Ziffern auf. Warum hatte er eine weggelassen? Das ergab keinen Sinn.
    In Jacks Gehirn war ein ganzer Schrank voller Dinge, die keinen Sinn ergaben, gespeichert. Diesem scheinbar sinnlosen Datenfundus würde er die Bellitto-Geschichte hinzufügen.
    Er drückte die Tür auf und betrat den klimatisierten und angenehm kühlen Verkaufsraum von Municipal Coins.
    »Mr. Blake!«, rief der Mann, der soeben in einer der zahlreichen Vitrinen ein Tablett arrangierte. Er kam sofort herbeigeeilt und schüttelte Jack die Hand. »Ich freue mich aufrichtig, Sie wiederzusehen.«
    »Hallo, Monte. Nennen Sie mich Jack, okay?«
    Er bat Monte seit Jahren, ihn Jack zu nennen, aber der Mann musste mit einem speziellen Höflichkeitsgen auf die Welt gekommen sein, das es ihm unmöglich machte, einen Kunden mit seinem Vornamen anzusprechen.
    »Das tue ich«, versprach er. »Ja, das tue ich.«
    Municipal Coins gehörte Monte zur Hälfte. Jedes Mal, wenn Jack ihn ansah, kam ihm das Wort dick in den Sinn: dicker Körper, dicke Lippen, sogar sein lockiges schwarzes Haar vermittelte einen Eindruck von dick. Doch er bewegte sich so schnell wie ein Frettchen. Als Gehirn besaß er eine numismatische Datenbank zusätzlich zu seinem MBA von der Yale-Universität. Aber das einzige Geschäft, das ihn wirklich interessierte, war der Handel mit seltenen Münzen.
    »Ich habe soeben eine umfangreiche Sammlung aufgekauft«, erklärte er und winkte Jack in den hinteren Teil des Verkaufsraums, wo er die besonders edlen Stücke aus seinem Angebot bereithielt. »Vergangene Woche sind ein paar erstaunliche Kostbarkeiten hereingekommen. Die müssen Sie sich ansehen. Absolut erstklassig.«
    Jack gehörte zu Montes Stammkunden. Dieser hielt ihn vermutlich für einen wohlhabenden Münzsammler, doch Jacks Bestand an wertvollen Münzen war mehr als nur eine Sammlung. Die teuren Stücke dienten seiner Altersvorsorge.
    Ohne eine Sozialversicherungsnummer – eine echte – konnte er kein Bankdepot anlegen oder in Aktien investieren. Das hätte er unter keinen Umständen getan, da es bedeutet hätte, dass er hätte Steuern zahlen müssen, eine Last, die Jack in seinem Leben bis jetzt erfolgreich hatte von sich fern halten können. Daher, wann immer er einen größeren Geldbetrag in bar gespart hatte, investierte er ihn in Goldmünzen. Einige davon waren nur wertvoll wegen ihres reinen Goldgehalts – wie Krügerrands zum Beispiel. Doch meistens handelte es sich um seltene und von Sammlern begehrte Stücke. Es war keine

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