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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Leben noch nie so heftig gefroren habe wie während seiner Beerdigung. Mitten im Wind an seinem Grab zu stehen – Junge, Junge!« Jack rieb sich die Hände und zog die Schultern hoch, als fröre er noch bei der Erinnerung daran. »Ich kann Ihnen flüstern, ich dachte, ich würde nie mehr richtig warm werden.«
    »Tatsächlich«, sagte Foster. »Soweit ich mich erinnern kann, war der letzte Winter eigentlich recht milde.«
    »Hier vielleicht schon, aber in St. Paul haben wir uns den Hintern abgefroren.«
    »Minnesota? Ja, dort gibt es wirklich kalte Winter. Kommen Sie von dort?«
    »Ich? Nee, ich bin in Virginia geboren und aufgewachsen.«
    »Wie gefällt Ihnen Manhattan?«
    »Ich liebe es. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Restaurants gesehen. Und dann der Betrieb, der ständig dort herrscht.« Er lachte. »Ist es hier nicht üblich, seine Mahlzeiten zu Hause einzunehmen?«
    Foster lächelte. »Ja, auf der Upper West Side findet man wirklich jede nationale Küche, die man sich vorstellen kann.«
    Jack verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, als er tiefes Misstrauen mimte. »Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Hm, von dem Fragebogen, den Sie gestern ausgefüllt haben.«
    »Ach ja.« Jack grinste verlegen. »Das hatte ich vergessen.«
    Er hatte erwartet, dass die Fosters ihn überprüfen würden. Er war gestern, als die Beleuchtung wieder aufflammte, in der Runde der einzige Fremde gewesen, daher musste er ein Hauptverdächtiger sein. Deshalb hatte er auch den Namen einer realen Person benutzt … für den Fall, dass er noch einmal würde zurückkommen müssen.
    Aber er hatte sein Eingreifen durchaus plausibel kaschieren können: Die Fernbedienungseinheit im Lichtschalter hätte auch von außerhalb des Seanceraums aktiviert werden können.
    Er war überzeugt, dass sie ihn durchleuchtet hatten. Foster hatte zweifellos einen Ausflug zu den Millennium Towers unternommen und festgestellt, dass dort in der Tat ein Robert Butler wohnte. Hätte er den echten Robert Butler allerdings gesehen, wäre der ganze Schwindel aufgeflogen. Offensichtlich war das jedoch nicht passiert. Wenn er die Telefonnummer, die Jack auf dem Fragebogen eingetragen hatte, angerufen hätte – das hatte jemand am Vortag tatsächlich getan und sofort wieder aufgelegt –, hätte er eine Ansage von »Bob Butler« gehört, die die Nummer bestätigte und ihn bat, nach dem Piepton eine Nachricht zu hinterlassen.
    Der Krügerrand gestern und der Umschlag voller Geld heute sollten eigentlich sämtliche Zweifel an seiner Person beseitigt haben. Das jedenfalls hoffte Jack. Den beiden war wirklich zuzutrauen, dass sie etwaige Konkurrenten umbringen würden. Was würden sie erst mit jemandem anfangen, von dem sie annahmen, er wolle sie austricksen?
    Jack empfand das Vorhandensein der kleinen .38er Automatik in seinem rechten Stiefelschaft als äußerst beruhigend.
    Foster hatte eine weitere Frage. »Standen Sie Ihrem Onkel nahe?«
    »Na klar. Ein toller Typ. Hat sein Vermögen zwischen mir und meinem Bruder aufgeteilt, als er starb. Absolut Spitze.«
    »Wollen Sie deshalb mit ihm Kontakt aufnehmen? Um sich bei ihm zu bedanken?«
    »Nun ja, das auch. Aber auch, um ihn zu fragen …« Jack griff in die linke Innentasche seines Sakkos und holte eins von Montes Münzetuis hervor, » …was es damit auf sich hat.«
    Fosters Blicke saugten sich an der matt glänzenden Chromoberfläche fest.
    »Interessant.« Er streckte eine Hand aus. »Darf ich mal sehen?«
    Jack reichte ihm das Kästchen und beobachtete zufrieden, wie die Hand seines Gegenübers unter dem unerwarteten Gewicht des Behältnisses leicht nach unten sackte. Aber Foster ließ sich von seiner Verwunderung darüber, dass das Etui so schwer war, nichts anmerken. Die Finger seiner freien Hand glitten über die mattierte Oberfläche, streichelten die Fuge zwischen Deckel und Unterteil, betasteten die versenkten Scharniere und blieben auf dem Schlüsselloch am anderen Ende liegen.
    »Haben Sie den Schlüssel?«
    »Ahm, nein.«
    »Also, ich wette, dass dieses Etui eine interessante Geschichte hat.«
    Jack setzte eine schuldbewusste Miene auf, während er die Hand nach dem Kästchen ausstreckte. »Das kann man wohl sagen. Aber das ist eine Sache zwischen mir, meinem Onkel und der Lady.«
    »Ja, natürlich«, sagte Foster und gab das Behältnis zurück. Er schaute auf seine Armbanduhr. »Ich werde mal nachsehen, ob Madame bereit ist.«
    Er entfernte sich vom Empfangstisch, betrat den Seanceraum

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