HMJ06 - Das Ritual
zusammen. Eli schloss die Augen …
»Tun Sie es nicht!«, rief Adrian. »Eli, hör mir zu! Was wäre, wenn der Mann, der dich angegriffen hat, deine Unverwundbarkeit beeinflusst hat? Was wäre, wenn die Wunden, die er dir zugefügt hat, deine besonderen Fähigkeiten neutralisiert haben, bis sie durch eine neue Zeremonie erneuert werden?«
»Rede keinen Blödsinn!«
»Es wäre doch eine Möglichkeit, oder nicht? So etwas ist dir doch noch nie zuvor passiert, richtig? Möchtest du es wirklich riskieren?«
Eli fröstelte, als Adrians Worte in sein Bewusstsein einsanken. Nein …, das konnte nicht sein. Das war noch nie dagewesen. Und dennoch, das galt auch für das, was am Montag geschehen war. Wenn Adrian nun Recht hätte …
Ich muss sofort eine Zeremonie veranstalten! Ehe sich das Zeitfenster dieses Neumondes schließt!
Er sah Strauss an und stellte fest, dass er offensichtlich unsicher geworden war.
Soll ich es wagen?
Ja. Er musste es.
»Vielleicht hast du Recht, Adrian. Aber das kann man nur feststellen, wenn wir wissen, was geschieht, wenn Freddy mit dem Messer zusticht.« Er blickte Strauss in die Augen. »Los, Freddy, machen Sie schon. Das ist ein Experiment.«
»Hm-hm«, erwiderte Strauss, schüttelte den Kopf und wich zurück. »Zu riskant. Ich werde ganz bestimmt kein Experiment machen, das mir am Ende vielleicht eine Mordanklage einbringt.«
»Gott sei Dank!« Adrian sank gegen die Wand.
Eli empfand genauso, konnte es aber nicht offen zeigen. Er seufzte lediglich und meinte: »Vielleicht hast du Recht, Adrian. Vielleicht sollten wir die Zeremonie so bald wie möglich durchführen.«
»Aber es ist keine Zeit mehr!«, sagte Adrian. »Das Fenster für die Zeremonie erstreckt sich auf die Zeit drei Tage vor und nach dem Neumond. Das heißt, wir müssen uns ein neues Lamm beschaffen …«
»Bis Freitag«, sagte Eli. »Und zwar so, dass es niemals zu uns zurückverfolgt werden kann.« Das erschien unmöglich. Aber er musste ganz ruhig bleiben, und, vor allem, ruhig erscheinen. »Wir erkundigen uns bei den anderen Mitgliedern des Zirkels nach möglichen geeigneten Objekten. In der Zwischenzeit …« Er drehte sich zu Strauss um. »Gibt es irgendwelche Fortschritte bei Ihrer Suche nach unserem Angreifer?«
Strauss schüttelte den Kopf. »Keine. Aber ich habe diese Braut ausfindig gemacht, deren Bemerkungen gestern in den Fernsehnachrichten zitiert wurden.«
»Hervorragend. Es tut richtig gut, dass Sie mal eine positive Nachricht haben. Wie haben Sie sie gefunden?«
»Das war ziemlich einfach. Gregson hat mir eine Kopie des ursprünglichen Videobandes besorgt. Sie haben die Lady aufgenommen, als sie ihren Kommentar abgab, doch sie weigerte sich, die Einverständniserklärung zu unterschreiben. Übrigens eine gut aussehende Frau. Wir hatten Glück, denn der Kameramann folgte ihr bis zu dem Taxi, mit dem sie wegfuhr. So kriegte ich die Nummer des Taxis, hab ein paar Telefonate geführt und in Erfahrung gebracht, dass sie vor ihrem Haus abgesetzt wurde.«
»Wunderbar.« Eli hatte diese Frau vorübergehend in den Hintergrund geschoben, doch nun, als er sich wieder an das erinnerte, was sie von sich gegeben hatte, loderte seine Wut schon wieder hoch. »Und wer ist sie?«
Strauss holte einen Notizblock hervor. »Ihr Name ist Gia DiLauro. Sie ist so etwas wie eine Künstlerin. Aber irgendwas stimmt nicht mit ihr. Ich habe bei der Steuer nachgefragt und herausbekommen, dass sie bei weitem nicht genug verdient, um in einer so eleganten Gegend zu wohnen, wohin das Taxi sie gebracht hat.«
»Eine Künstlerin, hm?« Eli kratzte sich am Kopf. »Nun, wir erkundigen uns, wo sie ihre Gemälde verkauft oder für wen sie arbeitet, und sorgen dafür, dass sie nicht mehr ausstellen kann und dass ihre Einkommensquellen versiegen. Das nur für den Anfang. Danach …«
»Sie hat ein Kind«, sagte Strauss.
Eli hielt die Luft an. Ein Kind. Das war zu schön, um wahr zu sein.
»Reden Sie weiter.«
»Das ist auch seltsam. Sie hat eine Tochter, die angeblich unehelich ist, aber die Kleine hat einen anderen Nachnamen: Westphalen. Victoria Westphalen.«
»Und ihr Alter?«
Bitte sag unter zehn, betete Eli im Stillen. Bitte.
»Acht.«
Im Zimmer herrschte gespannte Stille, während die Männer einander ansahen.
»Acht«, flüsterte Adrian. »Das ist … perfekt.«
Mehr als perfekt, dachte Eli. Wenn sie das Kind rechtzeitig in ihre Gewalt bekämen, könnte es das Lamm für die nächste Zeremonie sein. Und ihr Opfer
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