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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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verdanken. Dafür lag der Geruch nach gebratenen Zwiebeln in der Luft. Matter Lichtschein erhellte eine Treppe am Ende des Korridors, außerdem war konserviertes Gelächter von dort zu hören – im Fernseher lief offensichtlich eine Sitcom.
    Jack reichte Lyle den Sportsack und schlich mit gezückter Pistole zur Treppe. Lyle folgte ihm. Am Beginn der Treppe bedeutete er Lyle mit Handzeichen zu warten, dann stieg er geradezu quälend langsam Stufe für Stufe hinunter und achtete darauf, den Fuß jeweils auf den äußersten an der Wand gelegenen Rand der Stufe zu setzen. Er erreichte das Ende der Treppe, verschwand für einen kurzen Augenblick und tauchte dann wieder auf, um Lyle zu sich herunterzuwinken. Auf Socken – er hatte seine lederbesohlten Schuhe, die zu geräuschvoll waren, im Sportsack verstaut – folgte Lyle Jacks Beispiel und hielt sich ebenfalls dicht an der Wand.
    Unten angekommen schaute er sich um. Sie befanden sich in einem kleinen Raum, der offensichtlich als Esszimmer diente. Benutzte Teller standen auf dem Mahagonitisch. Links davon befanden sich die Küche sowie ein weiterer Nebenraum. Lyle vermutete angesichts des eingeschalteten Computermonitors, dass es sich um eine Art Büro handeln musste. Das Wohnzimmer war der Raum zur Rechten. Von dort drang auch der Fernsehlärm zu ihnen.
    Lyle zuckte zusammen, als im Büro ein Telefon klingelte. Er drehte sich zu Jack um und wollte in Erfahrung bringen, was er tun sollte, doch Jack huschte bereits geschmeidig wie eine Raubkatze in Richtung Wohnzimmer. Er erreichte es zur gleichen Zeit, als ein Mann in grauer Anzughose und weißem Oberhemd mit Umschlagmanschetten herauskam. Er war schon älter, maß ungefähr eins achtzig und hatte bleiche Haut und dunkles schütteres Haar. Er ging ein wenig schwerfällig, als wäre ihm diese Art von Bewegung unangenehm. Das musste der Mann sein, wegen dem sie hergekommen waren, dieser Eli Bellitto, von dem Jack erzählt hatte.
    Jack rammte dem Mann den Schalldämpfer unters Kinn, packte eine Hand voll Haare in seinem Nacken, riss damit seinen Kopf nach hinten, so dass seine Kehle freilag.
    »Hallo, Eli«, sagte er mit leiser, heiserer Stimme. »Heute schon ein paar kleine Jungs missbraucht?«
    Lyle hatte noch nie jemanden gesehen, der entsetzter gewesen war. Der Mann sah aus, als würde er jeden Augenblick vor Schreck und Angst zusammenbrechen, während Jack ihn in das Wohnzimmer zurückschob.
    »W-was? Wie …?«
    Lyle, der noch immer den Sportsack trug, folgte in einigem Abstand. Im Wohnzimmer stand ein riesiger Sony-Fernseher- mit mindestens einem Siebziger-Bildschirm – der soeben eine Folge der Seinfeld-Serie übertrug.
    »Runter! Auf den Fußboden!«
    Bellittos Gesicht verzerrte sich vor Schmerzen, als ihm Jack in die Kniekehlen trat, so dass er auf die Knie sank und eine Bethaltung einnahm.
    »Nein! Bitte! Ich bin verletzt!«
    Das Seinfeld-Publikum lachte.
    »Das sollte Ihre geringste Sorge sein«, sagte Jack immer noch mit leiser, kontrollierter Stimme.
    Er stieß Bellitto bäuchlings auf den nackten Parkettboden, dann hockte er sich rittlings auf ihn und rammte ihm in Gürtelhöhe ein Knie in den Rücken. Bellitto stöhnte schmerzgepeinigt auf.
    Lyle rief sich ins Gedächtnis, dass dieser Kerl Tara Portman und wer weiß wie viele andere Kinder getötet hatte und dass Jack diese ganze Affäre viel näher ging als ihm – immerhin hatte er mit eigenen Augen gesehen, wie sich dieser Bursche einen kleinen Jungen von der Straße hatte holen wollen. Jack sprang ausgesprochen grob mit ihm um, aber wenn jemand eine solche Behandlung verdient hatte …
    Jack zupfte einen kurzen Streifen Klebeband von seinem Sweatshirt und klebte ihn auf den Mund des Mannes. Dann blickte er zu Lyle hoch.
    »Kommen Sie her.«
    Lyle zögerte, dann näherte er sich. Jack reichte ihm die Pistole.
    Er zwinkerte Lyle zu. »Wenn er irgendwas Dummes versuchen will, dann jagen Sie ihm eine Kugel in den Hintern.«
    Das Seinfeld-Publikum lachte abermals schallend.
    »Ja.« Lyle räusperte sich. Sein Speichel fühlte sich wie Kleister an. »Aber sicher doch. Welche Backe?«
    Jack lächelte – es war ein knappes Lächeln, das erste, das Lyle an diesem Tag bei ihm sah – und stieß einen Daumen nach oben. Dann zog er Bellittos Arme nach hinten und benutzte längere Klebebandstreifen, um ihm die Hände zu fesseln. Danach streckte er fordernd die Hand aus: Froh, von seiner Wächteraufgabe erlöst zu sein, gab Lyle die Pistole zurück.
    »Einen

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