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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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genau zu wissen, was er tat. Mit jemand anderem hätte sich dieses Unternehmen zu einem Abenteuer entwickeln können, das eine Männerfreundschaft begründete, doch nachdem sie das Haus verlassen hatten, hatte sich Jack deutlich verändert. Er war auffallend still geworden und schien sich regelrecht in sich selbst zurückgezogen zu haben. Seine lockere Art hatte sich verflüchtigt und war durch kühle, konzentrierte Effizienz hinter einer undurchdringlichen Fassade ersetzt worden. Was sich darbot, war ein Mann mit einer Mission, entschlossen, sein Ziel zu erreichen, koste es, was es wolle. Lyle stellte fest, dass er einem mit dieser Art regelrecht Angst machen konnte. Es schien, als hätte er seine sämtlichen menschlichen Regungen in ein kleines Hinterzimmer verbannt, so dass nur seine düstere und rohe Seite zu Tage trat.
    »Warum festbinden?«
    »Ich gehe an der Hauswand runter.«
    Lyle hatte für einen kurzen Moment Atemprobleme. Er trat zur Brüstung und wagte einen Blick in die Tiefe. Sie standen auf einem dreistöckigen Gebäude. Von hier abzustürzen wäre genauso, als spränge man aus einem in der vierten Etage gelegenen Fenster. Ein Schwindel erfasste ihn und drohte, ihn über die niedrige Begrenzungsmauer zu ziehen. Doch er konnte dem Sog widerstehen, bis die Umgebung aufhörte, sich um ihn zu drehen. Er hatte mit einer rauen Ziegelwand gerechnet. Stattdessen sah er glatte Flächen und reliefartige Verzierungen.
    Er drehte sich zu Jack um. »Sie sind verrückt. Es gibt nichts, woran Sie sich festhalten könnten.«
    »Ja. Diese alten Bauten können selbst einem geübten Fassadenkletterer manchmal einiges Kopfzerbrechen bereiten.«
    Lyle spürte, wie er von einem Zittern erfasst wurde, das seinen Ursprung in seiner Magengrube hatte und bis in die äußersten Spitzen seiner Gliedmaßen ausstrahlte.
    »Ich glaube, das schaffe ich nicht, Jack.« Genau genommen war er sich sogar absolut sicher, nicht über die Brüstung klettern zu können.
    Jack musterte ihn streng. »Sie wollen sich drücken?«
    »Nein, es ist nur … diese Höhe. Ich werde leicht …«
    »Dachten Sie etwa, Sie würden über diese Mauer steigen?« Er schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Sie bleiben hier, um auf das Seil zu achten und aufzupassen, dass sich dieses Rohr nicht verbiegt.«
    Lyle atmete erleichtert auf. Das konnte er tun.
    Jack holte ein Paar Arbeitshandschuhe hervor und nahm Lyle das Seil aus der Hand. Er band es um eine Stahlröhre, die senkrecht aus dem Hausdach hervorragte, prüfte die Festigkeit des Knotens, ließ das Seil durch die Hand gleiten, während er zum Rand des Daches ging, und setzte sich auf die Brüstung.
    »Woher wissen wir, ob dieser Kerl überhaupt zu Hause ist?«
    »Das wissen wir nicht. Aber der dritte Stock – wo ich die Schlafzimmer vermute – ist dunkel. Dafür brennt im zweiten Stock Licht, und es läuft ein Fernseher.«
    »Wie können Sie das feststellen?«
    Jack machte eine ungeduldige Geste. »Unterschiedliche Arten von Licht. Und außerdem war er seit unserer letzten Begegnung nicht allzu mobil.« Er blickte nach unten. »Mein Plan sieht folgendermaßen aus …«
    Lyle hörte zu, nickte ein paar Mal, dann half er Jack, über die Mauer zu klettern. Indem sein Blick zwischen Jack und dem Lüftungsrohr hin- und hersprang, verfolgte Lyle, wie er sich an der gusseisernen Fassade abwärts gleiten ließ und neben einem Fenster direkt unter ihm stoppte. Weiter unten sah Lyle vorbeifahrende Automobile und bummelnde Fußgänger.
    Bitte, schaut auf keinen Fall nach oben.
    Jack stellte einen Fuß auf den Sims und schob behutsam das Fenster hoch. Gut. Es war nicht verriegelt. Andererseits, wer macht sich schon die Mühe, ein Fenster im dritten Stock zu verriegeln? Und dann auch noch im Sommer?
    Jack verschwand in der Öffnung, und Sekunden später pendelte das freie Ende des Seils nach draußen. Lyle zog es schnell hoch und band das andere Ende vom Lüftungsrohr los. Er legte das Seil zusammen, während er sich zur Dachtür tastete, dann stopfte er es in Jacks Sportsack. Jacks Anweisungen folgend streifte er sich ein Paar Latexhandschuhe über und war bereit, als Jack die Tür von innen öffnete.
    Während Jack seine Arbeitshandschuhe gegen ein Paar aus Latex austauschte, flüsterte er: »Jetzt könnte es ein wenig heikel werden. Wenn Bellitto allein ist, haben wir Glück. Aber wenn dieser kräftige Kerl, von dem ich Ihnen schon erzählt habe, in der Nähe ist …«
    Er griff in den Sportsack und zog eine

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