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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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zu den Stimmbändern eines Frosches verholfen. »Wie geht’s, wie steht’s?« Er schüttelte den Kopf. »Es ist heutzutage hart, ein paar Dollars zu verdienen, weißt du? Verdammt hart.«
    »Ja«, sagte Jack und trat an die Vitrine, die Ernie gleichzeitig als Theke benutzte. Ein Dutzend Rolex-Imitationen funkelten unter der oberen, stark zerkratzten Glasplatte. »Die Geschäfte gehen überall schlecht.«
    »Diese Straßenhändler bringen mich noch um. Ich meine, welche Unkosten müssen sie tragen? Sie rollen eine Decke auf dem Asphalt aus oder stellen einen Pappkarton auf, und schon sind sie im Geschäft. Sie verkaufen die gleiche Ware wie ich, nur mit einem minimalen Aufschlag auf den Einkaufspreis. Du solltest dir nur mal ansehen, was ich als Miete für dieses Loch hier zahlen muss.«
    »Tut mir Leid.« Ernie jammerte, dass etliche seiner Quellen für falsche Ausweispapiere nach dem Anschlag auf das World Trade Center versiegt waren. Er war seit Jahren Jacks hauptsächlicher Lieferant für Führerscheine und andere Ausweispapiere. »Hast du das Material, über das wir gesprochen haben?«
    »Klar.« Er deutete zur Tür. »Sorg mal dafür, dass es so aussieht, als sei geschlossen.«
    Jack verriegelte die Tür und drehte das Schild von Geöffnet auf Geschlossen. Als er zur Theke zurückkam, hatte Ernie bereits einen Stapel Banknoten darauf gestapelt.
    »Da ist das Gewünschte. Fünftausend.«
    Jack griff nach einem der Hundertdollarscheine. Er rieb ihn zwischen den Fingern und hielt ihn gegen das Licht. Nicht zu neu und nicht zu abgegriffen. »Ich finde, der Lappen sieht ziemlich gut aus.«
    »Ja, gute Arbeit, aber so kalt wie Bin Ladens Hintern. Jeder Verkäufer von Bloomingdales bis hinunter zum armseligsten Trödelladen hat die Seriennummern neben der Kasse liegen.«
    »Perfekt«, sagte Jack. Das war genau das, was er sich wünschte. »Was bin ich dir schuldig?«
    »Gib mir zwanzig, und wir sind quitt.« Er grinste, als er damit begann, die Banknoten in eine braune Einkaufstüte zu stopfen. »Ich gehe runter auf fünfzehn, wenn du mir mehr davon abnimmst.«
    Jack lachte. »Du willst das Zeug wirklich loswerden, nicht wahr?«
    »Was sonst? Die Scheine waren für eine Weile Gold wert, aber jetzt sind sie nur noch gut zum Zigarrenanzünden oder um Löcher in einem zugigen Zimmer zu stopfen. Man kann die Blüten noch nicht mal als Klopapier verwenden. Außerdem ist es zu gefährlich, solches Zeug bei sich herumliegen zu lassen.«
    »Warum verbrennst du die Scheine nicht einfach?«
    »Leichter gesagt als getan, Mann. Vor allem im Sommer. Erst mal habe ich keinen offenen Kamin in meiner Wohnung, und selbst wenn ich einen hätte, würde ich das Zeug dort nicht verbrennen wollen. Und die Penner zünden bei dieser Hitze auch keine Mülltonnen an, um sich die Finger zu wärmen. Also kann ich dort nicht vorbeigehen und ein paar Bündel ins Feuer werfen. Ich muss wohl auf den Winter warten. Und bis dahin bin ich froh, wenn mir jemand wenigstens einen Teil abnimmt.«
    »Wofür hat man sonst Freunde?«, sagte Jack, reichte ihm einen Zwanziger und nahm die Einkaufstüte von der Theke.
    Ernie musterte ihn kopfschüttelnd. »Ich begreife das nicht. Warum willst du unbedingt schlechte Blüten haben, wenn ich dir richtig gute beschaffen kann? Was hast du damit vor?«
    Jack grinste. »Ich erkaufe mir den Zugang zum Himmel.«
     
     

3
     
    »Willst du wirklich reingehen?«, fragte Jack, während er den Wagen einen halben Block von Ifasens Haus entfernt in eine Parklücke rangierte.
    Gia überlegte kurz. »Natürlich. Sonst wäre ich wohl kaum hergekommen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Du hast so was noch niemals getan.«
    Sie lächelte ihn an. »Es gibt für alles immer ein erstes Mal, richtig?«
    Wie, zum Beispiel, Vater zu sein, dachte sie.
    Sie war solch ein Feigling. Jack hatte gesagt, er wolle Ifasen einen Besuch abstatten – obgleich er ihn jetzt Lyle nannte –, um den vereinbarten Anteil vom Honorar abzuholen. Und sie hatte durchblicken lassen, dass sie mitkommen wolle. Sie hatte ihren Wunsch mit einer Art partnerschaftlichem Interesse begründet – immerhin hatte sie ihm zu diesem Job verholfen – und hatte scherzhaft gemeint, sie überlege sich sogar, ob sie nicht eine Provision verlangen solle.
    In Wirklichkeit aber hatte sie einen ernsteren Grund, ihn zu begleiten. Genau genommen waren es zwei Gründe.
    Zunächst hatte sie entschieden, ihm lieber schon jetzt als später von der Schwangerschaft zu erzählen. Sie war

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