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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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Verein in Deutschland trainiert. Vielleicht gibt der dir ja trotz Verletzung eine Chance, weil er dich schon damals gut fand. Wo ist der denn heute?«
    »In Dortmund …« sagte er, und jetzt war es an mir, mich aufzuregen.
    »Ich glaub, ich spinne! Dein alter Trainer, der dich damals ins Ausland geholt hat, um mit dir in der ersten Saison Schweizer Meister zu werden, ist heute ausgerechnet bei dem Verein, wo du vor zwanzig Jahren mit Fußballspielen angefangen hast?! Da redest du sonst immer von ökonomischem Trara, aber jetzt jammerst du rum und kapierst nicht, was das hier für eine fette Story sein könnte? Für alle Beteiligten? Ich fass es nicht …«
    »Lina, so einfach geht das nicht …«, ging er in die Defensive.
    »Ach nein?!« Ich kam richtig in Fahrt: »Dann erklär mir doch, wo der Haken ist: Du bist der tragische Held, der die WM leider nicht retten kann, weil er verletzt ist, und die bösen Schweizer verlängern deinen Vertrag nicht. Aber: Dein alter Trainer, der große Stücke auf dich hält, holt dich zurück nach Hause, in den Pott. Riesengeschichte. Für diese Heimkehr, für diesen Herzenswunsch quälst du dich dementsprechend in der Reha, auch aus menschlichem Dank dem Trainer und dem Verein gegenüber. Das wird natürlich pünktlich zum Bundesligastart medial aufbereitet. Damit hast du in Sachen Aufmerksamkeit einen fulminanten Start in der Bundesliga, trotz oder gerade wegen der Verletzung. Und dem Verein wird dieser sentimentale Schachzug PR-mäßig sicherlich auch eher nützen als schaden. Also Ralf: Was genau ist schwierig an dieser Idee?!«, beendete ich herausfordernd mein Plädoyer und blies mir eine Haarsträhne aus der Stirn, die sich aus meinem Pferdeschwanz gelöst hatte.
    Anscheinend hatte ich es doch noch geschafft, seine Laune zu ändern, denn er grinste.
    »Hol am besten mal deine Sachen aus dem Auto. Hier nebenan ist ein Besucherzimmer, du schläfst hier, und morgen früh bestellen wir umgehend die Presse her. Zufrieden?«
    Der alte Ralf kam allmählich wieder hervor – und auf meine ehrliche Freude und mein Strahlen reagierte er mit Anerkennung und amüsiertem Kopfschütteln: »Das hört sich wirklich alles gut an, Lina. Aber manchmal machst du mir wirklich Angst, mit gerade mal 22 schon so ein schlaues Biest …!«
    Ich grinste zurück und spürte, dass dieses Wochenende ein wichtiger Punkt werden würde – für unsere öffentliche Paar-, wie auch für unsere tatsächliche Freundschaftsbiographie.
    Und weil nichts so verbindend wirkt wie gemeinsam bewältigte Krisen und vor allem geteilte Geheimnisse, ließ ich meinem aufblitzenden Übermut freien Lauf. »Apropos gut anhören: Das mit meinen 22 Jahren ist gelogen! Das sag ich immer nur, weil es sich viel besser anhört als 19!«
    Damit zwinkerte ich Ralf, der sichtlich unsicher war, ob ich scherzte oder nicht, kokett zu und verließ die Privatsuite, um meine restlichen Sachen aus dem Auto zu holen.
    Als ich gut zwanzig Minuten später mit meiner Reisetasche, einem kleinen Proviant an italienischen Leckereien und den Schuhen, die ich für Ralf in Mailand besorgt hatte, wieder auf die Station zurückkehrte, stand Dr. Ahangi lächelnd in Zivilkleidung vor mir, als sich die Aufzugtür öffnete und ich den frisch gebohnerten Flur betrat.
    »Ich wollte mich noch von Ihnen verabschieden. Ich hab Dienstschluss und muss dringend ins Bett – aber vorher will ich unbedingt Danke sagen! Das haben Sie sehr gut gemacht, Lina, ich hatte wirklich Angst, er tut sich was an. Aber jetzt lacht er wieder und sagt, er sieht nicht mehr schwarz, sondern schwarz-gelb, haha!«
    Dabei umarmte er mich herzlich, gab mir überdreht lachend links und rechts ein Küsschen und stieg in den Aufzug, bevor ich reagieren konnte. Ich fragte mich allmählich, ob das die in der Schweiz übliche Vorzugsbehandlung für prominente Privatpatienten und deren Angehörige war oder ob eine 40-Stunden-Schicht im Krankenhaus einen Arzt vielleicht einfach irre machte.
    Ich drehte mich zum Aufzug um, aber mehr als ein verstörtes »Äh … gerne! Gute Nacht!« gelang mir nicht, bevor die Tür begann, sich zu schließen.
    Im allerletzten Moment konnte ich aber noch sehen, dass er an seinen Füßen exakt die Schuhe trug, die neu und in einer anderen Farbe in dem Schuhkarton lagen, auf dem ich gerade italienisches Feingebäck zu Ralf balancierte. Das reduzierte meine Irritation um ein Vielfaches, und ich setzte meinen Weg in Ralfs Suite fröhlich summend fort.
    Dort schwieg

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