Hochgefickt
würden, ohne dass die Maskenbildnerin Unmengen von Eiswürfeln auf ihnen schmelzen lassen musste, wie beim Lagerfeuer-Shooting in den Bergen am Abend zuvor.
Trotz aller Unannehmlichkeiten hatte die Fotografin jedoch wirklich fantastische Bilder gemacht, und nachdem man mir in der Nachbearbeitung auch noch den ein oder anderen Makel wie Augenringe, Cellulitisansätze an der Oberschenkelinnenseite, Pickelchen in der gewachsten Bikinizone oder Besenreiser am Hintern wegretuschiert hatte, war das, was man letztendlich im Heft druckte, zwar weit von meiner biologischen Realität entfernt, aber dafür extrem ansehnlich.
Das kam mir durchaus gelegen, denn zum einen schmeichelt eine solche optische Märchenstunde dem persönlichen Ego sehr und segnet einen darüber hinaus sexuell gesehen mit Vorschusslorbeeren. Zum anderen hatte ich aber als Lina Legrand schon zu dieser Zeit ohnehin nicht mehr allzu viel mit der Realität am Hut: Mein Name war falsch, meine Paarbeziehung war nicht echt, meine Oberschenkel und Pobacken waren geschönt – warum hätte ich in dieser Situation also der Wahrheit entsprechend behaupten sollen, mein üppiger, aber strammer Busen sei echt? Zu einem Zeitpunkt, wo die Klinik eröffnet wurde, war es doch eindeutig sinnvoller, die Werbetrommel zu rühren und »dazu zu stehen, dass meine Oberweite das Werk von Dr. Ahangi ist«.
Schließlich hatte ich mich finanziell in die Klinik mit eingebracht und wollte, dass der Laden schnell schwarze Zahlen schreibt. Reza hatte mir glaubwürdig versichert, dass er tatsächlich solche Brüste basteln könnte, und daher hielt ich also im Interview zur Fotostrecke ein dementsprechend begeistertes Plädoyer für die Vorzüge der plastischen Chirurgie, die so wahnsinnig natürlich aussehende Resultate hervorbringen konnte.
Die Resonanz auf die Bilder und die dazugehörigen Statements war wie erwartet recht groß, und auch wenn ich die damit zusammenhängende PR dankend für meine Zwecke nutzte, wurde mir dann irgendwann doch klar, dass Playboy -Fotos eben eine Sache für sich sind. Bis dahin hatte ich nämlich nur die vom Sender gedruckten Autogrammkarten und ein paar Shampoo-Plakate signiert (für wohltätige Zwecke natürlich), aber nun sprachen mich Typen an, die den aktuellen Playboy signiert haben wollten, und zwar leider sehr häufig ausgerechnet die Sorte Typ, die den Playboy ganz sicher nicht wegen der tollen Interviews kaufte. Eher die Sorte, die während des Signierens Aussagen machte wie: »Mein kleiner Freund wird immer ganz verrückt, wenn er Sie sieht! Da könnte man meinen, es gibt Krieg, so wie der Säbel juckt, hehehe!«, und das dann auch noch für ein charmantes Kompliment hielt, obwohl mir durch solche Auskünfte Bilder vors innere Auge schossen, die sich über Monate in den Hirnwindungen festätzten und in Sachen »empfundene Ekelqualität« beachtlich nah an die Nummer mit dem Aal in Günter Grass’ Blechtrommel kamen. Und wenn ich nicht trotzdem amüsiert tat, konnte ich mir dann auch noch beleidigte Vorwürfe anhören, mein Erfolg habe mich aber schon ganz schön arrogant gemacht …
In dieser Zeit musste ich mir das erste Mal eingestehen, dass Fans zu haben anscheinend doch nicht immer so toll ist, wie ich mir das früher im Salon ausgemalt hatte. Richtig deutlich wurde mir das nach meinem Gastauftritt bei einer Late-Night-Show meines Haussenders, als ich auf dem Heimweg bei der Fahrt durch einen Kölner Vorort sah, wie sich ein einsamer Fahrgast im beleuchteten Haltestellenbereich mit Blick auf das dort hängende Plakat die Wartezeit auf die Bahn durch Onanie vertrieb.
Das bestärkte mich in dem Gefühl, dass ich mir allmählich eine neue Taktik überlegen sollte, wenn ich mich im Gedächtnis der öffentlichen Wahrnehmung nicht dauerhaft als Wichsvorlage der Nation etablieren wollte. Sogar meine Eltern, die sonst so lockeren Freunde sexuellen Schabernacks, reagierten bei unserem wöchentlichen Telefonat auf die Playboy -Fotos deutlich reservierter, als ich ihnen das zugetraut hatte: Renate fühlte sich ernsthaft in ihrem mütterlichen Stolz verletzt durch die Außendarstellung, dass ich meinen schönen Busen angeblich einem Chirurgen verdanke, wo doch in Wahrheit nur ihre guten Gene dafür verantwortlich waren; Günther war durch die ausdauernden Feixereien seiner Feuerwehr-, Jagd- und Kegelbrüder so genervt, dass er mir gegenüber zu üblen pädagogischen Werkzeugen griff und dabei richtig bissig wurde.
»Ich bin wirklich arg
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