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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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klang er so sachlich, dass ich mich fragte, ob er seinen Text auswendiggelernt hatte: »Nun, zum einen Ihre frische und selbstbewusste Art. Wie Sie Tom Kosly Paroli geboten haben letztes Jahr, das war großartig …« – Kichern und bescheidenes Abwinken meinerseits – »… und zum anderen Ihre tollen langen Haare, die Sie wahnsinnig sexy machen! Diese Kombination von starkem Selbstbewusstsein und weiblicher Ausstrahlung ist einfach sehr interessant für uns …«, und dann hörte er gar nicht mehr auf zu reden.
    Ein bestimmt fünfminütiger Monolog über Marktanalysen, Kundenbefragungen, Produktforschung, Imagebildung und ähnliche Dinge folgte, der in der Gretchenfrage der Industrie mündete: »Könnten Sie sich denn vorstellen, für unser neues Haut- und Haar-Pflegeprodukt Werbung zu machen?«
    Natürlich konnte ich mir das vorstellen, sogar ganz hervorragend konnte ich das, aber weil ich merkte, dass ich als Wunschkandidatin der Geschäftsführung offensichtlich in einer luxuriösen Verhandlungsposition war, erbat ich mir zwei Wochen Bedenkzeit – währenddessen wollte ich unbedingt Ralf mit ins Boot bekommen. Und obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht deutscher Meister war und auch noch keine anderen Werbeverträge unterschrieben hatte, zierte er sich wirklich sehr, als ich ihm meine Idee unterbreitete – einfach aus Prinzip.
    »Was für eine bescheuerte Idee, ich kann doch nicht für ein Pflegeshampoo Werbung machen! Fußballer und Kosmetikwerbung, das geht gar nicht zusammen, da kann ich auch direkt im Tutu auf dem Spielfeld aufkreuzen!«
    »1. sollst Du ja nicht alleine dafür Werbung machen, sondern mit mir zusammen, und 2. ist das außerdem kein Shampoo! Das ist ein 2-in-1-Produkt, ein ›Verwöhnendes Pflegeduschbad für Haut und Haare‹ um genau zu sein, und wenn du dich nicht so zieren würdest, könnten wir denen für dich bestimmt auch einen Vertrag aus den Rippen leiern! Man müsste in der Kampagne lediglich den 2-in-1-Faktor zusätzlich noch etwas anders betonen, dass das eben nicht nur für Frauen praktisch ist, sondern auch für Männer. Eins für beide halt, wo ist da dein Problem? Du wolltest doch immer Werbung machen!?« Ich war wirklich sauer.
    »Ich will nicht rüberkommen wie ’ne Tucke, das ist das Problem, und jetzt hör auf mit dem Quatsch. Du solltest auf deren Angebot auf jeden Fall eingehen, aber halt mich bitte da raus!«
    Eine Woche nach Ende der Bundesligasaison war meine zweiwöchige Frist um, und ich hatte in Düsseldorf ein Treffen mit den Entscheidungsträgern des Kosmetikkonzerns und der zuständigen Werbeagentur. Diese beiden Parteien hatten mittlerweile aufgrund von Ralfs Kopfballtor zur Meisterschaft die gleiche Idee gehabt und veranstalteten nun in meinem Beisein ein Brainstorming, um die ursprünglich nur mit mir geplante Kampagne »Zarte Haut und schönes Haar, so voller Leben!« auf uns als Paar auszuweiten.
    Ich fand diesen Slogan ohnehin blöd, »… schönes Haar voller Leben« hörte sich in meinen Ohren eher nach Kopflausbefall an als nach Kaufimpulsauslöser – aber ich konnte über diesen Kritikpunkt hinaus wunderbar meinen Trumpf ausspielen: »Ralf will sein Gesicht ganz sicher nicht unter einem solchen Mädchen-Motto auf Plakaten sehen, mit Kosmetik haben Fußballer traditionell ja eh nicht soviel am Hut.«
    Einer der anwesenden Werbefuzzis, der offensichtlich bis unter die Hirnrinde dermaßen drauf war, dass Tom Kosly im Vergleich zu ihm wie ein Abstinenzler wirkte, rastete ziemlich aus, als ich meine Meinung so lapidar kundtat und damit anscheinend sein Kampagnenkonzept vom Tisch zu wischen drohte: »Wenn man keine Ahnung von Werbung oder von sonst irgendwas außerhalb der Horizontalen hat, sollte man lieber mal den Rand halten!«, legte er los, »Der Claim ist prima, zack, erstens! Zweitens ist gerade ein Fußballer als Werbeträger für Pflegeprodukte interessant, damit das eben endlich mal aus der Homo-Ecke rauskommt, Punkt! Und drittens: Ob jemand Werbung macht oder nicht, hat nichts zu tun mit dem Slogan oder dem Produkt, sondern schlicht und einfach mit dem Honorar, das derjenige bekommt. So einfach ist das, Blondi! Aber das waren gerade wahrscheinlich sowieso zu viele Fremdwörter in einem Satz!«
    Den Anzugträgern aus der Chefetage fielen vor Entsetzen fast die Augen aus dem Kopf, dass einer der angeheuerten Werbeheinis sich derart despektierlich äußerte – ausgerechnet der Frau gegenüber, die der Konzern als Werbeträgerin und vor

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