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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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wenig zivilisiertes Verhalten und Kinderstube, als wir uns nach der Kurzkritik zu Mel Gibsons Schottengemetzel gegenseitig mit Komplimenten zu unseren Projekten bedachten. Er fing an: »Ich fand ja die Duschzeug-Kampagne schon sehr sexy, aber die Playboy -Fotos sind echt richtig geil geworden!«
    »Naja, aber du siehst ja in der Szene, wo du nackt auf dem Fenstersims hockst, auch sehr appetitlich aus … habt ihr für den Film nicht gerade erst vorletzte Woche schon wieder einen Preis gewonnen? Herzlichen Glückwunsch!«, drehte ich die Komplimentspirale weiter.
    »Danke! Dieter ist übrigens auch hier, soll ich dich vorstellen?«
    »Klar!!!«
    Trotz pressierenden Paarungsdrangs wäre es extrem doof gewesen, dieses Angebot abzulehnen. Dieter war nämlich auch schon vor seinem letzten Film ein mehrfach ausgezeichneter Regisseur, der sogar dem ewigen Talent Leo Beusch mit dieser Komödie endlich das Sprungbrett in die A-Liga der deutschen Schauspieler geboten hatte, und daher wollte ich ihm auf jeden Fall vorgestellt werden.
    Schließlich hatte ich meine im Schauspielunterricht erlernten Fähigkeiten bis jetzt nur in meinem Alltag nutzen können, aber gerade aufgrund meiner aktuellen Imagekorrektur-Gedanken schien mir der wenig ansehnliche Regisseur nun eine hochattraktive neue Option zu sein, den Fuß endlich auch in die Tür des offiziellen Darstellergewerbes zu kriegen. Wenn diese viel gelobte Koryphäe jemanden trotz Silberblick und einer Stimme wie aus dem tiefsten Brunnenloch in der Branche zum Star machen konnte, dann ja vielleicht auch eine moderierende Fußballerfreundin mit Playboy -Vergangenheit, dachte ich mir gewohnt pragmatisch.
    Aber weil Dieter so indiskret, kurzweilig und ausdauernd wie ein Mädchen über seine gerade beendeten Dreharbeiten lästerte, mit einer »völlig überschätzten, zickigen, fetten und strunzdummen Planschkuh« in der Hauptrolle, die seiner Einschätzung nach nur im Filmbusiness gelandet war, »weil sie die richtigen Schwänze in der Produzentenetage gelutscht hat«, war ich mir sehr schnell sehr sicher, dass er eindeutig Ralfs Fraktion angehörte.
    Als wir eineinhalb Stunden später immer noch zu dritt erzählend und feixend dort herumstanden, wurde die Party beendet, und wir nahmen ein Taxi in Leos Hotel. Die Bar mit Blick auf das nächtliche Köln hatte leider auch schon Feierabend gemacht, aber angenehmerweise verfügte das neue Sexsymbol des deutschen Films über eine geräumige Suite, in der wir unsere Privatparty weiterfeiern konnten. Keiner von uns dreien musste arbeiten am darauffolgenden Tag, und nachdem DJ Leo den CD-Player bestückt hatte, begann er mich anzutanzen.
    Ich fragte mich in dem Moment, ob das für meine Ambitionen, bei Dieter nachhaltig einen Stein ins Brett und damit die Tür zum Filmgewerbe geöffnet zu kriegen, nicht kontraproduktiv sein könnte. Dass Leo hetero und scharf auf mich war, stand nach wie vor außer Frage, aber gerade deswegen hielt ich es eigentlich für taktisch klüger, mit unserem Duett erst zu beginnen, wenn der meiner Ansicht nach schwule Regisseur sich in den Westflügel der Suite zurückgezogen hätte. Durch Ralf und mittlerweile auch Reza hatte ich genug Einblick in die homosexuelle Weltsicht erhalten, um zu wissen, dass dort prinzipiell jeder gut aussehende Mann schwul ist – »und wenn nicht, dann weiß er es nur noch nicht, dass es eigentlich doch so ist!«
    Bis jetzt schien Dieter mich wirklich sympathisch zu finden, und mit meinem schwulen Insiderwissen im Hinterkopf wollte ich mir das nicht dadurch versauen, dass ich mich bei seinem Objekt der Begierde offensiv als heterosexuelle Konkurrenz in Stellung brachte. Daher reagierte ich also auf Leos Antanzen recht verhalten, damit Dieter sich nicht ausgeschlossen fühlte. Der hatte aber ohnehin anderes zu tun, als zu schmollen – als ich zur Couch schielte, um zu gucken, was er gerade so machte, sah ich, wie er richtig fette Lines auf dem Glastisch vorbereitete.
    Da ich ja mit Psychisch das Glück hatte, direkt bei meinem Einstieg ins Showgeschäft hautnah und konform mit allen Drogenpräventionskampagnen erleben zu dürfen, wie unangenehm, kalt und kaputt Koks Leute auf Dauer macht, war mir gegenüber dieser Droge der angemessen große Respekt nie verloren gegangen – selbst in einem konsumfördernden Umfeld wie der Fernsehbranche.
    Weil ich mich aber durch meine mindestens genauso große Neugier von einem meiner Horizontalgesellen zum »Doch mal wenigstens ausprobieren?!«

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