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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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glauben, Herr Kommissar. Sie müssen mir deshalb einfach noch ein bisschen Zeit geben, es bleibt Ihnen natürlich auch gar nichts anderes übrig, aber ich verspreche Ihnen: Es lohnt sich.
     
    Bis bald, mit vielen Grüßen aus – ich sag mal: Grainau –
    Ihr (baldiger) Täter

14
    Niemand sang
Do not forsake me, oh my darling!
, aber trotzdem war es zwölf Uhr mittags, und Kommissar Jennerwein scharte die Ermittler um sich. Alle hatten in einem kleinen Gastronomiezelt Platz gefunden, das der Skiclub freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Aber es gab keine Zimtsterne und keinen Glühwein, vielmehr schüttete Ludwig Stengele, der Dienstälteste im Team, gerade einen Haufen gefüllter und beschrifteter Plastiktütchen auf einen Holztisch.
    »Wie sieht es aus?«, fragte ihn Jennerwein. »Ihre Ausbeute scheint ja reichlich gewesen zu sein.«
    Stengele war nicht so begeistert.
    »Reichlich schon, aber wahrscheinlich im Ergebnis nicht befriedigend. Wir haben insgesamt fünfzehn Pistolenkugeln gefunden, an verschiedenen Stellen, übers Gelände verstreut. Ich denke, wenn man genauer sucht, findet man noch mehr.«
    Jennerwein sah nur flüchtig hin. Er war keiner, der Spaß daran hatte, vom Aussehen einer Pistolenkugel auf die Lebensgeschichte des Schützen zu schließen. Die Fundstücke würden ohnehin noch im Labor untersucht werden. Aber schon stand Becker am Tisch und beugte sich mit einer Lupe über die Tütchen. Hier fehlte nur noch der Deerstalker-Hut.
    »Interessant, äußerst interessant«, grummelte er und hielt ein Tütchen hoch. »Diese Kugel hier ist vollkommen verrostet, sie muss schon Jahrzehnte da gelegen haben. Sie stammt aus einem Luftgewehr und muss auf etwas sehr Stabiles aufgeprallt sein. Sehen Sie, wie abgeplattet sie ist? Und auch die anderen –«
    Becker ließ sich sehr viel Zeit. Sherlock Holmes hätte in dieser Zeit drei Fälle gelöst und zwei Moriartys niedergerungen.
    »– sind mindestens ein paar Monate alt.«
    »Keine ist vor kurzem abgefeuert worden?«
    »Nein, sicher nicht, aber wir untersuchen das noch genauer.«
    »Eine Frage, Becker«, sagte Jennerwein, »nur für den Fall, dass der Ski zwar nicht mehr auftaucht, wir aber doch noch eine Kugel finden, die am Neujahrstag abgeschossen worden ist. Können wir in so einem Fall nachweisen, dass sie an einem Brett wie diesem aufgeprallt ist?«
    Jennerwein deutete auf den Sprungski, den der Vertreter der Skifirma zur Verfügung gestellt hatte.
    »Natürlich können wir das nachweisen, gar keine Frage. Aber dazu müssten wir die Kugel halt haben.«
    »Dann holen wir eben Verstärkung«, schlug Stengele vor, »und durchsuchen das Gelände noch einmal genauer.«
    »Der Aufwand ist mir zu groß«, sagte Jennerwein. »Wir müssten das Gelände mehrere Tage lang absperren, vielleicht sogar umgraben, und das alles nur auf einen vagen Verdacht hin. Wissen Sie, was das für einen tourismusfixierten Kurort wie diesen bedeutet? Die Presse zerreißt uns, der Bürgermeister frisst uns. Wenn es um Leben und Tod ginge, ja, dann würde ich sofort damit anfangen. Aber unter diesen Umständen –«
     
    »Ich habe mal alle Funde zusammengestellt, die nach einem zersplitterten Ski aussehen«, sagte Nicole Schwattke in die Pause hinein. Sie schüttete eine Ladung weiterer Tütchen auf den Tisch, in denen Federn, Schrauben, Scharniere und anderer Krimskrams zu sehen waren. »Entlang der Laufbahn des Skis von Sørensen ist das alles gefunden worden.«
    Jennerwein winkte dem Vertreter einer weltbekannten Skifirma, dem einzigen Zivilisten hier am Tatort. Der trat an den Tisch und schüttelte den Kopf.
    »Nein, auf den ersten Blick kann ich kein Teil von dem Modell entdecken, mit dem Sørensen gesprungen ist. Ich müsste mir das alles nochmals genau ansehen. Aber –«
    »Was aber?«
    Der Vertreter der weltbekannten Skifirma hielt ein größeres Tütchen aus dem polizeilichen Weihnachtsbasar hoch, und seine Augen leuchteten.
    »Das ist ein Teil einer Frenelli-Federzug-Bindung, die in den fünfziger Jahren noch hergestellt wurde. Wunderschön. Absolut unzuverlässig – es gab drei Todesfälle damit –, aber trotzdem, ein Wunderwerk deutscher Nachkriegs-Ingenieurskunst. Darf ich die behalten?«
    »Das sind Beweismittel«, knurrte Stengele.
    »Aber der Inhalt dieses Tütchens beweist doch nichts.«
    »Bis ein Fachmann festgestellt hat, dass ein Beweismittel nichts beweist, ist es ein Beweismittel.« Stengele war nach diesem Satz fast ein wenig erschrocken über

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